Aktionsbündnis Rhein-Main gegen Abschiebung

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Pressemitteilung 11. Januar 2006

Frankfurter Flughafen: Öffentlicher Raum oder Privatbesitz?

Entscheidung vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe am 20. Januar 2006

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe wird am 20. Januar 2006 darüber verhandeln, ob das Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit auch am Flughafen gilt. Der bevor-stehenden Entscheidung ging die Klage einer Abschiebegegnerin aus Frankfurt gegen ein vom privaten Flughafenbetreiber Fraport verhängtes Hausverbot voraus. Das Hausverbot wurde erteilt, als die Abschiebegegnerin Informationen über eine bevorstehende Ab-schiebung an den betreffenden Piloten weitergeben wollte und Handzettel an die Fluggäste verteilte.

Am 20. Mai 2005 hatte das Frankfurter Landgericht dieses Hausverbot für rechtens er-klärt und damit ein vorausgegangenes Urteil des Amtsgerichts bestätigt. Der Flughafen unterliege nicht der Grundrechtsbindung und so müsse die Fraport auch keine Proteste gegen Abschiebungen zulassen, so die Begründung des Landgerichts.

Die Klägerin, Mitglied des Aktionsbündnisses gegen Abschiebung, legte gegen dieses Ur-teil Revision vor dem Bundesgerichtshof ein.

Der Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte, Publizist und Rechtsanwalt Dr. Rolf Gössner wird der Verhandlung als Prozessbeobachter beiwohnen und den Fall begleiten, denn so Rolf Gössner: "Es geht um die Grundsatzfrage: Ist es mit den Prinzi-pien einer rechtsstaatlich verfassten Demokratie vereinbar, dass öffentlicher Raum in Privatbesitz umdefiniert wird, wo dann elementare Grundrechte drastisch eingeschränkt, ja regelrecht suspendiert werden können? Darf sich eine Demokratie solche grundrechtsfreien Räume leisten - zumal, wenn in diesen hoheitliche Aufgaben wahrgenommen werden?"

Wie wichtig und legitim Proteste vor Ort sind, hatten zuletzt die Aktionen gegen die Ab-schiebung der Iranerin Zarah Kameli im Februar 2005 gezeigt, die nach der Verhinderung ihrer Abschiebung ein Bleiberecht in Deutschland erhalten hatte.

Dazu erklärte Heiko Kauffmann, PRO ASYL- Vorstandsmitglied und Erstunterzeichner des Aufrufs: "Die Abschiebepraxis am Flughafen verstößt immer wieder eklatant gegen die Menschenwürde von Flüchtlingen: Flüchtlinge werden im Gewahrsam der Bundespolizei schikaniert und misshandelt; sie werden gefesselt und geknebelt zu Abschiebeflügen getragen; immer wieder versuchen im Flughafenverfahren befindliche Flüchtlinge, sich aus Verzweiflung das Leben zu nehmen oder kommen bei der Abschiebung zu Tode. Täglich werden Menschen in Angst und Verzweiflung gestürzt, weil sie von Frankfurt aus - dem größten Abschiebeflughafen Deutschlands - in potentielle Verfolgerstaaten abgeschoben werden.

Dies alles geschieht in einer behördlichen Grauzone, in der Flüchtlinge hilflos, allein und ohnmächtig staatlicher Macht ausgeliefert sind.

Die Skandalisierung dieser täglichen Verletzung der Menschenwürde und der engagierte Protest dagegen gehören zu den wichtigsten Aufgaben der Zivilgesellschaft und einer demokratischen Öffentlichkeit!"

Am Freitag, den 20.1.2006 um 9.00 Uhr wird jetzt vor dem Bundesgerichtshof in Karls-ruhe verhandelt werden, ob das Urteil des Landgerichts Frankfurt Bestand hat.

Eine Bestätigung des Urteils würde es der Fraport und somit auch der Lufthansa und an-deren Fluggesellschaften erlauben, die Meinungs- und Versammlungsfreiheit aus dem Flughafengelände auszuschließen und es somit unmöglich machen, vor Ort gegen staatli-che Abschiebemaßnahmen und die geschäftsmäßige Beteiligung von Fluggesellschaften daran zu protestieren. Die Fraport versucht damit nicht nur AbschiebegegnerInnen abzu-schrecken, sondern wichtige Proteste zu kriminalisieren.

Eine andere Auffassung als das Landgericht Frankfurt vertrat übrigens im März 2003 der Hessische Verwaltungsgerichtshof in einem Beschluss zu Versammlungen gegen den Irak-Krieg am Frankfurter Flughafen. Eine Aktiengesellschaft, die wie die Fraport AG mehrheitlich von der öffentlichen Hand betrieben wird, unterliege der Grundrechtsbin-dung aus Art. 8 des Grundgesetzes, so der Hess. VGH.

Eine große Anzahl von Bürgerinitiativen, Menschenrechtsorganisationen und Einzelpersonen hat bisher einen Aufruf des Aktionsbündnisses unterzeichnet (siehe Anhang).

Verhandlung am Bundesgerichtshof

Freitag, den 20.01.2006 um 9.00 Uhr Saal N004 Herrenstr.45 a, in Karlsruhe

Mit freundlichen Grüßen  Julia Kümmel

für das Aktionsbündnis Rhein-Main

Email: aktionsbuendnis-rm@web.de

Weitere Informationen (Urteil des Landgerichts, Stellungnahmen, Presseartikel, Prozess-erklärung u.a.) finden Sie unter: www.aktivgegenabschiebung.de/hausverbot.html