- Report 3/2004
Informationsbrief der INTERNATIONALEN LIGA FÜR MENSCHENRECHTE
Berlin, im
November 2004
Liebe
Mitstreiterinnen und Mitstreiter!
In diesem Jahr stand das Kuratorium vor der erfreulichen Schwierigkeit, aus einer ganzen Reihe von guten Vorschlägen für Kandidatinnen und Kandidaten auswählen zu müssen, die wegen ihres Eintretens für Menschenrechte und Frieden für die Auszeichnung mit der Carl-von-Ossietzky- Medaille nominiert wurden. Mit Esther Bejarano, Peter Gingold, Martin Löwenberg auf der einen und Percy MacLean auf der anderen Seite ist die Wahl auf Menschen verschiedener Generationen mit unterschiedlichen geschichtlichen Erfahrungshorizonten und Tätigkeitsbereichen gefallen – die aber gemeinsam haben, dass sie in der Tradition streitbarer Humanität stehen, für die Carl von Ossietzky ein großes Beispiel ist.
Man kann sich nicht des Eindrucks erwehren, dass sich die Republik auf einer schiefen Ebene bewegt. Max Horkheimers Aussage aus den 50er Jahren, dass Europa in den Vereinigten Staaten seine Zukunft vor sich sehe, droht nach einer Schonfrist von wenigen Jahrzehnten Realität zu werden. Und diese Vereinigten Staaten sind in der Zwischenzeit sozial, innen- und außenpolitisch entschieden nach rechts gerückt. Im vorliegenden Liga-Report ist, entsprechend dem begrenzten Wirkungsfeld der Liga, ein kleiner Teil der Veränderungen angesprochen, die sich unter den Bezeichnungen „Kampf gegen den internationalen Terrorismus“, „Reform“ und „Modernisierung“ hierzulande vollzogen haben und noch vollziehen.
Wie es in dieser Republik weitergeht, hängt auch von den Akteuren der Zivilgesellschaft ab. Die Liga ist einer ihrer verlässlichen Bestandteile, die sich zumindest sporadisch immer wieder kritisch zu Wort melden. Es macht sich jedoch schmerzlich eine Diskrepanz zwischen den Wirkungsmöglichkeiten der Liga und ihrer finanziellen Misere bemerkbar – eine Misere, die uns handlungsunfähig zu machen droht. Dabei handelt es sich um Beträge, die lächerlich klein sind im Verhältnis zu jenen Summen, die im politischen Betrieb verpulvert werden.
Auch dieses Mal bitten wir unsere
Mitglieder, Mitstreiter und Sympathisanten eindringlich, die Liga mit Spenden
zu unterstützen, damit wir auf einer besser gesicherten Basis weiterarbeiten
können und damit die Verleihung der Carl-von-Ossietzky-Medaille künftig
nicht gefährdet ist. Diesem Liga- Report haben wir einen Brief beigefügt,
in dem der finanzielle Engpass näher umrissen wird und dessen Lektüre wir Ihnen
ans Herz legen möchten.
Ihnen und der Liga eine produktive und erfolgreiche Zeit im Kampf um die Menschenrechte.
Berlin/Bremen, November 2004
Kilian Stein
Rolf Gössner
Liga-Konto 33 17 100 Bank für Sozialwirtschaft (BLZ 100 205 00).
Einleitung
Carl-v-Ossietzky-Medaillen-Verleihung 2004
Hintergrund-Themen
Bundesrepublik
Gössner, Neue Berufsverbote
Stein, Thesen zur „Folterdiskussion“
Thomas, Abschiebungshaft
EU – Europa
Gössner, Bürgerrechte in Terrorzeiten
Gössner, Gläserne Flugpassagiere
Liga-Prozessbeobachtung
Staatsschutz-Prozess gg Berlinerin in
Spanien
Liga-Presseerklärungen
Entschuldigung für Völkermord an Hereros
Liga verurteilt Berufsverbotsfall in Baden-Württemberg
Unabhängige internat. Kontrolle der US-Wahl..13
BigBrotherAwards 2004
Liga-Pressemitteilung und die Preisträger
Interview
„Weites Feld für Denunzianten“ (WK-Int.)
Vortrag
EU-„Terrorliste“ + Asyl-Wiederrufe (Gössner)
Kooperationen & Aufrufe
Flüchtlingslager in Afrika, EU-Vorratsdatenspeicherung, Aufruf zu Demo gg Berufsverbot, Denkmal f. Wehrmachtsdeserteure, Gerechtigkeit f. Abu-Jamal, Irak – Stoppt die Eskalation
Termine/Literatur/Hinweise
Impressum
Liga
verleiht Carl-von-Ossietzky-Medaille 2004
an Percy MacLean,
Esther Bejarano, Peter Gingold, Martin Löwenberg
Wie
jedes Jahr verleiht die Internationale Liga für Menschenrechte anlässlich des
Tages der Menschenrechte im Dezember die Carl-von-Ossietzky-Medaille an
Personen, die sich um Verteidigung, Durchsetzung und Fortentwicklung der
Menschen- und Bürgerrechte besonders verdient gemacht haben sowie an Menschen,
die vorbildliche antifaschistische und antirassistische Arbeit leisten.
Das
Kuratorium der Liga unter Vorsitz von Hilde Schramm hat die
Carl-von-Ossietzky-Medaille in diesem Jahr folgenden Personen zuerkannt: Esther
Bejarano, Peter Gingold und Martin Löwenberg, alle drei Verfolgte des
Naziregimes und aktive Antifaschisten, sowie Percy MacLean, Vorsitzender
Richter am Verwaltungsgericht Berlin. Alle vier Preisträger werden für ihren
auf unterschiedliche Weise geführten politischen und rechtlichen Kampf gegen
Diskriminierung, Rassismus und Neonazismus in dieser Gesellschaft
ausgezeichnet.
Percy
MacLean
(Berlin) soll für sein aufklärerisches Wirken und seine dem Antidiskriminierungsgebot
verpflichtete justizielle Tätigkeit, insbesondere für politisch Verfolgte und
Bürgerkriegsflüchtlinge, gewürdigt werden. Gerade in Flüchtlingsfragen setzte
er mit seinem gesamten Engagement – oft genug gegen starke Widerstände aus
Behörden und Politik – deutliche Akzente für einen umfassenden Menschenrechtsschutz.
So hatte er sich als erster Direktor des neugegründeten „Deutschen Instituts
für Menschenrechte“ dafür eingesetzt, nicht allein Menschenrechtsverletzungen
in aller Welt zu thematisieren, sondern auch die Menschenrechtssituation in
Deutschland zu beleuchten – z.B. den Umgang mit Flüchtlingen und Asylbewerbern,
rassistische Übergriffe und Diskriminierungen, Vollzug und Dauer der
Abschiebehaft sowie die deutsche Abschiebepraxis. Den Schwerpunkt auf Menschenrechtsfragen
im eigenen Land zu legen, war ihm wichtiger als das Amt: Nachdem man - unter
Verletzung der von den Vereinten Nationen geforderten Unabhängigkeit des Instituts
- in deutschlandspezifische Projekte eingegriffen und eine Schwerpunktsetzung
im internationalen Bereich verlangt hatte, erklärte er seinen Rücktritt.
Esther
Bejarano
(Hamburg), Tochter einer jüdischen Familie, wurde 1943 nach Auschwitz-Birkenau
verschleppt, wo sie dank ihrer musikalischen Fähigkeiten als Akkordeonspielerin
im legendären Mädchenorchester des KZ überlebte. Später wird sie ins KZ
Ravensbrück überstellt, wo sie Zwangsarbeit für den Siemens-Konzern verrichten
muss. Ende April 1945 gelingt ihr die Flucht aus dem Todesmarsch. Nach der
Befreiung ging sie nach Palästina und kehrte in den 60er Jahren aus Israel nach
(West-)Deutschland zurück – in die Heimat der Mörder ihrer Familie. Sie tritt
als Künstlerin und Zeitzeugin auf, klärt Menschen, insbesondere Jugendliche,
über das NS-Regime sowie über neonazistische Strömungen in der Gegenwart auf.
Die 79jährige kämpft bis heute gegen Rassismus und Neonazismus, mit
Zivilcourage demonstriert sie gegen Rechtsradikale und ihre martialischen Aufmärsche.
·
Peter
Gingold
(Frankfurt/M.), aus Nazideutschland nach Frankreich entkommen, war aktiver Widerstandskämpfer
gegen das Naziregime im besetzten Frankreich. Er wurde von der Gestapo verhaftet,
für Wochen inhaftiert und gefoltert, bis ihm die Flucht gelang. Nach dem Krieg
konnte er als ehemaliger Widerstandskämpfer und Kommunist in Deutschland nur
schwer wieder Fuß fassen. Er und seine Familie mussten sechs lange Jahre um die
Erlangung der bundesdeutschen Staatsbürgerschaft kämpfen – wegen „Zweifeln“ an
ihrem Bekenntnis zur „freiheitlich- demokratischen Grundordnung“. Deswegen
wurde seine Tochter Silvia Mitte der 70er Jahre mit einem Berufsverbot belegt.
Erst nach langen Prozessen und heftigen Protesten wird sie schließlich als
Lehrerin im Schuldienst eingestellt, aber nie verbeamtet. Peter Gingold und
seine Frau Ettie sind seit den 60er Jahren in der Friedensbewegung und der
antifaschistischen Bewegung aktiv – entsprechend ihrer Lebensaufgabe, alles zu
tun, „damit nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg von Deutschen ausgeht“.
Peter Gingold ist Bundessprecher der „Vereinigung der Verfolgten des
Naziregimes“ (VVN-BdA). Als Zeitzeuge ist der heute 88jährige vor allem bei
jungen Menschen ein beliebter und angesehener Gesprächspartner.
·
Martin
Löwenberg (München)
hat Konzentrationslager und Zwangsarbeit überlebt. Er gehört zu den Gründungsmitgliedern
der VVN. Aus politischen Gründen wurde er in der jungen Bundesrepublik verfolgt
und verhaftet – wegen seines sozialistischen und antifaschistischen Engagements
in einer Organisation, die vom Staatsschutz im Kalten Krieg als „Tarnorganisation“
der verbotenen KPD eingestuft worden war. Zweimal stand er vor Gericht, zweimal
wurde er zu jeweils 10 Monaten Haft verurteilt – allein wegen seiner
gewaltlosen, linksoppositionellen Betätigung und Gesinnung. Im Jahre 2003
stand er wieder vor Gericht: Diesmal wurde er zu einer Geldstrafe verurteilt,
weil er dazu aufgerufen hatte, sich in München einem Aufmarsch von Alt- und
Neonazis in den Weg zu stellen. Erst kürzlich ist seine Berufung verworfen
worden, so dass der heute 79jährige für sein antifaschistisches Engagement
rechtskräftig verurteilt ist. Die „Süddeutsche Zeitung“ titelte: „Ex-KZ-Häftling
wegen Nazi-Protest verurteilt“.
Diese
Menschen, die heute zwischen 79 und 88 Jahre alt sind, sollen für ihre
jahrzehntelange antifaschistische Arbeit gewürdigt und geehrt werden, die sie –
trotz langjähriger Kriminalisierung und Anfeindungen, trotz beruflicher und
finanzieller Nachteile – mit hohem persönlichen Einsatz und Glaubwürdigkeit in
der Bundesrepublik geleistet haben. Zusammen mit Percy MacLean werden sie für
ihre Verdienste mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille ausgezeichnet.
am Sonntag, 12.
Dezember 2004, 11 Uhr, im Haus der Kulturen der Welt, Berlin.
Dr. Rolf Gössner
Präsident der Internat. Liga für Menschenrechte
Berlin/Bremen,
26. Oktober 2004
Hintergrund-Themen
Rolf
Gössner
Berufsverbote: Kehrt mit den
"Antiterror"-Gesetzen ein tot geglaubter Geist zurück?
Wer
glaubt, in der Bundesrepublik gehörten politisch motivierte Berufsverbote der
Vergangenheit an, irrt sich. Kürzlich traf es in Baden-Württemberg den
34-jährigen Realschullehrer Michael Csaszkóczy, dem von Kultusministerin
Annette Schavan (CDU) die Einstellung in den staatlichen Schuldienst verweigert
worden ist. Das Berufsverbot gegen Csaszkóczy begründet die Kultusministerin
damit, dass sich der angehende Lehrer in der "Antifaschistischen
Initiative Heidelberg" politisch betätige. Diese Initiative engagiert sich
gegen fremdenfeindliche und neonazistische Bestrebungen aller Art. Eigentlich
ein anerkannt löbliches Tun, rufen doch selbst Politiker zuweilen einen
"Aufstand der Anständigen" aus. Doch die Antifa-Initiative des
Lehramtskandidaten, die ernst macht mit ihrem Anliegen, zählt nicht zu den offiziell
anerkannten "Anständigen". Sie sei "linksextremistisch" und
befürworte Militanz gegen Neonazis und Rassisten, so der Verfassungsschutz, der
Csaszkóczy schon seit mehr als einem Jahrzehnt hinterher schnüffelt.
Ausgerechnet die zweifelhaften Quellen und Bewertungen des Geheimdienstes nähren die Zweifel der Kultusministerin an der Verfassungstreue des Bewerbers: Wer Mitglied einer "extremistischen Vereinigung" sei, könne nicht Lehrer an einer öffentlichen Schule werden. Schließlich habe der Betroffene sich nicht von der Antifa-Initiative und ihren Zielen distanziert, obwohl das Ministerium gerade dies von ihm verlangt hatte. Mit ihrer Entscheidung hält die Ministerin einen engagierten Antifaschisten aus Gesinnungsgründen vom Schuldienst fern, obwohl ihm persönlich keinerlei Fehlverhalten vorgeworfen werden kann - ein klarer Verstoß gegen die Grundrechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Berufsfreiheit. Viele Organisationen und Einzelpersonen, auch Schülerinnen und Schüler, hatten sich vergeblich für den bestens qualifizierten Lehramtsanwärter eingesetzt - denn gerade solche Lehrer braucht das Land.
Man fühlt sich zurückversetzt in vergangen geglaubte Zeiten: in die siebziger und achtziger Jahre, als der Verfassungsschutz auf Grundlage des "Radikalenerlasses" Hunderttausende Stelleninhaber und Bewerber für den öffentlichen Dienst systematisch überprüfte. Etwa zehntausend Berufsverbotsverfahren und über tausend Berufsverbotsmaßnahmen waren das Ergebnis dieser Praxis, die das politisch-kulturelle Klima der damaligen Bundesrepublik vergiftete. Betroffen war die gesamte Linke, von Kommunisten bis hin zu jungen Liberalen, die eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst suchten oder aber dort bereits tätig waren, ob als Wissenschaftler, Lehrer, Postbote, Bahnschaffner oder Friedhofsgärtner.
Für diese Berufsverbotspraxis ist die Bundesrepublik Deutschland schon einmal vom Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg verurteilt worden - wegen Verstoßes gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und damit wegen Verletzung von Menschenrechten. Zuvor hatten sämtliche bundesdeutschen Gerichte, auch das Bundesverfassungsgericht, diese Praxis im Einzelfall als grundrechtskonform abgesegnet. Mit dem Urteil der Straßburger Richter glaubte man, die Berufsverbote seien endlich auf dem "Müllhaufen der Geschichte" (Egon Bahr) gelandet. Doch eine nachhaltige Entsorgung ohne Wiederkehr ist damit wohl nicht verbunden. Jetzt traf es einen jungen Antifaschisten jenseits des Parteienspektrums, der am Anfang seiner Berufslaufbahn steht - ein qualifizierter und politisch unbequemer Lehrer, dessen Auskommen und Lebensperspektive mit dieser Entscheidung auf dem Spiel stehen.
