14. März 2007
Internationale Liga für
Menschenrechte (Berlin):
Bürgerrechtsorganisationen zeigen sich erleichtert
über Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg
Prozessbeobachter Rolf Gössner:
„Dieses Urteil ist eine schallende Ohrfeige für die baden-württembergische
Kultusbürokratie und das Verwaltungsgericht Karlsruhe. Und ein Signal gegen
Versuche, die Berufsverbotspraxis vergangener Jahrzehnte wiederzubeleben.“
Mit Erleichterung reagieren die drei Bürgerrechtsorganisationen, die das gerichtliche Berufsverbotsverfahren von Anfang an beobachtet haben, auf die heutige Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Baden-Württemberg. Mit seinem Urteil hat der VGH den Bescheid des Oberschulamtes aus dem Jahre 2004 aufgehoben, mit dem dem Heidelberger Lehramtsbewerber Michael Csaszkoczy die Einstellung in den öffentlichen Schuldienst verwehrt worden war. Auch das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, das dieses Berufsverbot mit einer illiberalen, staatsautoritären Diktion gerichtlich absegnete, wird damit entsprechend abgeändert.
Liga-Präsident Dr. Rolf
Gössner, der im Auftrag der Internationalen Liga für Menschenrechte, des
Komitees für Grundrechte und Demokratie und des Republikanischen
Anwältinnen- und Anwaltsvereins den Prozess beobachtet hat, zu dem Urteil: „Der
VGH hat dem Oberschulamt in aller Deutlichkeit attestiert, Michael Csaszkoczy
zu Unrecht die Einstellung in den Schuldienst des Landes wegen Zweifeln an
seiner Verfassungstreue verweigert zu haben. Das Berufungsgericht wirft der
Behörde letztlich Einseitigkeit und Unfähigkeit bei der Würdigung von
Sachverhalt und Person des Klägers vor.“
So bemängelt der VGH, dass das Oberschulamt wesentliche Beurteilungselemente, wie etwa das Verhalten des Klägers im Vorbereitungsdienst, nicht hinreichend berücksichtigt habe. Das Amt sei „den Anforderungen an eine sorgfältige und vollständige Würdigung des Sachverhalts und der Person des Klägers nicht gerecht geworden“, heißt es in der Verlautbarung des VGH. Die dem engagierten Antifaschisten von der Behörde vorgehaltene „Sündenliste“, die vom Verfassungsschutz des Landes zusammengestellt worden war, sei „nicht geeignet, die Annahme mangelnder Verfassungstreue zu rechtfertigen“ – schließlich handelte es sich dabei ausschließlich um die Wahrnehmung verfassungsrechtlich verbriefter Grundrechte.
Die Bürgerrechtsorganisationen werten dieses Urteil
als eine „schallende Ohrfeige für die baden-württembergische Kultusbürokratie
und das Verwaltungsgericht Karlsruhe - und als Signal gegen Versuche, die
Berufsverbotspraxis vergangener Jahrzehnte wiederzubeleben.“
Jetzt ist das Land Baden-Württemberg am Zug, das dazu verurteilt wurde, den Antrag des Klägers auf Einstellung in den öffentlichen Schuldienst unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Rolf Gössner: „Damit ist die Hoffnung verbunden, dass nicht noch einmal aus Gesinnungsgründen mit der Lebenszeit von Michael Csaszkoczy so schamlos gespielt wird.“