Aber auch andere müssen um ihre Jobs fürchten, wenn an ihrer Verfassungstreue oder an ihrer Zuverlässigkeit Zweifel bestehen. So können nach den "Antiterror"-Gesetzen von 2002 Tausende von Beschäftigten in "lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtungen" sogenannten Sicherheitsüberprüfungen unter Mitwirkung des Verfassungsschutzes unterzogen werden - im öffentlichen Dienst, aber auch in privatwirtschaftlichen Betrieben. Betroffen von diesem ausgeweiteten personellen "Sabotageschutz" sind Einrichtungen und sicherheitsempfindliche Stellen, so heißt es im Gesetz wörtlich, "die für das Funktionieren des Gemeinwesens unverzichtbar sind und deren Beeinträchtigung erhebliche Unruhe in großen Teilen der Bevölkerung entstehen lassen würde". Gemeint sind Einrichtungen, die der Versorgung der Bevölkerung dienen, wie Energie-Unternehmen, Krankenhäuser, pharmazeutische Firmen, Chemie-Anlagen, Bahn, Post, Banken, Telekommunikationsunternehmen, aber auch Rundfunk- und Fernsehanstalten können betroffen sein. Menschen, die sich um solche sicherheitsempfindlichen Stellen bewerben oder sie bereits innehaben, werden also wesentlich mehr als bislang in geheimdienstliche Überprüfungen einbezogen - und nicht nur sie, sondern womöglich auch ihre Lebenspartner und ihr soziales Umfeld.
Schon die "Besorgnis" möglicher
Erpressbarkeit, also etwa Schulden, sexuelle Normabweichungen oder
"Zweifel an der Zuverlässigkeit oder am Bekenntnis zur freiheitlich
demokratischen Grundordnung", reichen aus, um zu einem personellen "Sicherheitsrisiko"
deklariert zu werden. Selbst "sicherheitserhebliche Erkenntnisse"
über den Lebenspartner machen die überprüfte Person zum Sicherheitsrisiko. Vor
allem die gesammelten Aussagen gesprächiger Referenz- oder Auskunftspersonen
über die Betroffenen erweisen sich nicht selten als wahre Fundgrube an Informationen
über Vereinstätigkeiten, Hobbys, Krankheiten, Kleidungsverhalten, angebliche
Verschwendungssucht, Kindererziehung und Wirkung auf das andere Geschlecht.
Die auf solchen "Erkenntnissen" beruhenden Kündigungen oder Nichteinstellungen wegen Sicherheitsbedenken können arbeitsrechtlich kaum angegriffen werden, denn die Quellen der Erkenntnisse bleiben regelmäßig geheim, so dass anonymen Denunziationen Tür und Tor geöffnet sind. Die hochsensiblen Daten dürfen zu allem Überfluss auch noch für ganz andere Zwecke des Verfassungsschutzes verwendet und an andere Stellen weitergegeben werden.
Wie sich die ausgeweiteten Sicherheitsüberprüfungen in der Praxis auswirken, das lässt sich kaum ergründen. In aller Regel scheuen sich diejenigen, die davon betroffen sind, ihre Fälle öffentlich zu machen. Sie haben verständlicherweise Angst, ihre berufliche Existenz aufs Spiel zu setzen. Das gilt auch für den Lagerleiter Johann H., der auf einem bayerischen Flughafen beschäftigt war. Die Regierung hat ihm von heute auf morgen die Zutrittsberechtigung für nicht allgemein zugängliche und sicherheitsempfindliche Bereiche des Flughafens entzogen. Er musste seinen Flughafenausweis zurückgeben und kann seinen Arbeitsplatz nicht mehr erreichen. Begründung: Die Feststellung seiner persönlichen Zuverlässigkeit werde widerrufen, weil er vor zwanzig Jahren für eine linksradikale Gruppierung Plakate geklebt haben soll. Gut möglich, dass sich mit diesem Geist der "Antiterror"-Gesetze eine neue Welle von Berufsverboten entwickelt.
Aus: „FREITAG“
vom 8.10.2004
Thesen zur „Folterdiskussion“
Kilian Stein
1.) Das Verbot von Folter ist in den einschlägigen Rechtsdokumenten als ein absolutes Verbot ausgestattet. In keinem Einzelfall soll eine Abwägung mit anderen Rechtsgütern, etwa dem Recht auf Leben, zulässig sein. Von den diversen Gesetzgebern wurde die Absolutheit des Verbotes aus der als obersten Wert gesetzten Unantastbarkeit der Würde des Menschen abgeleitet.
2.) Zu den Triebfedern für diese exzeptionelle juristische Konstruktion gehören neben jener menschenrechtlichen Fundamentalbegründung aus der historischen Erfahrung gewonnene Überlegungen. Dazu einige Gesichtspunkte:
Folter kann als Mittel zur Vernichtung politischer Gegner dienen. Sie ist eine äußerste Negierung von demokratischen Prozessen.
Auf
welche Fälle beschränkt Folter auch immer zulässig ist, den zuständigen
staatlichen Organen muss notwendig ein Ermessensspielraum eingeräumt werden,
der die Möglichkeit von Fehlern wie auch von bewusstem Missbrauch einschließt.
Ist durch eine gesetzliche Änderung oder eine Wende in der Gesetzesinterpretation durch die Gerichte einmal die Barriere des absoluten Verbotes gefallen, werden weitere Ausnahmen angestrebt. Dies insbesondere in Zeiten von politischen Krisen und von Krieg.
Ist Folter gebräuchlich geworden, sind ihr Umfang und die Methoden ihrer Anwendung nicht zu kontrollieren, selbst wenn Regierungen dies wollten. Das gilt insbesondere im Krieg. Die Folterherren haben keine Kontrolle über ihre Folterknechte.
3.) Fast 60 Jahre war in ganz Deutschland die Absolutheit des Folterverbotes faktisch unumstritten. Seit dem Fall Gäffgen/Daschner gibt es in den Printmedien, im Fernsehen und im Rundfunk eine Diskussion über die Möglichkeit von Ausnahmen von diesem Verbot. Warum diese Wendung?
4.) „Es ist durchaus denkbar, dass angesichts der Bedrohung durch den Terrorismus, die spätestens mit dem Anschlag vom 11. März 2004 in Madrid auch unmittelbar Europa erreicht hat, mit der Zeit eine Stimmung entsteht, in der der Einsatz von Folter immer mehr ´denkbar´ wird. ... Die sukzessive Erosion des Folterverbots ist eine reale politische Gefahr.“ (Heiner Bielefeldt, Das Folterverbot im Rechtsstaat, Deutsches Institut für Menschenrechte)
5.) Eine Einführung von Folter auf deutschem Staatsgebiet steht nicht an. Eine politisch zugespitzte Situation im Inneren wie in Deutschland unter den Nazis oder in Pinochets Chile gibt es in Deutschland gegenwärtig nicht. Auch die Gefahr terroristischer Anschläge reicht nicht aus, eine Aushöhlung des Verbots von Folter auf deutschem Staatsgebiet durchzusetzen.
Im
Zuge der Umwälzung des sozialstaatlich abgefederten „rheinischen Kapitalismus“
hin zu einem im Zeichen der Ideologie des Neoliberalismus stehenden
entfesselten Kapitalismus wird die repressive Seite des Staates durch
institutionelle Veränderungen und die Schaffung neuer Befugnisse für staatliche
Organe gestärkt und werden zugleich menschenrechtliche Positionen zurückgedrängt.
Die „Folterdiskussion“ passt da hinein. Es ist das restaurative
gesellschaftliche Klima, das diese noch vor zwanzig Jahren nicht vorstellbare
öffentliche Diskussion möglich macht.
Es geht aber heute schon nicht nur um Atmosphärisches. Es macht auch unmittelbar Sinn, wenn der Einsatz von Folter wieder ´denkbar´ gemacht wird. „Die Rückkehr Deutschlands zur Normalität in der Außenpolitik“ (Thierse) bringt einen Zwang zur Anpassung an die Praxis anderer kapitalistischer Staaten mit sich, die mit dem Widerspruch zwischen dem von ihnen offiziell anerkannten absoluten Verbot von Folter und deren systematischer Anwendung in ihren Kriegen, Stellvertreterkriegen und inszenierten Putschen ausgekommen sind und weiter auszukommen haben. Es liegt nicht fern, dass auch deutsche Soldaten in Kriegen an der Seite derart „bewährter“ Verbündeter wieder die Folter im Tornister haben. Der Abbau moralischer Hemmungen in der Bevölkerung würde es einer Regierung erleichtern, auf die Folter als ein Mittel zur Erpressung von Aussagen und zur Erzeugung von Schrecken zuzugreifen.
6.)
Die Aufklärung über die drohende Erosion des Verbots von Folter und deren
Hintergründe ist Bestandteil des Kampfes gegen eine aggressive Außenpolitik und eine Politik der sozialen Deformation
im Inneren.
Berlin, den 29.9.2004 – Vorgestellt während der 41. Republikanischen
Vesper im Haus der Demokratie und Menschenrechte am 28.10.2004 zum Thema „Nur
ein bisschen Folter?“ u.a. mit Heiner Bielefeld (Deutsches Institut für Menschenrechte).
Veranstaltet von Humanistische Union, Liga und „Ossietzky“.
***
Unter diesem Titel fand
die Republikanische Vesper am 26. August 2004 im Haus der Demokratie und
Menschenrecht statt. An der Vesper wirkten Pfarrer Dieter Ziebarth (Seelsorger
im Abschiebungsgewahrsam) und Rechtsanwalt Ronald Reimann (Republikanischer
Anwaltsverein) mit.
Diese zogen eine kritische Bilanz der bisherigen Umsetzung der Beschlüsse des Abgeordnetenhauses zur Verbesserung der Bedingungen im Gewahrsam sowie zur Vermeidung von Abschiebungshaft von 2001. Die Kritik betraf u.a. die Haftverlängerungen im Fall von Minderjährigen Flüchtlingen über die in der Weisung vorgesehene Frist von drei Monaten hinaus, gestützt auf Altersfeststellungen per Augenschein oder durch (zahn-)ärztliche Untersuchungen. Bisher gibt es kein transparentes Verfahren, dass im Zweifelsfall zur Feststellung des Alters der betroffenen Jugendlichen führt. In der Regel wird das Alter per Augenschein u.a. durch Mitarbeiter der Ausländerbehörde eingeschätzt. Dem Flüchtlingsrat liegt das Beispiel eines 17jährigen Mädchens aus Sierra Leone vor, das nach seiner Entlassung (auf Intervention der Initiative gegen Abschiebehaft) zum zweiten Mal inhaftiert wurde. Mittlerweile wurde erneut die Drei-Monats-Frist überschritten.
Als rechtsstaatlich bedenklich wurde die Durchführung des Freiheitsentziehungsverfahren vor dem Amtsgericht Berlin –Schöneberg eingeschätzt. Rechtsanwalt Reimann bemängelte, dass der Haftbeschluss nur in deutsch ausgefertigt wird. Bei der Begründung der Haftanträge verwendet die Ausländerbehörde Textbausteine, die Richter des Amtsgerichtes Schöneberg kommen nicht ausreichend ihrer Amtsaufklärungspflicht nach und prüfen nicht genügend die Erfolgsaussichten der Ausländerbehörden bei der beabsichtigten Passbeschaffung. Gegen einen Amtsrichter lief zum Zeitpunkt der Veranstaltung ein Verfahren wegen Befangenheit, da er in einem Presseinterview rassistische Aussagen zu den Insassen des Abschiebungsgewahrsams getroffen hatte. Die Betroffenen haben im Regelfall keinen Rechtsbeistand an ihrer Seite, wie das im Fall des Strafverfahrens generell durch die Stellung eines Strafverteidigers ermöglicht wird.
Im
Ergebnis der Vesper wurde eine erneute Anhörung im Innenausschuss des
Abgeordnetenhauses zum Stand der Umsetzung der zitierten Beschlüsse des
Parlamentes angeregt. Diese sollte sich mit denen in der Diskussion benannten
Forderungen auseinandersetzen. Zu diesen Forderungen gehören u.a. folgende
Schwerpunkte:
- Minderjährige sollten entsprechend des genannten Beschlusses des Berliner Abgeordnetenhauses generell nicht inhaftiert werden. Gleiches gilt für andere besonders schutzbedürftige Menschen, wie Schwangere.
- Abschiebungshaft darf nicht als Beugehaft zur Passbeschaffung genutzt werden.
- Das Land Berlin sollte einen Rechtshilfefonds zur Gewährleistung einer unabhängigen Rechtsberatung für Inhaftierte schaffen.
- Diese sind nach der Inhaftierung über Rechte im Freiheitsentziehungsverfahren unter Verwendung fremdsprachlicher Informationsblätter zu belehren.
- Bei den Haftprüfungsterminen ist die Anwesenheit von Sprachmittlern sicherzustellen.
- Das Amtsgericht Schöneberg sollte durch die Schaffung weitere Richterstellen entlastet werden.
Der Richter am Verwaltungsgericht Berlin und frühere Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte, Percy MacLean, stellte auf einer früheren Veranstaltung an Abschiebungshaft den Anspruch, dass sie nach der Formel Normales Leben minus Freiheit organisiert werden müsse.
Abgesehen von seiner prinzipiellen Ablehnung der Abschiebungshaft ist für den Flüchtlingsrat Berlin dieser Anspruch noch weit von der Realität im Gewahrsam Berlin-Grünau entfernt. Das wurde Anfang Oktober 2004 besonders deutlich, als ca. 60 inhaftierte Frauen und Männer in einen vorerst befristeten Hungerstreik traten. Sie forderten u.a. eine Begrenzung der Haftdauer auf drei Monate. Unter ihnen befanden sich auch sogenannte Langzeitinhaftierte, die bald ein Jahr im Gewahrsam inhaftiert sind. Hierbei ist anzumerken, dass mit der maximalen Haftdauer von 18 Monaten Deutschland einen traurigen Rekord in Europa aufstellt.
Die
Abschiebungshaft bedeutet für die Inhaftierten eine unverhältnismäßige
Einschränkung ihrer Grundrechte. Mit ihr ist bei zunehmender Haftdauer eine
stetig anwachsende psychische Belastung verbunden, die - wie die Praxis leider
schon zeigte – in Selbstverletzungen und Suizidversuchen münden kann. Deshalb
ist es nötig, dass sich Menschenrechtsorganisationen und Flüchtlingsinitiativen
zusammenzuschließen, um politisch den Senat zu einer Politik der größtmöglichen
Vermeidung von Abschiebungshaft zu bewegen. Parallel kommt den persönlichen
individuellen Einsatz für die Inhaftierten z.B. durch die Unterstützung der
Initiative gegen Abschiebehaft große Bedeutung zu. Infos zur Arbeit der
Initiative sind auch über das Büro des Flüchtlingsrates (Tel.: 030/24344-5762)
erhältlich.
Für den
Flüchtlingsrat Berlin: Jens-Uwe Thomas (Mitglied der „Internationalen Liga für
Menschenrechte!; Oktober 2004
Von Rolf Gössner
Nicht nur in einzelnen Ländern, auch auf EU-Ebene ist seit
dem 11. 9. 2001 ein Antiterror-Aktionismus ausgebrochen, der mitunter bizarre Blüten treibt.
Da beschlossen die EU-Mitgliedstaaten eine gemeinsame Terrorismusdefinition, die auch Formen des zivilen Ungehorsams wie Sitzblockaden vor Atomkraftwerken oder politische Streiks in Versorgungsbetrieben erfassen könnte. Mit dieser Kriminalisierung per Definition macht der »Gegenterror« auch vor sozialem Protest nicht halt, weder vor der Friedensbewegung und dem Anti-Atom-Widerstand noch vor Globalisierungsprotesten.
Da schlossen im Frühjahr 2004 der Rat und
die Kommission der EU ein Abkommen mit den USA, in dem festgelegt wird, dass
Flugpassagier-Daten aus allen EU-Ländern an USA-Sicherheitsbehörden übermittelt
werden müssen. Die beiden EU-Organe setzten sich damit über das ausdrückliche
Votum des Europäischen Parlaments hinweg, das deshalb den Europäischen
Gerichtshof angerufen hat, um die Annullierung des Paktes zu erreichen. Der
Datentransfer verstoße gegen Grundrechte und völkerrechtliche Prinzipien des
Datenschutzes. Mit dem Abkommen erhält die USA-Heimatschutzbehörde Direktzugriff
auf teils hochsensible Daten aller europäischen Flug-Buchungssysteme. Jährlich
sind mehr als 10 Millionen Passagiere, die in die USA fliegen, unmittelbar
betroffen. Schon bevor sie auch nur einen Fuß auf den Boden des Landes gesetzt
haben, sind die USA-Behörden über sie informiert, haben ihre Daten abgeglichen,
Bewegungsbilder und Persönlichkeitsprofile erstellt, schlimmstenfalls
Verdächtigungen konstruiert. Auch unbescholtene Fluggäste sind nicht davor
gefeit, auf diese Weise zu Opfern rigider Antiterror-Maßnahmen zu werden und
sich wie Verbrecher behandeln lassen zu müssen. Kollateralschäden im
Antiterrorkampf.
Die Agenda des EU-Aktionsplans zur Terrorismusbekämpfung ist ellenlang. Ganz oben rangiert die Optimierung der polizeilichen und geheimdienstlichen Zusammenarbeit. Gleichrangig wird die Kontrolle der Telekommunikation angestrebt: die Überwachung der weltweiten Kommunikationsströme über Telefon, Handy, Fax, Emails, SMS und Internet –- unabhängig von einem Straftatverdacht oder einer konkreten Gefahr. Alle Internet-Provider und Telefongesellschaften sollen gezwungen werden, den EU-Sicherheitsbehörden Zugang zu allen Verbindungsdaten zu gewährleisten. Diese Daten sollen dann auf der Suche nach Sicherheitsrisiken erfasst und analysiert werden sowie mindestens ein Jahr, höchstens drei Jahre auf Vorrat gespeichert bleiben. Mit diesem Datenfundus könnten ganze Lebensbereiche ausgeforscht werden – schließlich kann etwa die Auswertung von Internet-Verbindungsdaten etwas über Interessen, Vorlieben und politische Präferenzen der Nutzer verraten. Die Europäische Menschenrechtskonvention, die jedem Einzelnen die Meinungsfreiheit, das Post- und Fernmeldegeheimnis sowie den Respekt vor seinem Privatleben garantiert, würde damit praktisch ausgehebelt.
Der
Antiterrorkampf beschleunigt die Entwicklung in Richtung einer europäischen
»Sicherheitsunion«, deren Außengrenzen gegen Schutzsuchende immer rigider
abgesichert werden, in der die expandierende Polizeibehörde Europol keiner
demokratischen Kontrolle unterliegt, Polizei und Geheimdienste sich mehr und
mehr verzahnen, Migranten biometrisch vermessen, die Einwohner zu gläsernen
Menschen werden – während die Euro-Bürokratie immer undurchsichtiger wird.
Leider gibt es noch keine kritische europäische Öffentlichkeit, die diesem
Treiben das tragfähige Gegenkonzept eines demokratischen, friedlichen,
menschenrechtlichen Europas entgegensetzen könnte.
(Aus: NEUES DEUTSCHLAND vom 17.09.04)
***
Der
gläserne Passagier ist der Willkür ausgeliefert
Der skandalöse Transfer
sensibler Fluggastdaten an US-Sicherheitsbehörden
verstößt gegen Bürgerrechte und
europäischen Datenschutz
Von Rolf Gössner
Der Standpunkt des
Autors
US-Behörden haben seit Mai 2004 direkten Zugriff
auf die Daten von Fluggästen, die von einem Flughafen in der EU in die USA
fliegen. Das erlaubt ein von EU-Rat und -Kommission mit Washington geschlossenes
Abkommen. Der Autor sieht darin einen eklatanten Verstoß gegen die
Persönlichkeitsrechte und Datenschutzbestimmungen. Er hofft, dass der
Europäische Gerichtshof, der vom EU-Parlament angerufen wurde, das Abkommen
annulliert. Dr. Rolf Gössner, Rechtsanwalt und Publizist, ist Präsident der
"Internationalen Liga für Menschenrechte" sowie Autor zahlreicher
Sachbücher zu Bürgerrechtsthemen.
Gegen
das ausdrückliche Votum des Europäischen Parlaments und der EU-Datenschutzbeauftragten
hatten EU-Rat und -Kommission im Mai 2004 ein höchst brisantes Abkommen mit den
USA geschlossen. Darin geht es um die Übermittlung von Flugpassagierdaten aus
den 25 EU-Ländern an US-Sicherheitsbehörden.
Dieser Vorfall steht beispielhaft für das
notorische Demokratiedefizit in der EU - um so erfreulicher, dass das
Europäische Parlament gegen dieses Abkommen schweres Geschütz auffährt: Es hat
vor kurzem den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg angerufen, um eine
Annullierung zu erreichen. Die große Mehrheit der Parlamentarier vermisst einen
ausreichenden Schutz für die übermittelten Daten. Die Datenweitergabe verstoße
gegen Grundrechte und völkerrechtlich garantierte Prinzipien des Datenschutzes.
Von
dem Datentransfer sind jährlich mehr als zehn Millionen Flugpassagiere aus
Europa, die in die USA fliegen oder über die USA weiterreisen, unmittelbar
betroffen. Schon bevor sie auch nur einen Fuß auf den Boden des Landes gesetzt
haben, sind die US-Sicherheitsbehörden über sie umfassend informiert, haben
ihre Schlüsse gezogen, Verdachtsmomente ventiliert oder Verdächtigungen
konstruiert. Begründet wird all dies mit der "Bekämpfung des Terrorismus
sowie sonstiger Verbrechen transnationaler Art, einschließlich der
organisierten Kriminalität".
Schon
vor Abschluss des Abkommens hatten die USA europäische Fluggesellschaft unter
massiven Druck gesetzt: Sollten sie sich weigern, die gewünschten Daten
herauszurücken, drohten ihnen empfindliche Geldbußen oder gar die Entziehung
der Landerechte. Tatsächlich haben viele Fluglinien sämtliche Passagierdaten
ohne jegliche rechtliche Grundlage übermittelt.
Anstatt den Fluggesellschaften den Rücken zu stärken, unterwarf sich nun die gesamte EU der Sicherheitsdoktrin der US-Regierung, die kaum noch rechtsstaatliche Grenzen kennt. Mit dem geschlossenen Abkommen erhält die US-"Heimatschutz"-Behörde elektronischen Direktzugriff auf die Fluggast-Datensätze aus allen europäischen Flug-Buchungssystemen. Mit diesem automatischen "Pull-Verfahren" erhalten die US-Sicherheitsbehörden weit mehr Daten, als ihnen nach dem Abkommen eigentlich zustehen - gegen die bloße Zusicherung, die darüber hinausgehenden Daten nicht auswerten und verarbeiten zu wollen.
Nach dem Abkommen geht es um 34 personenbezogene
Daten: Neben den Kerndaten zur sicheren Identifikation werden auch zum Teil
hochsensible Informationen übermittelt wie etwa Reiseverlauf und Hotelbuchungen,
Bonusmeilen von Vielfliegern und Reiseversicherung, Kreditkarten und
Telefonnummern sowie Angaben über Krankheiten und spezielle Essenswünsche während
des Flugs - also kosher, hindu, moslem meal oder Diabetikeressen. Aus solchen
Angaben können Verdachtsmomente herauskristallisiert und weitreichende Schlüsse
gezogen werden, etwa auf Reisebewegungen oder Religionszugehörigkeit der
Betroffenen.
Lückenlose Bewegungsbilder
Fluggäste aus EU-Staaten in die USA
werden praktisch zu gläsernen Passagieren. Ihre millionenfach gelieferten Daten
können ohne ihre Einwilligung nach allen Richtungen verarbeitet, durchgerastert
und mit einer Unzahl anderer polizeilicher, geheimdienstlicher oder auch
privater Dateien abgeglichen werden, um Verdächtige herauszufiltern. Die Daten
werden dreieinhalb Jahre gespeichert, unter bestimmten Bedingungen aber auch
zehn Jahre oder länger. Mit dieser Datenvorratshaltung können lückenlose Bewegungsbilder
sowie Persönlichkeitsprofile von Flugpassagieren erstellt werden - zumal wenn
die Weitergabe von Email-Adressen und Kreditkartennummern den Zugriff auf
finanzielle Transaktionen und privaten Meinungsaustausch ermöglichen. Selbst an
Behörden anderer Staaten dürfen die Daten weitergegeben werden, ohne dass deren
Verwendung kontrolliert werden kann, ohne Gewähr, dass der Datenschutz in jenen
Ländern eingehalten wird. Auch unbescholtene Fluggäste müssen verstärkt damit
rechnen, dass sie auf Grundlage solcher unkontrolliert übermittelten Daten zu
Opfern rigider Antiterror-Maßnahmen werden und sich wie Verbrecher behandeln
lassen müssen. Die Datenübermittlung kann letztlich zu peinlichen Verhören und
erkennungsdienstlicher Behandlung führen, zu willkürlichen Festnahmen und Inhaftierungen
und schließlich zu Ausweisungen auch vollkommen unschuldiger Personen - ohne
Begründung und ohne die Möglichkeit, einen Anwalt oder die deutsche Botschaft einzuschalten.
Beispiele hierfür gibt es seit dem 11.
September 2001 leider genug: So musste der deutsche Geschäftsmann Jakob T. bei
seiner Ankunft in den USA erleben, wie ihn Sicherheitskräfte einem
entwürdigenden Verhör unterzogen, ohne erkennbaren Anlass in Handschellen
legten und schließlich ins Gefängnis steckten. Ohne Begründung wird er später
nach Deutschland abgeschoben. Bei einer Umfrage bestätigten Dreiviertel der
befragten deutschen Geschäftsleute, die in die USA reisen, Behinderungen und
Willkürakte.
Offener Rechtsbruch
Die Fluggastdaten liefern die materielle Grundlage für solche Praktiken und Willkürakte. Die systematische Weitergabe auch intimer Daten greift tief in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen ein, verstößt gegen europäische Datenschutzbestimmungen und essenzielle Schutzpflichten der EU-Organe gegenüber den Menschenrechten der EU-Bürger. Das ist offener Rechtsbruch - auch wenn sich die US-Behörden in dem Abkommen verpflichten, die Daten der Fluggäste "ohne unrechtmäßige Diskriminierung" zu verarbeiten. Denn im Fall des Zuwiderhandelns gibt es keinerlei Sanktionen. Gegen Missbrauch ist man nicht gefeit. Nichtamerikanische Fluggäste haben kein Beschwerderecht bei einer unabhängigen Stelle. Folgerichtig halten Datenschützer den Datentransfer für eine unverhältnismäßige und ungeeignete Maßnahme, die weit über das Ziel der Terrorbekämpfung hinausschieße und sich auch mit dem anerkennenswerten Sicherheitsinteresse nicht rechtfertigen lasse.
Es bleibt zu hoffen, dass der Europäische Gerichtshof das Abkommen für null und nichtig erklärt. Da die Flugdaten unablässig in die USA fließen, ist höchste Eile geboten. Bis dahin bleibt den betroffenen Passagieren nur, auf Datensparsamkeit zu achten, also nur so viele Daten preiszugeben, wie für den Flug unbedingt nötig sind. Darüber hinaus wäre auch an Individualklagen Betroffener zu denken.
Aus: FRANKFURTER RUNDSCHAU
18. 08.2004
***
Liga-Prozessbeobachtung
Die Liga hat in letzter Zeit an
Prozessbeobachtungen in Florida/USA, in Straßburg/Frankreich sowie in Seoul/Südkorea
teilgenommen. Beobachter waren RA Eberhard Schultz sowie RA Rolf Gössner (s.
Liga-Report 2/2004).
Staatsschutz-Prozess
gegen Berlinerin vor spanischen Gericht
Ende
November 2004 beginnt vor dem höchsten spanischen Gericht Audencia Nacional in
Madrid der Prozess gegen die deutsche Staatsangehörige Gabriele Kanze aus
Berlin. Die Angeklagte war aufgrund eines internationalen Haftbefehls von der
Schweiz an Spanien ausgeliefert worden und wird seit über zwei Jahren in Auslieferungs-
und U-Haft in der Schweiz und jetzt in Spanien festgehalten. Ihr wird
Eta-Unterstützung vorgeworfen: Sie habe eine Wohnung in Barcelona angemietet
und dort Sprengstoff besessen – Vorwürfe, die in einem bundesdeutschen
Ermittlungsverfahren längst widerlegt worden sind (Einstellung des Verfahrens
mangels Tatverdacht). Kanze war zur angeblichen Tatzeit seit Monaten nicht mehr
in ihrer Wohnung in Spanien, sondern arbeitete und wohnte in Berlin.
Die
belastenden Aussagen gegen sie und ihren Ehemann Benjamin Ramos Vega stammen
von einem Zeugen, der von der spanischen Polizei gefoltert worden war. Vega
wurde bereits 1996 von Berlin an Spanien ausgeliefert und in einem „Terroristenprozess“
zu neun Jahren Haft verurteilt, inzwischen allerdings vorzeitig freigelassen.
Wegen der Auslieferungs- und Folterproblematik, die in diesem Verfahren eine zentrale Rolle spielen wird, ist eine Delegation zusammengestellt worden, um diesen Prozess zu beobachten und die Öffentlichkeit darüber zu informieren.
Rolf Gössner wird für die Liga
zusammen u.a. mit dem Politikwissenschaftler Wolf-Dieter Narr, der Berliner
PDS-Abgeordneten Marion Seelig, einem Schweizer Anwalt und zwei Journalisten an
der Prozessbeobachtung teilnehmen und im nächsten Liga-Report berichten.
Liga-Pressemitteilungen
>Frau
Ministerin, do the right thing!<
Global
Afrikan Congress und Internationale Liga für Menschenrechte
fordern Bundesregierung auf, sich
für koloniale Verbrechen Deutschlands zu entschuldigen
Die Bundesministerin für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Heidemarie Wieczorek-Zeul,
reist am Mittwoch nach Namibia, um an den Gedenkfeiern zum hundertsten
Jahrestag des Völkermordes an den Herero durch deutsche Kolonialtruppen
teilzunehmen. Sie will während ihres Besuch für eine „angemessene Geste“
sorgen. Bisher haben sich Bundesregierung und Bundestag beharrlich geweigert,
sich zu der historischen Schuld Deutschlands zu bekennen und sich offiziell zu
entschuldigen. Im Bundestagsbeschluss zu diesem Thema vom Juni 2004 ist nichts
über die deutsche Verantwortung zu lesen; dieser Beschluss kommt damit einer
Verhöhnung der Opfer gleich.
"Frau Ministerin: Was ist eine 'angemessene Geste' für den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts?", fragt Yonas Endrias, der Europavertreter der weltweiten Organisation Global Afrikan Congress, anlässlich ihrer Reise nach Namibia.
"Wenn
die Ministerin für einen Genozid wieder nur ‚tiefes Bedauern’ ausdrückt,
anstatt sich zur historischen Schuld zu bekennen und sich offiziell bei den
Völkern der Herero, Nama und Damara zu entschuldigen“, so Yonas Endrias, „wenn
die Ministerin sich wieder hinter entwicklungspolitischen und rechtlichen
Argumenten versteckt, dann wäre dies eine inakzeptable Doppelmoral und
Verhöhnung der Opfer jenes grausamen Feldzugs des deutschen Generals von
Trotha".
Menschenrechtsorganisationen, wie die Internationale Liga für Menschenrechte, fordern die längst fällige Anerkennung dieser Ausrottungspolitik als Völkermord; sie fordern eine offizielle Entschuldigung für diese Verbrechen der deutschen Kolonialtruppen sowie eine Entschädigung für die durch den Genozid stark dezimierten Völker der Herero und Nama.
„Wir
fordern Frau Wieczorek-Zeul und die Bundesregierung auf, den 100. Jahrestag des
Völkermordes am 11. August dafür zu nutzen, sich zu der historischen Schuld zu
bekennen“, erklärt Dr. Rolf Gössner, Präsident der Internationalen Liga für
Menschenrechte. „Eine offizielle Entschuldigung wäre der erste Schritt in
Richtung Versöhnung – tiefes Bedauern allein wäre keineswegs angemessen.“
Vergangenheitsbewältigung gelte auch für koloniale Verbrechen.
Weitere Informationen über: Yonas Endrias, e-mail:
gaceurope@aol.com
BERLIN
epd Menschenrechtsorganisationen haben
Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) aufgefordert, sich
offiziell für die deutschen Kolonialverbrechen am Herero-Volk in Namibia zu
entschuldigen. Anlässlich des 100. Jahrestags der Schlacht am Waterberg im
damaligen Deutsch-Südwestafrika, bei der ein Aufstand der Herero gegen die Kolonialmacht
niedergeschlagen wurde, sei es Zeit, sich zu der historischen Schuld zu
bekennen, sagte der Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte, Rolf
Gössner, gestern in Berlin. Das "Forum Menschenrechte", ein
Dachverband von rund 40 Menschenrechtsorganisationen, kritisierte, dass der
Bundestag den Krieg gegen die Herero immer noch nicht als Völkermord bezeichne.
Wieczorek-Zeul reist heute nach Namibia und wird am Samstag an Gedenkfeiern
teilnehmen.
„die Tageszeitung“/taz
Nr. 7432 vom 11.8.2004
Fortgang der Geschichte:
Bundesentwicklungsministerin
Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) hat sich bei den Gedenkfeiern in Okakarara in
Namibia tatsächlich für den deutschen Völkermord an den Hereros vor 100 Jahren
entschuldigt; sie bat die Nachfahren der Verfolgten und Ermordeten um
„Vergebung unserer Schuld“. „Wir Deutschen bekennen uns zu unserer
historischen-politischen, moralisch-ethischen Verantwortung und zu der Schuld,
die Deutsche damals auf sich geladen haben.“ Diese Rede und die Dialogbereitschaft sind in Afrika mit
Genugtuung aufgenommen worden. Auf diese Rede hätten die Menschen „hundert
Jahre lang gewartet“. Eine direkte Wiedergutmachung soll – über Entwicklungshilfe
hinaus - damit aber nicht verbunden sein. Über eine von Herero-Vertretern bevorzugte
gemeinsame Stiftung von Deutschen und Hereros, um damit den Entwicklungsrückstand
in den traditionellen Herero-Gebieten aufzuholen, gibt es noch keine Entscheidung
(vgl. taz vom 21./22.8.2004, S. 10).
***
Liga verurteilt Berufsverbotsfall in Baden-Württemberg
Liga-Präsident Dr. Rolf Gössner:
„Die Nichteinstellung des Heidelberger Realschullehrers ist ein
unverhältnismäßiger Vorgang und verstößt gegen verfassungsrechtlich garantierte
Grundrechte“
Wer
glaubte, in der Bundesrepublik gehörten Berufsverbote aus politischen Gründen
der Vergangenheit an, wird mit dem neuesten Vorfall in Baden-Württemberg eines
Besseren belehrt. Dem Heidelberger Realschullehrer Michael Csaszkóczy ist Ende
August von der baden-württembergischen Kultusministerin Annette Schavan (CDU)
die Einstellung in den Staatsdienst verweigert worden. Begründet wird die Entscheidung
damit, dass sich der Lehrer in der Antifaschistischen Initiative Heidelberg
engagiere, die gegen fremdenfeindliche und neonazistische Bestrebungen aktiv
ist. Diese legale Initiative sei linksextremistisch und befürworte Militanz, so
der baden-württembergische Verfassungsschutz, der Csaszkóczy schon seit mehr
als einem Jahrzehnt überwacht.
Aus seinen
antifaschistischen Aktivitäten in jener Initiative leitet das Kultusministerium
Zweifel an der Verfassungstreue des Lehramtsanwärters ab. Wer Mitglied einer
„extremistischen Vereinigung“ sei, könne nicht Lehrer an einer öffentlichen
Schule werden. Der Betroffene habe sich nicht von der Initiative distanziert;
ihm werden jedoch persönlich keine gesetzwidrigen Aktivitäten vorgeworfen.
„Mit diesem verfassungsschädlichen Berufsverbot wird ein engagierter Antifaschist aus Gesinnungsgründen vom Schuldienst ferngehalten, dem persönlich kein Fehlverhalten vorzuwerfen und der für den Lehrerberuf bestens qualifiziert ist“, stellt Liga-Präsident Dr. Rolf Gössner fest: „Das ist ein Verstoß gegen die Grundrechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Berufsfreiheit.“ Diese politisch motivierte und diskriminierende Entscheidung basiere auf den zweifelhaften Erkenntnissen und Bewertungen des „Verfassungsschutzes“, dessen geheimdienstliches Wirken im Zusammenhang mit der berüchtigten Berufsverbote-Praxis der 70er und 80er Jahre das politisch-kulturelle Klima der damaligen Bundesrepublik vergiftete.
Die
Bundesrepublik Deutschland ist schon einmal für die Verhängung eines
Berufsverbotes vom Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg
verurteilt worden – wegen Verstoßes gegen die Menschenrechte. Auch der neueste
Fall gehört vor Gericht – notfalls durch alle Instanzen bis zum Internationalen
Gerichtshof. Um eine solch langwierige Prozedur zu vermeiden, fordert die
Internationale Liga für Menschenrechte die Kultusministerin auf, ihre
Entscheidung zu revidieren und Michael Csaszkóczy umgehend als Lehrer im
Angestelltenverhältnis einzustellen. Liga-Präsident Gössner: „Solchen Anfängen
einer neuen Berufsverbote-Politik muss schnellstmöglich Einhalt geboten werden,
damit nicht weitere Lebensperspektiven und Berufskarrieren zerstört werden.“ (06. September 2004)
Die
„Internationale Liga für Menschenrechte“ ist zusammen mit anderen Datenschutz-
und Bürgerrechtsgruppen seit vorigem Jahr Mitträgerin des „Überwachungs-Oscars“
BigBrotherAward. Am Freitag, den 29. Oktober 2004, wurden, wie jedes Jahr in
Bielefeld, die Deutschen Awards verliehen. Die Preisträger – Unternehmen,
Organisationen und Politiker – verletzen nach Meinung der Jury erheblich die Privatsphäre
der Bundesbürger und den Datenschutz. Vergeben wird der Preis, der sich zum
fünften Mal jährt, in verschiedenen Kategorien, darunter „Politik“, „Behörden/
Verwaltung“, „Verbraucherschutz“, „Arbeitswelt“ und „Kommunikation“.
Mit
der Verleihung der BigBrotherAwards soll das abstrakte Thema Datenschutz durch
konkrete Beispiele anschaulich und allgemein verständlich gemacht werden. In
den vergangenen vier Jahren fanden die Verleihungen ein großes mediales Echo.
BigBrotherAwards erhielten in den letzten Jahren beispielsweise
Bundesinnenminister Otto Schily für seine „Anti-Terror“-Gesetzespakete, das
Bundesverwaltungsamt für das „Ausländerzentralregister“, das Bundeskriminalamt
für die sog. Gewalttäter-Dateien, diverse Innenminister für ausufernde
Polizeigesetze, der Metro-Konzern für den Einsatz von RFID-Chips, die GEZ für ihre
Schnüffelmethoden, das Lkw-Mautsystem von TollCollect für die geplante
Überwachungstechnologie, Microsoft, die Payback-Kundenkarte, das sog.
Scoring-Verfahren der Informa GmbH und die Videoüberwachung der Deutschen Bahn.
Mit
den aktuellen „Negativ-Preisen für Datenkraken“ will die aus namhaften
Datenschutz- und Bürgerrechtsgruppen bestehende Jury wieder auf ausufernde
Kontrolle, Manipulation und Überwachung hinweisen. In diesem Jahr wurden dazu
rund 250 Nominierungsvorschläge eingereicht. Die Initiatoren des deutschen
BigBrotherAwards sind international vernetzt: Die Negativ-Preise werden bereits
in 14 europäischen Ländern sowie Australien, Japan und den USA vergeben.
Rena Tangens, padeluun - Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten
und unbewegten Datenverkehrs e.V. [FoeBuD]
Karin Schuler,
Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V. [DVD]
Dr. Rolf Gössner, Internationale Liga für Menschenrechte [ILMR]
Dr. Fredrik Roggan, Humanistische Union e.V. [HU]
Frank Rosengart, Chaos Computer Club e.V. [CCC]
Alvar C. H. Freude, Förderverein Informatik und
Gesellschaft e.V. (Fitug)
Werner Hülsmann,
Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche
Verantwortung e.V. (FIfF)
Weitere Informationen: presse@foebud.org, www.bigbrotherawards.de,
www.foebud.org
Justizministerin Brigitte Zypries
Justizminsterin Brigitte Zypries
erhält den BigBrotherAward in der Kategorie "Politik". Obwohl das Bundesverfassungsgericht
im März 2004 den Großen Lauschangriff mit elektronischen Wanzen in und aus
Wohnungen für weitgehend verfassungswidrig erklärt hatte, verabschiedete sich
die Ministerin nicht etwa von diesem einschneidenden Überwachungsinstrument,
sondern wollte es sogar noch ausweiten auf Berufsgeheimnisträger. Nach heftiger
öffentlicher Kritik an diesen Ausweitungsplänen hält sie jedoch nach wie vor
grundsätzlich am Großen Lauschangriff als Instrument der Strafverfolgung fest.
Seine bloße Existenz führt - auch nach Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts
- zu der Gefahr, dass Menschen sich eingeschüchtert fühlen – und das betrifft
insbesondere Unschuldige. Laudator: Dr. Fredrik Roggan
Kategorie Gesundheit und Soziales (neu)
Gesundheitsministerin Ulla Schmidt
Ministerin Ulla Schmidt
erhält den BigBrotherAward in der Kategorie "Gesundheit und Soziales"
für das GKV-Modernisierungsgesetz. Durch die versichertenbezogenen
Datenverarbeitung kommt es zu einer massiven Verschlechterung des Datenschutzes
für die Patienten. Diese datenschutzrechtlichen Risiken hätten durch die Verwendung
moderner, datenschutzfreundlicher Technik einschließlich der Pseudonymisierung
vermieden werden können. Diese Möglichkeiten sind von ihr nicht berücksichtigt
worden.
Bundesagentur für Arbeit
Frank Jürgen Weise, Vorstandsvorsitzender
der „Bundesagentur für Arbeit“ erhält den Big-BrotherAward in der Kategorie
"Behörden und Verwaltung" für die Ausgabe eines 16seitigen
Antragsformulars an Langzeitarbeitslose, mit dem hochsensible Daten teils
unzulässig abgefragt werden und Informationen auch unbefugten Stellen
zugänglich werden können. Damit verstößt die Bundesagentur massiv gegen den Sozialdatenschutz,
das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und den Grundsatz der Datensparsamkeit.
Preiswürdig sind:
a)
der
inquisitorische Fragebogen zur Beantragung von Arbeitslosengeld II (ALG II),
auf dem die Antragsteller entblößende Auskünfte über ihre Einkommens-,
Vermögens-, Wohn- und Familienverhältnisse sowie über die Lebensverhältnisse
Dritter in sog. Bedarfsgemeinschaften offenbaren müssen;
b)
die
mangelhafte Eingrenzung der Fragen, mit denen die Antragsteller zu
Informationen verleitet werden, die sie weder machen müssen, noch dürften;
c)
die
Gefahr, dass Unbefugte Einblick in geschützte Daten nehmen können;
d)
die
Unwilligkeit, die fehlerhaften Fragebögen vor 2005 datenschutzgerecht zu
überarbeiten, so dass Millionen von Menschen, wollen sie ab Januar 2005 Geld
zum Leben erhalten, die alten, datenschutzwidrigen Formulare verwenden müssen;
e)
die
geplanten Datenabgleichsmöglichkeiten mit anderen Dateien anderer Behörden
sowie die vermutete bundesweite Zugriffsmöglichkeit auf die teils intimen Daten
der Arbeitssuchenden von sämtlichen Arbeitsagenturen aus.
Kategorie
Technik:
Canon
Eine im Kopierer gespeicherte Kennummer (Identifikationsnummer) wird unsichtbar auf *allen* Kopien mitausgegeben. Da jeder Kopierer eine individuelle Barcode-Kennung hat, läßt sich die Herkunft einer Kopie ermitteln. Wird als Funktion verkauft, die das Fälschen von Banknoten, Schecks etc. unterbinden soll. Da jeder Kopierer eine individuelle Barcode-Kennung hat, läßt sich die Herkunft einer Kopie ermitteln.
Lidl
Lidl erhält den BigBrotherAward in der Kategorie "Arbeitswelt". Dafür gibt es eine Vielzahl von Gründen. Besonders auszeichnungswürdig erschien der Jury die heimliche Videoüberwachung in einigen der deutschen Filialen und dass menstruierende Mitarbeiterinnen in Filialen in Tschechien zum Tragen eines Stirnbands verpflichtet worden sind, damit sie die Toilette auch außerhalb der Pausen aufsuchen durften.
Armex
Die Armex
GmbH erhält den BigBrotherAward in der Kategorie "Kommunikation". Um
ihr Produkt "Track Your Kid" zu verkaufen, nutzt sie diffuse Ängste
von Eltern aus und gibt ihnen ein Instrument in die Hand, das Kinder nicht zu
mündigen Bürgerinnen und Bürgern, sondern zu willigen Untertanen einer
Kontrollgesellschaft erzieht. Laudator: Karin Schuler
Tchibo direct
Die Tschibo direct GmbH
erhält den BigBrotherAward in der Kategorie "Verbraucherschutz". Sie
beteuert in ihren Prospekten und im Internet "Alle persönlichen Daten
werden vertraulich behandelt." Tatsächlich aber werden angereicherte
Adressen der Tchibo-direct-Kundinnen und -Kunden über die Arvarto / AZ direct
auf dem Adressenmarkt angeboten.
Laudator: Alvar Freude
Uni Paderborn
Der Rektor der Universität Paderborn, Prof. Dr. rer. nat. Nikolaus Risch, erhält den Regionalpreis der BigBrotherAwards, weil Hörsäle und Uni-Rechnerräume mit Videokameras überwacht werden. Laudator: padeluun
Informationen unter: www.bigbrotherawards.de
Landeskriminalamt Niedersachsen fördert Denunziation
durch anonyme Anzeigemöglichkeit per Internet
Seit Ende 2003
läuft beim niedersächsischen Landeskriminalamt (LKA) ein bundesweit einmaliges
Projekt, das der Korruptionsbekämpfung dienen soll. Per Internet können Bürger
anonym Tipps geben, wer angeblich wen wo schmiert oder welche öffentlichen
Leistungen erschleicht. In zehn Monaten gab es bereits 15.000 Zugriffe auf
dieses "Business Keeper Monitoring System". 437 Verdachtsmeldungen
sind eingegangen, davon 260 mit angeblich strafrechtlicher Relevanz. Die
Denunziationsquote soll laut LKA bei nur 5 Prozent liegen; das ergibt etwa 22
Fälle – 22 Fälle zu viel. Die Dunkelziffer dürfte hoch sein.
Das LKA stellt mit diesem System eine vereinfachte Möglichkeit für Abertausende Internetnutzer zur Verfügung, Mitmenschen vollkommen anonym anzeigen und verdächtigen zu können - nicht nur wegen Korruptionsverdachts, sondern etwa auch Bezieher von Sozialhilfe, die angeblich nebenher jobben, zu viel Vermögen oder verdächtig große Wohnungen haben. In Zeiten von Hartz IV ein weites Betätigungsfeld für Informanten und Denunzianten.
Ein aktuelles Beispiel: Das renommierte
Hydraulik-Unternehmen Lingk + Sturzebecher in Stuhr und sein Geschäftsführer
sind über das Internet-System des LKA anonym wegen Subventionsbetrügereien angezeigt
worden. Daraufhin durchsuchten LKA-Beamte den Betrieb sowie sieben weitere
Objekt bundesweit, beschlagnahmten Akten und Dateiträger. Monatelange
Ermittlungen folgten. Erst sechs Monate nach der Durchsuchung bestätigt der
zuständige Staatsanwalt, dass sich die anonymen Beschuldigungen als haltlos und
als bösartige Verleumdungen erwiesen hätten. Gleiches gelte für entsprechende
Vorwürfe gegen leitende Mitarbeiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes Nürnberg
sowie der Bezirksregierung in Hannover. Abgesehen von der Rufschädigung
entstand dem Stuhrer Unternehmen durch die aufwendigen Ermittlungsmaßnahmen ein
Schaden in sechsstelliger Höhe. Den Denunzianten dürfte die anonyme
Falschbeschuldigung kaum nachzuweisen sein.
Anstatt niederschwellige und missbrauchsanfällige Internet-Anreize zum verantwortungslosen anonymen Anschwärzen zu schaffen, sollte Korruption verstärkt dort bekämpft werden, wo die Strukturen in Verwaltung und Wirtschaft diese Art von Kriminalität begünstigen - also ursachenorientierte Korruptionsprävention und mehr Transparenz, etwa bei der Auftragsvergabe, anstatt die Bewohner zu Hilfspolizisten heranzuziehen, wie das seit geraumer Zeit verstärkt geschieht. Erinnert sei an das SMS-Fahndungsprojekt, mit dem Handy-Besitzer zu Hobby-Fahndern gekürt und dazu animiert werden, ihre Beobachtungen an die Polizei zu übermitteln.
Rolf Gössner
Quelle:
www.lka.niedersachsen.de
Interview
„Ein
weites Feld für Informanten und Denunzianten“
Bremer Anwalt Rolf Gössner kritisiert Korruptionsbekämpfung
per Internet als höchst problematisch
Bremen (kf). Seit Jahren schon warnt Rolf Gössner, Bremer Rechtsanwalt und Publizist, vor den Risiken der modernen Informationsgesellschaft. Er prangert vor allem die zunehmende Einbeziehung der Bürger in die Kriminalitätsbekämpfung und gravierende Verletzungen des Datenschutzes an. Auch das Internet-Angebot des Landeskriminalamtes Niedersachsen sieht er skeptisch.
Halten Sie
das Internetangebot des LKA Niedersachsen für ein geeignetes Mittel, die
Korruption zu bekämpfen?
Rolf Gössner: Nicht wirklich - denn Korruption müsste dort bekämpft werden, wo die Strukturen in Verwaltung und Wirtschaft diese Art von Kriminalität begünstigen. Also eher Ursachen-orientierte Korruptionsprävention und mehr Transparenz, anstatt die Bevölkerung in die Kriminalitätsbekämpfung einzubeziehen. Leider gibt es seit geraumer Zeit eine solche Tendenz, ich erinnere an das SMS-Fahndungsprojekt, mit dem Handy-Besitzer zu Hobby-Fahndern gekürt und dazu animiert wurden, ihre Beobachtungen an die Polizei zu übermitteln. Ebenfalls eine höchst problematische Geschichte.
Birgt
dieses "Angebot" die Gefahr, dass unbescholtene Bürger in Verdacht
geraten?
Ich
denke schon. Schließlich handelt es sich um ein niedrigschwelliges Angebot an
abertausende Internetnutzer, Mitmenschen ganz einfach und vollkommen anonym
anzeigen zu können - nicht nur wegen Korruptionsverdachts, sondern etwa auch
den Bezieher von Arbeitslosenhilfe, der angeblich nebenher jobbt, zu viel
Vermögen oder eine verdächtig große Wohnung hat. Ein weites Betätigungsfeld für
Informanten und Denunzianten, gerade wenn ab nächstem Jahr Hartz IV umgesetzt
wird. Da wünschte man sich wirklich eine höhere Hürde statt einer freundlichen,
aber missbrauchsanfälligen Einladung zum vereinfachten Verdächtigen. Der Zweck
sollte auch hier nicht jedes realisierbare Mittel heiligen. Sonst könnte sich
nach und nach ein veritables Denunziationssystem entwickeln, das gerade in
Krisenzeiten fatale Auswirkungen zeitigen kann.
Die Quote
so genannten Denunziantentums wird vom LKA mit fünf Prozent überraschend
niedrig angegeben.
Das wären in etwa 22 Fälle. 22 Fälle zu viel. Doch was versteht man denn unter Denunziation? Jemanden aus persönlichen, niedrigen Beweggründen anzeigen oder anschwärzen? Diese hinter der jeweiligen Anzeige stehende Motivation - etwa Missgunst oder Rache - dürfte das LKA kaum in allen Fällen herausfinden können. Im übrigen gibt es ja eine gehörige Differenz zwischen den Verdachtsmeldungen und den strafrechtlich relevanten Sachverhalten. Da frage ich mich, was wohl alles der Polizei zugetragen wird.
Die Tipps
sind anonymisiert. Was aber ist mit den Daten, die im Zuge der Ermittlungen von
der Polizei gesammelt werden?
Tatsächlich wird der Datenschutz nur dem anonym bleibenden Tippgeber garantiert. Das gilt natürlich nicht für die von ihm gemeldeten Personen, deren personenbezogene, teils intimen Daten ohne deren Wissen erfasst und auch länger gespeichert werden. Gegen diese Personen wird dann auf dieser Datengrundlage polizeilich vorermittelt - mit allen unangenehmen Konsequenzen, die sich daraus ergeben können.
WESER-KURIER
v. 13.9.2004
Vorträge
Muslime in Zeiten des Terrors
Auswege aus Generalverdacht + Selbstisolation
Rede von Rolf Gössner während der Jahrestagung der ISLAMISCHEN GEMEINSCHAFT in Deutschland, Gruga-Halle in Essen, 18.09.2004 (vor mehr als 6.000 Teilnehmern). S. auch Interview in Islamische Zeitung, Liga-Report 2/04, 28.
***
Am 10. November 2004 fand in Paris eine
Internationale Juristen-Konferenz zum Thema
„Les Liste des groupes terroristes: L’approche du
droit européen
et international“
(Sujet d’études: L’Organisation des Modjahedines du peuple d’Iran).
An der Konferenz nahmen etwa 400 Juristinnen und Juristen
sowie Menschenrechtsorganisationen aus aller Welt teil – unter anderem unsere
französische Schwesterorganisation FIDH.
Liga-Präsident Rolf Gössner war
ebenfalls zu der Konferenz eingeladen worden und hielt einen kurzen Vortrag zu
den Auswirkungen der EU-„Terrorliste“ in der Bundesrepublik. Wir dokumentieren
die Langfassung seiner Rede.
„Internationale
Liga für Menschenrechte“ kritisiert
Widerruf von Asylberechtigungen
Plädoyer für eine Revision der
EU-Terrorliste
Mit Sorge beobachtet die „Internationale Liga für Menschenrechte“ die gegenwärtige Praxis des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, vermehrt Asylanerkennungen zu widerrufen. Damit wird bislang anerkannten politischen Flüchtlingen der Asylstatus, den sie bereits vor vielen Jahren erworben haben, wieder entzogen. Das schwächt ihren Schutz gegen Auslieferung an Verfolgerstaaten, wo sie der Gefahr von Folter und anderen unmenschlichen, grausamen und erniedrigenden Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt wären.
Diese Widerrufsverfahren stützen sich auf die sog. Anti-Terror-Gesetze, mit denen unter anderem die Anerkennung von Asylbewerbern erschwert und Ausweisungen erleichtert worden sind. Die Betroffenen hatten ursprünglich ihre politische Verfolgung in den jeweiligen Heimatländern, aus denen sie stammen, glaubhaft machen können und sind deshalb als Asylberechtigte anerkannt worden. Nach der neuen Rechtslage können sie gerade aus diesen Gründen ihre Anerkennung verlieren.
In den Widerrufsverfahren stützen sich die Behörden nicht nur auf die Antiterror-Regelungen des Ausländerrechts, sondern auch auf die sog. Terrorliste der EU, auf der als terroristisch geltende Einzelpersonen und Organisationen aufgeführt sind - unter anderen die linksgerichtete türkische DHKP-C, die kurdische Arbeiterpartei PKK und ihre Nachfolgeorganisation sowie die iranischen Volksmodjahedin.
So werden etwa die Anhänger der oppositionellen iranischen Volksmodjahedin, die in der Vergangenheit wegen ihrer Verfolgung im Iran als Asylberechtigte anerkannt worden waren, immer häufiger mit dem Widerruf ihrer Anerkennung konfrontiert. Auch Hunderte von Anträgen auf Asylanerkennung und Einbürgerung wurden bereits abgelehnt, weil die Betroffenen aus diesem Personenkreis als „Sicherheitsrisiko“ gelten. Bei der Begründung, für die mitunter die Beteiligung an bestimmten Demonstrationen ausreicht, spielt die EU-„Terrorliste“ eine besondere Rolle. Auf dieser Liste wird die Widerstandsbewegung der Volksmodjahedin gegen das staatsterroristische iranische Regime als „terroristische Vereinigung“ eingestuft - ausgerechnet auf Druck des iranischen Regimes, das die UNO wegen massiver Menschenrechtsverletzungen verurteilt hat.
Gegenwärtig droht ein skandalöser Handel zwischen Teilen der EU und dem Iran auf Kosten der iranischen Oppositionellen, ein Handel, der von vielen Menschenrechtsorganisationen, unter anderem der französischen FIDH, scharf kritisiert wird: Um das Mullah-Regime in Teheran zum Verzicht auf ein eigenständiges Atomprogramm zu bewegen, sollen die Volksmodjahedin als Gegenleistung weiterhin im Rahmen der EU als „Terroristische Vereinigung“ eingestuft bleiben. Diese Einstufung kann dazu führen, dass sich die iranischen Herrscher ermuntert fühlen, weiter Oppositionelle in ihrem Machtbereich zu verfolgen, zu foltern oder hinzurichten. Und bislang anerkannte Asylberechtigte müssen fürchten, schon wegen dieser Einstufung ihren Asylstatus hierzulande zu verlieren und ggfls. an den Iran ausgeliefert zu werden. Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes führe im Iran bereits die bloße Mitgliedschaft bei den Volksmodjahedin zu menschenrechtswidrigen Verfolgungsmaßnahmen. Auch Anhänger und Sympathisanten sind vor solcher Verfolgung nicht gefeit.
Auf Grundlage eines aktuellen Gutachtens des renommierten Asylrechtsexperten Dr. Reinhard Marx (Frankfurt/M.) ist das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlingen aufzufordern, bei seinen Entscheidungen folgende Punkte zu berücksichtigen:
· Allein die Zugehörigkeit zu den Volkmodjahedin, wie immer man zu ihnen und ihren Aktivitäten im Iran stehen mag, rechtfertigt weder die Ablehnung eines Asylbegehrens noch den Widerruf des Asyl- oder Flüchtlingsstatus’ noch eine Ausweisung; zumindest müssen noch zusätzliche erschwerende, auf das individuelle Verhalten des Betroffenen bezogene Umstände hinzutreten.
· Soweit der Charakter der Organisation selbst zu beurteilen ist, können die Volksmodjahedin nicht als Organisation eingestuft werden, die den internationalen Terrorismus unterstützt. Selbst die im Irak befindlichen Mitglieder, die ursprünglich das iranische Regime bekämpft hatten (s. Liga-Presseerklärung vom 10.02. 2004), sind inzwischen völkerrechtlich als schutzwürdige Gruppe nach der Genfer Konvention eingestuft und anerkannt worden.
· Der Widerruf einer asylrechtlichen Entscheidung ist nur beim nachträglichen Wegfall der tatsächlichen Anerkennungsvoraussetzungen erlaubt.
Die Internationale Liga für Menschenrechte fordert die Bundesregierung auf, darauf hinzuwirken,
· dass
innerhalb der EU die Volksmudjahedin nicht zum Spielball diplomatischer Taktik
werden, nicht zum „Verhandlungschip“ der EU gegenüber dem Mullah-Regime des
Iran, das die Menschenrechte nach wie vor mit Füßen tritt;
· dass die
auf rein politisch-exekutiver, nicht auf rechtlich-legislativer Entscheidung
beruhende EU-Terror-Liste, deren Zusammensetzung keinerlei demokratischer
Kontrolle unterliegt, unverzüglich revidiert wird, weil ihre Folgewirkungen
gravierend sind und zu massiven Menschenrechtsverletzungen führen können;
· dass niemand in Auslieferungshaft gerät, bevor sein Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist und dass niemand an einen Verfolgerstaat ausgeliefert wird, weil damit gegen Verfassung, Europäische Menschenrechtskonvention und Genfer Flüchtlingskonventionen verstoßen würde.
Auch im Zeichen des Antiterrorkampfes und im Namen der Sicherheit ist die Verletzung von Völkerrecht und Menschenrechten nicht zu tolerieren.
Dr. Rolf Gössner
Rechtsanwalt/Publizist, Präsident der Internationalen Liga für
Menschenrechte
***
Folgende
Erklärung hat die « Internationale Liga für Menschenrechte »
unterstützt :
Fédération
internationale des ligues des droits de l'Homme (FIDH)
Ligue des
droits de l’Homme et du Citoyen (LDH)
Ligue pour la défense des droits de l'Homme en
Iran (LDDHI)
Iran / nucléaire : Un marchandage inadmissible
* Paris, le 28 octobre 2004 -*
La FIDH et ses associations affiliées, la
LDDHI et la LDH expriment leur stupéfaction à la lecture d’une dépêche de l’AFP
du 21 octobre 2004, jamais démentie, selon laquelle la France et deux autres
pays de l’Union européenne offriraient au gouvernement iranien, en échange de
diverses mesures concernant la limitation de son programme nucléaire, de
poursuivre la répression du terrorisme «dans le respect des législations
réciproques » et à maintenir l’Organisation des Moudjahiddines du Peuple d'Iran
(OMPI) sur les listes d’organisations terroristes.
Tout en réaffirmant la nécessité
d’empêcher, où que ce soit, la prolifération des armes de destruction massive,
un tel marchandage constitue un mépris de tous les principes de droit
international.
«Respecter» la législation du gouvernement
Iranien, c’est, entre autres choses, se satisfaire de l’absence de démocratie,
des arrestations arbitraires, des fermetures de journaux, de la peine de mort
ou de la torture érigée en règle.
En échangeant le maintien d’une
organisation, quel que soit le jugement que l’on porte sur elle, sur les listes
d’organisations terroristes contre une évolution de la politique nucléaire de
l’Iran, les auteurs de cette proposition démontrent que ces listes ont un
caractère arbitraire et relèvent de la seule décision politique des États.
La FIDH, la LDDHI et la LDH rappellent que
la nécessaire lutte contre le terrorisme ne saurait conduire à cautionner des
régimes qui bafouent les droits de l'Homme pas plus qu’à édicter des mesures
d’exception faisant fi des libertés individuelles et collectives.
Gustav
Heinemann-Initiative
Greifswalder Str. 4 10405 Berlin
An den Bundesminister des Innern, Otto
Schily
Nachrichtlich an Innenausschuss des Deutschen Bundestags
und Innenpolitische Sprecher der Fraktionen
Berlin,
den 13.9.2004
Flüchtlingslager in
Afrika
Sehr geehrter Herr Minister,
die
Gustav Heinemann-Initiative als Teil der unabhängigen, überparteilichen
Bürgerrechtsbewegung befasst sich insbesondere mit der Verteidigung der
Grundrechte unserer Verfassung und tritt im Sinne eines umfassenden
Friedensbegriffs für gewaltfreie Konfliktlösungen ein. Die Auseinandersetzung
mit der Frage der Flüchtlinge, die von Afrika nach Europa reisen, berührt
sowohl die Geltung der Grundrechte wie die gewaltfreie Lösung eines wichtigen
Konfliktes.
Sie
haben vorgeschlagen, für diese Personen Flüchtlingslager in den
nordafrikanischen Staaten einzurichten. Wir halten diesen Vorschlag für falsch,
rechtlich fragwürdig und für das politische Klima in Deutschland für schädlich.
Unsere Aussage beruht auf folgenden Überlegungen:
1.
Das Problem der Fluchtbewegung aus Afrika nach Europa wird durch Auffanglager
nicht gelöst. Es wird sich schnell herumsprechen, dass die Verfahren in den
Lagern nicht zu einer Einreise nach Europa führen werden. Bekanntlich kann auf
ausländischem Boden ein Asylantrag für ein anderes Land nicht gestellt werden.
Die Menschen werden folglich trotzdem versuchen, den lebensgefährlichen Weg über
das Meer anzutreten, um in Lampedusa oder an einem anderen Ort in Italien oder
Spanien an Land zu gelangen. Somit trifft Ihre Argumentation nicht zu, die
Lager u.a. deshalb einzurichten, um Menschen diese lebensgefährliche Reise zu
ersparen.
2.
Das nationale und internationale Flüchtlingsrecht wird durch diese Lager
untergraben. Die rechtliche Konstruktion, einen Teil des Landes zu
italienischem oder deutschen Territorium zu machen, um dort - rein formell -
nationales bzw. internationales Flüchtlingsrecht zur Anwendung kommen zu
lassen, ist ein untauglicher Versuch, die Instrumente der Genfer Flüchtlingskonvention
(GFK) und des nationalen Asylrechts zu marginalisieren. Zum einen geht dieser
Gedanke von der völlig falschen Prämisse aus, dass die auf Einhaltung ihrer
Souveränität besonders bedachten nordafrikanischen Staaten ein Interesse an dieser
Form der „Enklaven“ hätten. Zum anderen wären rechtliche Schritte gegen
ablehnende Entscheidungen kaum durchführbar. Die Unterlagen müssten aus den
Lagern zu dem zuständigen Gericht (wahrscheinlich in Italien) überstellt
werden. Die Kosten für einen Rechtsbeistand, der sich mit der nationalen
Gerichtspraxis auskennt, wären immens und für viele nicht bezahlbar, direkte
Kontakte zu den einzelnen Flüchtlingen so gut wie ausgeschlossen.
3.
Die Situation in den Auffanglagern und die tatsächliche Umsetzung des
Prüfverfahrens wie die Befragung der Flüchtlinge und das Entscheidungsprozedere
würde sich weitestgehend einer öffentlichen Kontrolle entziehen. Kleineren
Flüchtlingsorganisationen wird in der Regel das Geld fehlen, um die Lager aufsuchen
zu können. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die örtlichen Verantwortlichen
Pressevertretern einen adäquaten Zugang zu den Lagern ermöglichen werden,
sodass eine Information der Öffentlichkeit über die Lebensumstände der
Flüchtlinge und die Verfahren in den Lagern kaum möglich sein wird. Es besteht
aus unserer Sicht zudem der begründete Verdacht, dass die Verdeckung von
Missständen in den autoritär regierten Staaten, in denen die Menschenrechte mit
Füßen getreten werden, weit einfacher zu realisieren ist als in Deutschland oder
Italien.
4.
Deutschland könnte sich seiner Verpflichtung aus der Genfer
Flüchtlingskonvention (GFK), dem Grundgesetz (GG) und den nationalen
Asyl-Bestimmungen gänzlich entziehen, wenn es Auffanglager mit eigener
Territorialität schaffen würde. Die Konstruktion des sicheren Drittstaates
könnte auf die Auffanglager übertragen werden, indem diese als sog. sichere
„Drittstaaten“ umdefiniert werden. Jeder, der in Frankfurt a.M. im Flughafen
einen Antrag stellt, sollte er aus Afrika kommen, könnte ohne eine Überprüfung
abgeschoben werden, da er über den faktischen sicheren „Drittstaat“, das
Auffanglager in Libyen oder anderswo, hätte „einreisen“ können. Damit wäre das
Fundamentalrecht auf Asyl gänzlich ausgehebelt und der Rechtsstaat in diesem
Punkt nicht mehr existent. Deutschland würde endgültig zur asylfreien Zone und
dies zu einem Zeitpunkt, wo die Zahl der Asylbewerber mit rund 50.000 den
niedrigsten Stand seit 1984 erreicht hat!
5.
Die Annahme einer unüberschaubaren Zahl an potentiellen Flüchtlingen entspringt
einer Angstvorstellung. Es stimmt zwar, dass es eine Flüchtlingsbewegung von
Afrika nach Europa gibt. Der Umfang dieser Bewegung wird jedoch überbewertet. Hier
vermengen sich Ängste, denen ein Weltbild zu Grunde liegt, das immer noch von
uns Deutschen und den Ausländern da draußen ausgeht, mit Tatsachen und sachlichen
Prognosen, die eine sachgerechte Lösung des Problems ermöglichen könnten. Wir
können uns des Eindrucks nicht erwehren, dass Sie hier auf eine in der
deutschen Bevölkerung verbreitete Stimmung populistisch reagieren, statt Ihrer
Rolle als einer der wichtigsten Hüter der Verfassung gerecht zu werden.
Aus
den genannten fünf Gründen möchten wir Sie darum bitten, Ihren Vorschlag
zurückzuziehen. Wir verwahren uns dagegen, dass unter dem Deckmantel der Hilfe
die Demontage von Flüchtlingsrecht betrieben wird. Einen rechtsfreien Raum wie
Guantanamo darf es nicht geben. Die Mindestforderungen der GFK, d.h. faire
Einzelfallprüfung in einem rechtsstaatlichen Verfahren, Gewährleistung von
Rechtsbeistand und Dolmetscher sowie gerichtliche Überprüfung einer ablehnenden
Entscheidung, müssen gewahrt bleiben.
Dieser Brief wird unterstützt von Aktion Courage, der Humanistischen
Union und der Internationalen Liga für Menschenrechte.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Müller, im Auftrag des
Vorstandes der Gustav Heinemann-Initiative
***
Forum
InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V.
Deutsche
Vereinigung für Datenschutz e.V.
Gemeinsame Pressemitteilung vom
30.09.2004
EU will bis zu drei
Jahre im Nachhinein wissen, wer wann mit wem und womit
telefoniert, gesimst oder gemailt hat und wer wann wie lange
welche Internetseiten aufgerufen hat
Wenn
es nach dem Willen von Großbritannien, Irland, Spanien und Frankreich geht,
sollen alle Telekommunikationsgesellschaften und Internetprovider in den
EU-Staaten verpflichtet werden, die Verkehrsdaten aller Telekommunikationsvorgänge
und Internetnutzungen aller Kundinnen und Kunden für mindestens 12 und bis zu
36 Monate zu speichern. Bisher dürfen in Deutschland ohne besondere Verdachtsmomente
nur die Abrechnungsdaten für bis zu sechs Monaten nach Rechnungsversand
gespeichert werden. Mit der geplanten Neuregelung würden die Telekommunikations-Verkehrsdaten
von 450 Millionen Menschen in der EU für mindestens 12 Monate gespeichert, weil
nicht auszuschließen sei, dass unter Ausnutzung von Telefon, SMS, MMS, E-Mail
und Internet Straftaten begangen werden.
Werner
Hülsmann, Vorstandsmitglied der Deutschen Vereinigung für Datenschutz (DVD)
e.V. und des Forums InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche
Verantwortung (FIfF) e.V. erklärt zu diesen Plänen: „Die in dem Entwurf
vorgeschlagenen Regelungen verstoßen nicht nur gegen das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung und damit gegen das Grundgesetz. So hat bereits 1983 das
Bundesverfassungsgericht eine solche Vorratsdatenspeicherung als verfassungswidrig
bezeichnet. Diese Regelungen sind auch nicht mit Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention
zu vereinbaren.“
Im
Telefonbereich soll nicht nur gespeichert werden, von welchem Anschluss aus mit
welcher Nummer wann und wie lange angerufen wird, es soll auch erfasst werden,
mit welcher Art von Endgerät der Anruf erfolgte. Bei Handys soll auch der jeweilige
Standort erfasst werden. Ebenso soll gespeichert werden, wer wann wem in
welchem Umfang Kurz- und Multimediamitteilungen (SMS, MMS) gesandt hat. Auch
bei E-Mails soll erfasst werden, wer wann wem welche E-Mail gesandt hat. Im
Internet sollen die Provider auf Vorrat speichern, wer sich wann wie lange auf
welcher Internetseite aufgehalten hat.
Mit
Hilfe dieser Daten lassen sich sehr sensible Persönlichkeitsprofile erzeugen.
Anrufe bei einem Arzt oder einer Beratungsstelle, Aufrufe von Websites von
Selbsthilfegruppen lassen tiefe Schlüsse auf gesundheitliche oder soziale Probleme
zu. Auch wenn diese Daten auf richterlichen Beschluss den Strafverfolgungsbehörden
übermittelt werden sollten, ist ein Missbrauch nicht auszuschließen.
Dass
diese Vorratsdatenspeicherung weder erforderlich noch zweckmäßig ist, sondern
in erster Linie die unbescholtenen Bürgerinnen und Bürger trifft, ergibt sich
bereits daraus, dass es für den Internationalen Terrorismus und die Organisierte
Kriminalität mit etwas technischem Sachverstand und Aufwand leicht möglich ist,
diese Regelungen zu umgehen; so können z.B. Spuren durch Austausch von
Handykarten oder über die Manipulation der Identifikationsnummern von Handys
und anderen Endgeräten verwischt werden.
In
der Frage der Vorratsdatenspeicherung sind sich FIfF e.V. und DVD e.V. mit dem
Bundesverband der Industrie (BDI), dem Deutschen Industrie- und
Handelskammertag (DIHK), aber auch den Verbänden der Telefongesellschaften und
Internetprovider einig: Eine Vorratsdatenspeicherung aller TK-Verkehrsdaten
führt nicht zu mehr Sicherheit und auch nicht zu einer höheren Aufklärungsquote
von Straftaten, sondern nur zu deutlich höheren Kosten für Telekommunikations-
und Internetdienstleistungen.
Diplom-Informatiker
Werner Hülsmann erklärt hierzu: „Die Aussage der Vertreterin der Französischen
Strafverfolgungsbehörden anlässlich eines öffentlichen EU-Workshops zu diesen
Plänen lässt sich mit einem Satz zusammenfassen: Wir wissen nicht so genau,
welche der TK-Verkehrsdaten wir für unsere Ermittlungen brauchen, daher
wollen wir alle haben. Und weil unsere Ermittlungen so lange dauern, wollen wir
diese Daten so lange wie möglich zur Verfügung haben. Selbst ein Kritiker hätte
die Unverhältnismäßigkeit dieser Maßnahme nicht deutlicher darstellen können.“
Dabei geht es nicht nur um die Daten von Verdächtigen, sondern um die
TK-Verkehrsdaten aller 450 Millionen Menschen, die in der EU leben, unabhängig
von etwaigen Verdachtsmomenten.
Die
immensen Kosten für die unnötige Vorratsdatenspeicherung – Fachverbände
beziffern sie auf zwei bis dreistellige Millionenbeträge pro Dienstleister –
werden wohl kaum von den EU-Staaten getragen werden, sondern – wie es zumindest
in Deutschland im Rahmen der Telekommunikationsüberwachung geregelt ist – von
den Providern und Telekommunikationsdienstleistern. Diese Kosten werden schlussendlich
über höhere Preise an die Kunden weitergegeben. Auch die Entwicklung der
Informationsgesellschaft würde bei Übernahme der Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung
gebremst. Projekte und Initiativen für offene Internetzugänge, wie sie sich
nicht nur in Deutschland vielfältig entwickeln, würden unmöglich gemacht, da
die Kosten für die Vorratsdatenspeicherung von vielen privaten Initiativen und
Gewerbetreibenden nicht getragen werden können.
Die
Bürger und Bürgerinnen Europas sollen durch höhere Preise für Telefonieren,
Simsen und Internetnutzung die Kosten für die völlig überzogene und unnötige
umfassende und langfristige Speicherung ihrer Verkehrsdaten aufkommen. Sie
werden also nicht nur in ihrem Grundrecht auf unbeobachtete Kommunikation in
unzulässiger Weise eingeschränkt, sondern müssen diesen Eingriff auch noch
selbst bezahlen.
Werner
Hülsmann erklärt abschließend: „Noch ist es nicht zu spät diese Pläne zu
verhindern, die nicht zu mehr Sicherheit, aber zu mehr Überwachung führen
werden, zu verhindern. Alle demokratischen Kräfte sind aufgefordert, weitere
Schritte in Richtung Überwachungsstaat zu verhindern.“
Forum
InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V. und die
Deutsche Vereinigung für den Datenschutz e.V.
Diese Presseerklärung wurde außerdem u.a. von der
„Internationalen Liga für Menschenrechte „und der „Humanistischen Union“ unterstützt
und mitgetragen.
***
Weg mit dem Berufsverbot für Michael
Csaszkóczy!
Gemeint
sind wir alle!
Seit
Anfang des Jahres 2004 wird dem Heidelberger Realschullehrer Michael Csaszkóczy
aus politischen Gründen die Einstellung in den Schuldienst des Landes
Baden-Württemberg verwiegert. Über mehr als 12 Jahre hinweg wurde Csaszkóczy
vom Verfassungsschutz überwacht. Für das Berufsverbot ausschlaggebend war seine
Mitgliedschaft in der Antifaschistischen Initiative Heidelberg, von der er
nicht bereit war, sich zu distanzieren. Damit wird die grundrechtswidrige
Berufsverbotspraxis der BRD aus den 70er Jahren wiederbelebt. Wir protestieren
gegen die staatliche Bespitzelung und Einschüchterung, die sich potentiell
gegen alle emanzipatorischen und politisch unbequemen Bestrebungen richtet. Wir
fordern die Einstellung Michael Csaszkózys und die Abschaffung der gesetzlichen
Grundlagen der Berufsverbote.
Weg mit den antidemokratischen
Berufsverboten! Grundrechte verteidigen!
Demonstration am 23.10.2004 in Heidelberg
Dieser Aufruf wurde unterstützt von
(Stand: 19.10.2004):
Komitee für Grundrechte
und Demokratie; Internationale Liga für Menschenrechte; Contraste (Zeitschrift
für Selbstorganisation); VVN-BdA Bundesvereinigung (Vereinigung der Verfolgten
des Naziregimes - Bund der AntifaschistInnen); Redaktion Graswurzelrevolution;
Deutscher Freidenker-Verband, Vereinsvorstand; ['solid] - die sozialistische
jugend, Bundesverband; Bund demokratischer Wissenschaftler und
Wissenschaftlerinnen (BdWi); freier zusammenschluss von studentInnenschaften
(fzs); Rote Hilfe e.V. Bundesvorstand, Deutsche Friedensgesellschaft -
Vereinigte Kriegsdienstgegner Baden-Württemberg; ver.di, GEW.... u.v.m.
***
Der Wehrmachtsdeserteure gedenken
Aufruf
“Ein Denkmal für die
Wehrmachtsdeserteure in Halbe”
Wir,
die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner, setzen uns dafür ein, dass anlässlich
des 60. Jahrestages der Befreiung vom deutschen Faschismus am 8. Mai 2005 in
Halbe (Brandenburg) ein Denkmal für die Wehrmachtsdeserteure errichtet wird.
Wehrmachtsdeserteure,
“Wehrkraftzersetzer” und Kriegsdienstverweigerer wurden mit etwa 30.000 Todesurteilen
und Tausenden Zuchthausstrafen verfolgt; 20.000 Todesurteile wurden
vollstreckt. Überlebt haben das Grauen in den KZs, Straflagern und
Strafbataillonen keine 4.000 von ihnen.
Im
April 1945 bildeten Panzereinheiten der Roten Armee in der Gegend um Halbe
einen Kessel um die Reste der geschlagenen 9. Armee des Generals Busse, der ein
Kapitulationsangebot ablehnte. Mehrere zehntausend Soldaten und Zivilisten fielen
im Zuge dieser letzten Kesselschlacht des 2. Weltkrieges dem
NS-Durchhaltewillen zum Opfer. Nicht zuletzt kam es auch in Halbe in den
letzten Kriegstagen zu standrechtlichen Erschießungen von Deserteuren.
Menschen, die sich diesem Krieg verweigerten, waren die Opfer. Viele von ihnen,
viele wiederum namenlos, liegen auf Friedhöfen begraben, auch auf dem Waldfriedhof
in Halbe.
Statt
in Halbe all jener zu gedenken, die sich der nationalsozialistischen Mord- und
Terrormaschinerie verweigert haben, wird Halbe nunmehr jedes Jahr aufs Neue
zu einem Wallfahrtsort nationalsozialistischen Heldengedenkens durch Aufmärsche
von Alt- und Neonazis. Das unterschiedslose Gedenken von offizieller Seite am
“Volkstrauertag” leistet einer Vermischung von Opfern und Tätern Vorschub.
Wir
treten dafür ein, der Deserteure zu gedenken und ihnen, die sich dem Dienst in
Hitlers verbrecherischem Krieg entzogen haben, zu danken.
Wir
treten dafür ein, den Wehrmachtsdeserteuren ein Denkmal hier in Halbe zu
setzen, auch als Zeichen gegen NS-Heldenverehrung und Beschwörung
faschistischen und soldatischen Opfertodes.
Wir
treten dafür ein, dass mit diesem Denkmal ausnahmslos alle Wehrmachtsdeserteure
geehrt werden, dies gerade vor dem Hintergrund, dass denjenigen Deserteuren,
die mit der Waffe gegen NS-Deutschland kämpften, bis heute die gesellschaftliche
Anerkennung und Entschädigung für erlittenes Unrecht versagt blieb.
ErstunterzeichnerInnen:
Ludwig Baumann (Bremen, Wehrmachtsdeserteur),
Dr. Hans Coppi (Berlin,
Historiker), Daniela DAHN (Berlin, Schriftstellerin und Journalistin) Judith Demba (Berlin, Bildungswerk Berlin),
Dietrich Eichholtz (Borkheide, Wirtschaftshistoriker), Heinrich Fink (Berlin, Bundesvorsitzender VVN-BdA), Dr. Detlev Garbe (Hamburg, Historiker), Peter Gingold (Bundessprecher VVN-BdA,
Sprecher Verband Deutscher in der Résistance/DRAFD), Kurt Goldstein (Berlin, Ehrenvorsitzender
des Internationalen Auschwitzkomitees), Dr. Rolf Gössner (Bremen, RA/Publizist, Präsident der Internationalen
Liga für Menschenrechte), Jürgen Grässlin
(Freiburg, Bundessprecher der DFG-VK), Hellmut G. Haasis (Reutlingen, Schriftsteller), Franz von Hammerstein (Berlin, Kurator Aktion
Sühnezeichen/Friedensdienste), Ulla JELPKE (Berlin, Publizistin), Wolfgang Kaleck (Rechtsanwalt, Vorsitzender des
Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins), Prof. Dr. Jörg Kammler (Osnabrück, Hochschullehrer
i.R.), Günter KNEBEL, Bremen (Geschäftsführer der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft
zur Betreuung der Kriegsdienstverweigerer/EAK), Helmut Kramer (Wolfenbüttel, Richter a.D.), Gerhard Leo (Berlin, Publizist und Mitglied der
franz. Résistance), Ernst Melis (Vorsitzender Verband Deutscher
in der Résistance/DRAFD), Prof. Dr. Manfred Messerschmidt
(Freiburg, Leitender Historiker a.D. Militärgeschichtliches Forschungsamt),
Gertrud Müller (Stuttgart,
Vizepräsidentin des Internationalen Ravensbrück-Komitees), Tobias Pflüger (Brüssel, parteiloses Mitglied
des europäischen Parlaments), Maren POESCHKE (Potsdam, Stadtverordnete Die Andere),
Frieder SCHÖBEL (Friedenszentrum Braunschweig), Dr. Martin Seckendorf (Berlin, Historiker),
Eckhart Spoo (Berlin, Herausgeber
der Zeitschrift Ossietzky), Prof. Dr. Peter Steinbach
(Berlin/Karlsruhe, Gedenkstätte Deutscher Widerstand), Rolf Surmann (Hamburg, Publizist), Prof. Dr.
Wolfram Wette (Waldkirch,
Historiker), Dr. Susanne Willems
(Berlin, Historikerin), Dr. Winfried Wolf
(Berlin, Publizist), Gerhard Zwerenz
(Schmitten/Taunus, Schriftsteller).
Zur Realisierung des Denkmals benötigen
wir 50.000 €. Ihre Spende ist herzlichst willkommen.
Bitte überweisen Sie auf
folgendes Konto:
Antimilitaristischer Förderverein
Mittelbrandenburgische Sparkasse, Konto 350 300 25 28, BLZ 160 500 00,
Stichwort Halbe.
(Zuwendungen sind im Sinne des § 10b des
Einkommensteuergesetzes absetzbar)
Initiative für ein Denkmal für die
Wehrmachtsdeserteure in Halbe, Lindenstr. 47, 14467 Potsdam
Tel.: 0331 - 237 03 83, Fax: 0331 - 237 02 72, halbe@antimilitaristischer-foerderverein.de,
http://www.deserteure-halbe.de
***
Die
Freunde der Gerechtigkeit für Mumia Abu-Jamal
Vor mehr als zwanzig Jahren, am 25. Mai 1983, verkündete
Richter Albert F. Sabo das Todesurteil gegen den afroamerikanischen
Journalisten Mumia Abu-Jamal:
Die Hinrichtung soll durchgeführt werden, indem eine
elektrische Stromladung durch Ihren Körper geleitet wird, deren Intensität ausreicht,
um zum Tod zu führen, und die Anwendung dieser Stromladung soll von solcher
Intensität und Stärke und von solcher Dauer sein, dass Sie Ihr Leben aushauchen
bzw. ihr Tod eintritt. Möge Gott in Seiner Unendlichen Weisheit Ihrer Seele
gnädig sein.
Abu-Jamal
wurde in den Todestrakt des US-Bundesstaates Pennsylvania verlegt und kämpft
seitdem für die Aufhebung des Geschworenenspruchs, der ihn des Mordes an einem
Polizeibeamten für schuldig befand und zum Tod verurteilte. Erst in den
neunziger Jahren wurden die skandalösen Umstände, unter denen dieses Urteil
zustande gekommen war, US-weit und international bekannt.
Der Fall Mumia Abu-Jamals wurde zum Symbol für die
tiefverwurzelten Ungerechtigkeiten im Justizsystem des mächtigsten Staates der
Welt, der Vereinigten Staaten von Amerika. Zudem kamen vor allem in den letzten
Jahren immer mehr neue Beweise ans Licht, die mit überwältigender Deutlichkeit
für Abu-Jamals Unschuld sprechen.
Zwar
wurde am 18. Dezember 2001 das Todesurteil gegen Abu-Jamal von einem
Bundesgericht vorläufig ausgesetzt – eine Berufung der Staatsanwaltschaft ist
anhängig – der Schuldspruch gegen ihn blieb jedoch bestehen, und nach wie vor
weigern sich sämtliche Gerichte, die massiven Beweise für seine Unschuld auch
nur anzuhören.
Jetzt,
wo der Fall Mumia Abu-Jamals in seine letzte und endgültige Phase vor einem
Bundesberufungsgericht der USA eintritt, verrinnt die Zeit für eine Korrektur
der vielen Ungerechtigkeiten in diesem Fall und für die Herstellung von Gerechtigkeit.
Es ist Zeit, zu handeln – und zwar JETZT!
Die
„Freunde der Gerechtigkeit für Mumia Abu-Jamal“ sind ein loser Zusammenschluss
von Menschen, die das Ziel verfolgen, Gerechtigkeit für Mumia Abu-Jamal
durchzusetzen. Die „Freunde“ konzentrieren sich auf den Fall Mumia Abu-Jamals,
weil 1) in ihm die vielen Ungerechtigkeiten des Strafjustizsystems der USA auf
besonders gravierende Weise zusammenkommen, 2) in diesem Fall die berechtigte
Befürchtung besteht, dass hier ein politischer Dissident endgültig zum
Schweigen gebracht werden soll, indem er hingerichtet wird, und 3) ein Unrecht
gegen einen von uns ein Unrecht gegen alle ist“.
In
diesem Geiste fordern die Freunde der Gerechtigkeit für Mumia Abu-Jamal
(FGMAJ), dass der verfassungswidrige Schuldspruch und das ebenfalls
verfassungswidrige Todesurteil gegen ihn aufgehoben werden, dass die Gerichte
die Beweise, und zwar sämtliche Beweise, in seinem Fall anhören, und dass er
entweder, nach mehr als zwei Jahrzehnten Haft, freigelassen wird oder ein neues
Verfahren bekommt, dessen Verfassungsmäßigkeit durch unabhängige Beobachter
garantiert wird.
Mitglied
der FGMAJ ist jede/r, der/die der Veröffentlichung seines bzw. ihres Namens zur
Unterstützung des vorliegenden Textes zustimmt. Die FGMAJ haben einen aus
einigen ihrer aktiveren und/oder prominenteren Mitgliedern bestehenden Beirat,
der dem Zusammenschluss in seinen Aktivitäten unterstützt und ihm dabei hilft,
größere Publizität zu gewinnen. Zu dem weiter oben skizzierten Zweck werden die
FGMAJ von Zeit zu Zeit Erklärungen herausgeben, die die Entwicklung des Falles
kommentieren. Diese unterliegen der Zustimmung durch die Mitglieder des
Beirats, und für sie soll dann größtmögliche Unterstützung in Form von
Unterschriften gewonnen werden.
Im Beirat u.a: Rolf
Gössner (RA/Liga)
Ich unterstütze diesen Text: Unterschrift
+ E-Mail-Adresse: .......................................................
Kontakt: Jakob Köllhofer,
Deutsch-Amerikanisches Institut, Sophienstraße 12, D-69115 Heidelberg, jjk@dai-heidelberg.de * Michael
Schiffmann, In der Neckarhelle 72, D-69118 Heidelberg, mikschiff@t-online.de
* Sabine Schubert, Kreutzigerstraße 11, 10247 Berlin, trillian2@freenet.de.
***
IRAK - STOPPT DIE
ESKALATION!
KEINE
UNTERSTÜTZUNG DER BESATZER DURCH DIE DEUTSCHE REGIERUNG
Der Krieg im
Irak ist noch lange nicht vorbei und ein Ende ist nicht in Sicht. Die Zahl der
Opfer unter der irakischen Bevölkerung - weit über 100.000 seit Beginn der
Invasion, zumeist Frauen und Kinder - steigt täglich, und die der Besatzungstruppen
auch. Die USA sind ganz offensichtlich nicht in der Lage, in dem Land, welches
sie unter der Vortäuschung falscher Tatsachen und unter Bruch des Völkerrechts
überfallen haben, Frieden und Demokratie herzustellen.
Die Besatzung
ist auch durch die Resolutionen des UN-Sicherheitsrats nicht rechtmäßig geworden.
Statt sie zu beenden und dem irakischen Volk die Organisation seiner
Gesellschaft selbst zu überlassen sowie die Mittel zur Beseitigung der angerichteten
Zerstörungen bereitzustellen, setzt die US-Regierung auf eine Marionettenregierung
und die militärische Vernichtung des Widerstandes. Dies wird eine weitere Eskalation
hervorrufen, die auch Wahlen unter US-amerikanischem Protektorat nicht beendet
können. Den USA und ihren Verbündeten sind in diesem Teil der Welt so wenige
Freunde verblieben, dass jede auf sie gestützte politische Organisation ohne jegliche
Legitimation bleiben wird und nur mit militärischer Unterstützung durch die USA
überleben kann.
Wir fordern die Regierung der Vereinigten Staaten auf, ihre Truppen ohne Bedingungen aus dem Irak abziehen und Wiedergutmachung für die angerichteten Schäden zu leisten. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass ihre Präsenz eine positiven Beitrag zur Stabilisierung der Region leisten könne. Im Gegenteil: Solange sie den Irak besetzt halten, wird der Widerstand anwachsen und Krieg und Vernichtung eskalieren.
Wir fordern die Bundesregierung auf die politische, ökonomische und militärische Unterstützung dieses Verbrechens unverzüglich zu beenden: Wirken Sie auf Ihre Verbündeten ein und bewegen Sie sie zum Rückzug ihrer Truppen aus dem Irak. Gewähren sie Asyl all jenen Soldaten, die sich weigern, im Irak Krieg zu führen.
Bis dieser Rückzug bewerkstelligt ist, bekräftigen wir, dass wir uns mit allen uns zur Verfügung stehenden friedlichen und legalen Mitteln gegen
jeden Versuch wenden werden, den irakischen
Widerstand durch eine Militäreskalation niederzuschlagen, wie es während des
Vietnam-Krieges mit dem vietnamesischen Widerstand versucht wurde (Aufruf-Entwurf:
Prof. Dr. Norman Paech)
Der Aufruf wird u.a. vom Bundesausschuss Friedensratschlag
und von der Internationalen Liga für Menschenrechte unterstützt.
***
Bitte beachten Sie diesen Aufruf, den wir im Liga-Report
2/2004, S. 27 f. abgedruckt haben.
Wer
an einer Mitarbeit interessiert ist oder den Aufruf unterzeichnen möchte, melde
sich bitte.
Kontaktadressen: frikomail@freenet.de; laurawimmersperg@t-online.de
Termine – Veranstaltungen
Jeden
letzten Donnerstag im Monat findet jeweils um 19 Uhr im Haus der Demokratie u.
Menschenrechte Berlin, Robert-Havemann-Saal, Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin,
eine
„Republikanische
Vesper“
statt –
mit Wein/Wasser/Käse/Brot.
Veranstalter:
„Ossietzky“
, Internationale Liga für Menschenrechte, Humanistische Union
Am
Donnerstag, 25. November 2004, 19 Uhr
zum Thema:
„Selbstbestimmtes
und humanes Sterben“
mit Benno Bolze (Vors. LAG Hospiz Berlin),
Dr. Thomas Jehser (Stationsarzt)
Prof. Dr. Rosemarie Will, Stellv. Vors. der HU
Sehenswerte Ausstellungen:
Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Stauffenbergstraße:
“Warschau
– Hauptstadt der Freiheit“
Der Warschauer Aufstand
August bis Oktober 1944
Ausstellung vom 4.10.2004 bis 30. Juni 2005. Eintritt frei.
Martin Gropius-Bau:
„Auschwitz-Prozess 4 Ks 2/63, Frankfurt am Main“
Eine ausführliche Dokumentation des
Auschwitz-Prozesses 1963 bis 1965; Dokumente des gesamten Prozessverlaufs, auf
denen „Die Ermittlung“ von Peter Weiß beruhen, zum Hören und Sehen, vor allem
zum Lesen.
Ausstellung des Fritz-Bauer-Instituts in
Kooperation mit mehreren Institutionen, u.a. Topographie des Terrors und Bundeszentrale
für Politische Bildung.
26.10. bis 19.12.2004, täglich 10 bis 20
Uhr, Dienstags
geschlossen. Eintritt: 4 €.
Film- und
Vortragsreihe zur Ausstellung im Martin-Gropius-Bau (bitte dort Programm
anfordern), u.a.
Donnerstag,
2. Dezember, 20.00 Uhr
Vortrag und Diskussion
Die Geschichte der Straflosigkeit von NS-Verbrechen, Prof. Dr. Ingo Müller, Bremen.
Moderation: Hannes Honecker, Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein, Berlin
Gedenkstätte Sachsenhausen:
Eröffnung der Ausstellung in den
Krankenbaracken zu den medizinischen Versuchen und Morden im KZ
Sonntag, 7.11.2004, 13 Uhr.
Die Gedenkstätte ist geöffnet von 9 bis 16.30 h, nicht Montags. Eintritt frei.
Die
Fakten sind bekannt : Das Neubauprojekt Zumthor ist nach rund 25 Jahren am
Nullpunkt gelandet, der Stiftung und dem Steuerzahler ein Millionenschaden
entstanden.
Der internationale Beirat
hat kürzlich ein Positionspapier für den Neubeginn begrüßen und absegnen
können, dazu die Prognosen für den Mindest-Raumbedarf, womit die
Voraussetzungen für eine neuerliche Ausschreibung gegeben sind. Für Gestaltung
und Inhalt der Ausstellung soll nunmehr die Stiftung, nicht jedoch Architekt
und Baubehörden zuständig sein; keine Entscheidung soll gegen das Votum der
Stiftung Topographie des Terrors getroffen werden können. Das Gelände soll wieder
zugänglich gemacht, die marmorweißen Treppentürme noch im Herbst 2004
abgerissen werden. Die open-air-Ausstellung im Graben wird weiter bestehen für
die rund 300.000 Besucher jährlich. Lotto-Mittel sind für die Ausstellung
„Hausgefängnis“ beantragt. Die nochmalige Präsentation der Ausstellung „Berlin
1945“ ist für den 8. Mai 2005 aktuell vorausgeplant, voraussichtlich in der
Zitadelle Spandau. Ein Neubaubeginn nach erfolgter Neuausschreibung ist etwa
2008 denkbar. Die Jury steht noch nicht fest.... (Marianne Reiff-Hundt)
Veranstaltungen
27.11.2004 "Kinder auf der Flucht"
Internationale Kinderrechte durchsetzen! Symposium von 10.00h bis -17.00h
in der Uni Hamburg (Philosophenturm, Von-Melle-Park 6, und Hauptgebäude/West,
Edmund-Siemers-Allee 1, Nähe Bahnhof Dammtor, Tel.: 040/ 30620 342),
Veranstalter: u.a. Flüchtlingsräte Hamburg und Schleswig-Holstein
Veranstaltungen mit
Rolf Gössner
November
2004
16.11., 19.30 h in Oldenburg, Berufsverbote
kehren zurück (IGS oder Alhambra)
18.11., 19.30 h in Verden, Berufsverbote kehren
zurück (Öko-Zentrum)
23.11., 18.00 h in Berlin, Die vergessenen
Justizopfer des Kalten Kriegs – mit Betroffenen und Zeitzeugen, MedienGalerie
im Haus der Buchdrucker, Dudenstr.
24.11., 18.00 h in Münster, EU: Überwachung
ohne Grenzen? Fachhochschule, Frauenstr. 24.
Dezember 2004
02.12., 19.00 h in Hamburg, Zwischen
Verharmlosung und Überreaktion? Zum staatlichen Umgang mit Neonazismus und
rechter Gewalt, HWP/Uni
04.12., 14.00 h in Kassel, „Innere Sicherheit“
im permanentem Ausnahmezustand, Veranstaltung während des 11. Friedensratschlags,
Uni, Wilhelmshöher Allee 73
12.12., 11.00 h in Berlin,
Einführungsrede zur Verleihung der Carl-von-Ossietzky-Medaillen an Percy
MacLean, Esther Bejarano, Peter Gingold, Martin Löwenberg im Haus der Kulturen
der Welt.
Literaturhinweise
Jahrbuch
Menschenrechte. Schwerpunkt:
Frauenrechte durchsetzen
Frankfurt/M. 2004, 400 Seiten, 11 €
Knaur-Taschenbuch,
München 2004 (311 S., 12,90 €)
Widerstand
in Berlin gegen das NS-Regime 1933 bis 1945. Ein biographisches Lexikon, 10 Bände. Herausgeber/Autoren: M.
Baricelli, L. Berthold, H.J. Fieber, K. Keim, R. Mounajed, O. Reschke und G.
Wehner, trafo-verlag, Berlin, Einzelband 30 €, Gesamtpreis 250 €.
Ein
über Jahre zusammengetragenes Nachschlagewerk mit allen Facetten des
Widerstands in Berlin; zwar nicht fehlerfrei und lückenlos, jedoch eine
Fundgrube für bislang Versäumtes.
Karl
Heinz Roth, Angelika Ebbinghaus,
Rote Kapellen - Kreisauer Kreise -
Schwarze Kapellen, Neue Sichtweisen
auf den Widerstand
gegen die NS - Diktatur, VSA 1994.
ProAsyl
aktuell: Asyllager in Nordafrika? ProAsyl
warnt vor dem größten Angriff auf das Asylrecht seit der Grundrechtsänderung,
Frankfurt/M., Sept. 2004 (ProAsyl, Pf. 160624, 60069 Frankfurt/M. Internet: www.proasyl.de. Email: proasyl@proasyl.de
Das Buch
zum Perspektiven-Kongress ist im VSA-Verlag, Hamburg erschienen:
Tagungsband
zum Perspektivenkongress. 9,80 €.
Bestellungen:
: gerd.siebecke@vsa-verlag.de.
Hrg. Komitee für Grundrechte und Demokratie,
Aquinostr. 7-11, 50670 Köln
Nachträglich Sicherungsverwahrung
Oder: Wie Freiheit und Integrität der Bürgerinnen und Bürger
präventiv/präemptiv zu Tode gesichert werden (5 €)
Hrg. Komitee für Grundrechte und Demokratie,
Aquinostr. 7-11, 50670 Köln
Bürgerrechte & Polizei 2/2004: Geheimdienste im Aufwind?
Verlag Cilip, Malteserstr. 74-100, 12249 Berlin, info@cilip.de; www.cilip.de
Geheim: Die Gesichter der Folterer
Täter, Opfer – Methoden in Spanien, USA, Irak und Afghanistan
Postfach 270324, 50509 Köln, Redaktion-geheim@geheim-magazin.de;
www.geheim-magazin.de
In Deutschland Schutz gesucht: Kinder in
Abschiebungshaft; Infoblatt (4 S);
Hrsg.: Förderverein PRO ASYL e.V., Interkultureller Rat in Deutschland e.V.,
Postfach 160624, 60069 Frankfurt/Main, Tel.: 069/ 236088, Fax- 236050, www.proasyl.de
Jörg
Alt: Auswirkungen des neuen Zuwanderungsgesetzes auf den Problemkomplex
Illegalität, August 2004, erhältlich
als 3-seitige Zusammenfassung oder 32-seitiges Original in Internet unter http://www.joerg-alt.de
Bayerischer Flüchtlingsrat: infodienst 03-Juli/ August
2004: Europa macht die Schotten dicht; Hrsg.: Förderverein Bayerischer Flüchtlingsrat e.V.,
Augsburger Strasse 13, 80337 München, Tel.: 089/ 76 22 34, Fax: - 76 22 36, bfr@ibu.de
Bernhard Schäfer: “Die Individualbeschwerde nach dem Fakultativprotokoll zum
Zivilpakt”; Ein Handbuch für die Praxis, Hg.: Deutsches Institut für
Menschenrechte, Zimmerstrasse 26/27, 10969 Berlin, Tel.: 030/2593590, Fax: -59,
info@institut-fuer-menschenrechte.de,
www.institut-fuer-menschenrechte.de,
April 2004
Hubert Heinhold, Georg Classen: Das Zuwanderungsgesetz
– Hinweise für die Flüchtlings-sozialarbeit, Hrsg.: Informationsverbund Asyl/ZDWF e.V., Verlag IBIS e.V.,
Alexanderstrasse 48, 26121 Oldenburg, Tel.: 0441-884016, Fax: 9849606, IBISeV.OL@t-online.de
Ausländerrecht 2005, aktuelle Gesetzestexte, Kurzinfos, Übersichten, Stichwortverzeichnis,
Ariadne – Buchdienst, Kiefernweg 13, 76149 Karlsruhe, Fax: 0721-788370, info@Ariadne.de, Bestell-Nr. 0-440
Dokumentation zur Verleihung der Ossietzky-Medaille 2003 ist über das Liga-Büro zu erhalten - mit der Eröffnungsrede
von Rolf Gössner, der Laudatio von Eberhard Radczuweit, den Dankesreden von
Gerit von Leitner sowie von Benedikt Schirge und Annemarie Friedrich für die
Bürgerinitiative „Freie Heide“. Zu beziehen über das Liga-Büro (ab Dezember).
Veröffentlichungen
von und Interviews mit Rolf Gössner (Auswahl seit August 2004)
Der
gläserne Passagier ist der Willkür ausgeliefert. Der skandalöse Transfer
sensibler Fluggastdaten an US-Sicherheitsbehörden verstößt gegen Bürgerrechte
und europäischen Datenschutz, in: FRANKFURTER RUNDSCHAU vom 18.08.2004;
GEHEIM 3/2004, S. 4.
Bürgerrechte
in Terrorzeiten (ND-Kolumne „Brüsseler Spitzen“), in: NEUES DEUTSCHLAND
vom 17.09.2004 (Europa-Seite).
Die Berufsverbote kehren zurück, in: OSSIETZKY
19/2004, S. 653 ff.; GEHEIM 3/2004, S. 7 f.
Verantwortlichkeit
im Internet – Zum (straf-) rechtlichen Risiko beim Betreiben einer interaktiven
Website, in: FIfF-KOMMUNIKATION 3/04, S. 11 ff.
Vor 20 Jahren Plakate geklebt. Berufsverbote: Kehrt
mit den „Antiterror“-Gesetzen ein tot geglaubter Geist zurück? In: FREITAG 42
v. 8.10.2004.
Bürgerrechtswidriger
Zustand – zu Meisterzwang und Kriminalisierung von Handwerkern, in: FREIBRIEF
– Zeitung für Existenzgründung, Berufs- und Gewerbefreiheit im Handwerk 2/2004,
S. 7.
Gläserne Leistungsempfänger. Die Bundesagentur für
Arbeit verstößt mit ihren Fragebögen zum Arbeitslosengeld II massiv gegen den
Sozialdatenschutz, in: FRANKFURTER RUNDSCHAU vom 30.10.04.
Verfolgung Unschuldiger, in: FREITAG v.
5.11.2004
Hintergrund: „Bürgerrechte als Hemmnisse
?" IZ-Serie "Begegnungen": Rolf Gössner, Vorsitzender der
Internationalen Liga für Menschenrechte; in: ISLAMISCHE ZEITUNG vom
08.08.2004.
„Ein weites Feld für Informanten und
Denunzianten“. Bremer Anwalt Rolf Gössner kritisiert Korruptionsbekämpfung per
Internet als höchst problematisch, in: WESER-KURIER vom 13.09.2004
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Menschenrechte,
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030 – 396 21 47;
Mail: vorstand@ilmr.org;
Internet: www.ilmr.org
Redaktion
3/2004: Dr. Rolf
Gössner, Kilian Stein. Mitarbeit: Lore Kujawa, Marinanne Reiff-Hundt. ViSdP:
Kilian Stein.
Spenden bitte an: Bank für Sozialwirtschaft,
Konto 33 17 100; BLZ 100 205 00