-Report   2/2003

Informationsbrief der INTERNATIONALEN LIGA FÜR MENSCHENRECHTEBerlin, im November 2003

 

 Inhalt

Einleitung von Rolf Gössner .......................... 1

Das absolute Verbot von Folter
darf nicht fallen
(Kilian Stein) ....................... 2

Folterdebatte: Bürgerrechtsorganisationen
wenden sich an Europarat und UN .................. 3

„Die Würde des Menschen ist antastbar“ ... 5

Aktionstag gegen Abschiebehaft 2003 ......... 6

Fanal ohne Wirkung?
Rede von Rolf Gössner
am Mahnmal von Kemal Altun ..................... 7

Können wir aus der Geschichte lernen?
Veranstaltung von Ossietzky und
Internationaler Liga für Menschenrechte
.......10

Sinti und Roma-Mahnmal (Katrin Oeser) ... 11

Nicht in unserem Namen!
Jüdische Stimme für gerechten Frieden
in Nahost – BR Deutschland ...........................12

Frieden und Gerechtigkeit
in Palästina und in Israel sind möglich!
..... 13

„Eine-Welt-Ausschuss“ (Bericht) ................ 13

Anti-Diskriminierungsgesetz ....................... 14

BigBrotherAwards 2003: Die Preisträger  ..  16

Der „Verfassungsschutz“
und seine „Geheimen Informanten“
........... 18

Carl-von-Ossietzky-Medaille 2003
an die Bürgerinitiative „Freie Heide“
und die Publizistin Dr. Gerit von Leitner ........19

Veranstaltungen/Literaturhinweise ............ 20

Impressum ....................................................... Schluss

 

An die Mitglieder und Freunde der
„Internationalen Liga für Menschenrechte“

 

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

vor Ihnen liegt nun der zweite Informationsbrief in diesem Jahr. Wir haben ihn von „Liga-intern“ in „Liga-Report“ umbenannt, weil wir die Informationen nicht nur intern verbreiten, sondern auch nach außen an die Öffentlichkeit weitergeben wollen.

Wie Sie sehen, hat die Liga in den vergangenen Monaten etliche Aktivitäten und Initiativen gestartet, die sich auch in den Medien widerspiegelten. Dazu gehört etwa unser Brief in Sachen Folterdebatte an die Antifolterkomitees in Europa und auf UN-Ebene. Eine erste Reaktion finden Sie auf den nächsten Seiten. Dazu gehört auch unsere erstmalige Beteiligung am „Überwachungs-Oscar“ „BigBrotherAward“, der Ende Oktober an verschiedene Institution vergeben wurde, die die Privatsphäre und den Datenschutz missachten. Die Verleihung dieses Negativpreises, der nun zum vierten Mal vergeben worden ist, hat in den Medien viel Beachtung gefunden. Damit widmen wir uns verstärkt den bürgerrechtlichen Problemen der modernen Informationsgesellschaft, die sich in weiten Bereichen zu einer Überwachungsgesellschaft zu entwickeln droht. Der Datenschutz und die Informationelle Selbstbestimmung kommen dabei immer mehr in die Defensive. Dieser Entwicklung wollen wir – unter anderem mit unserer Beteiligung am „Big BrotherAward“ – entgegenwirken.

An dieser Stelle möchte ich noch auf die Verleihung eines Positivpreises erinnern: an die Carl-von-Ossietzky-Medaille, die von der Liga jedes Jahr zum Tag der Menschenrechte an Personen und Gruppen vergeben wird, die sich um Verteidigung, Durchsetzung und Fortentwicklung der Menschenrechte und des Friedens besonders verdient gemacht haben. Dieses Jahr geht die Medaille an die Bürgerinitiative Freie Heide und an die Wissenschaftspublizistin Gerit von Leitner. Die Verleihung findet am Sonntag, den 14. Dezember 2003 ab 11 Uhr im Berliner Haus der Kulturen statt. Sie sind herzlich dazu eingeladen (s. Kasten auf S. 3).

In den Bereichen Antirassismus, Flüchtlingspolitik und in der Auseinandersetzung um den Israel-Palästina-Konflikt haben die Liga und ihre Mitglieder zahlreiche Initiativen gestartet. Einige davon werden in diesem Liga-Report dokumentiert.

Künftig soll die Verfassungs- und Demokratiedebatte in der Bundesrepublik sowie auf EU-Ebene ein Schwerpunkt der Liga-Arbeit sein. Die Auseinandersetzung mit dieser Debatte scheint uns zur Zeit besonders wichtig – angesichts diverser Versuche der Demontage bürgerrechtlicher und rechtsstaatlicher Prinzipien und sozialer Rechte sowie angesichts von Tendenzen einer Militarisierung der Außenpolitik und der Missachtung des Völkerrechts.

 

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

liebe Freundinnen und Freunde,

in unserem gemeinsamen Kampf für Frieden und Menschenrechte baue ich weiter auf ihre aktive Unterstützung. Ich bitte Sie auch dieses Mal eindringlich, die Liga – wenn es irgend machbar ist – mit Spenden zu unterstützen, weil eine aktive und unabhängige Menschenrechtsvereinigung auf ein gewisses Geldpolster angewiesen ist, das uns leider nach wie vor fehlt.

Ich wünsche Ihnen und der Liga eine produktive und erfolgreiche Arbeit in diesen schwierigen Zeiten voller menschenrechtlicher Herausforderungen, eine geruhsame Weihnachtszeit und schon jetzt einen guten Start ins neue Jahr.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr Rolf Gössner

Bremen/Berlin, im November 2003

 

Für direkte Kontakte:

Email: goessner@uni-bremen.de

Internet: www.rolf-goessner.de

 

 

Tag der Menschenrechte 2003

 

Verleihung der
Carl-von-Ossietzky-Medaille

an

Bürgerinitiative FREIe HEIDe

und Gerit von Leitner

für ihren Kampf gegen Militarisierung,
Krieg und Rüstungsinteressen.

Die Bürgerinitiative Freie Heide, Teil der Friedensbewegung, wehrt sich seit mehr als zehn Jahren gegen die militärische Nutzung des "Bombodrom", von der sowjetischen Armee vierzig Jahre als Bombenabwurfgelände genutzt und nun von Bundeswehr und NATO für Tiefflüge und Bombardierungen beansprucht.

Die Historikerin und Publizistin Dr. Gerit von Leitner appelliert an die Verantwortlichkeit von Naturwissenschaftlern und Technikern, sich der Arbeit zur Vorbereitung der Kriegsführung zu verweigern.

Sonntag, 14. Dezember 2003, 11.00 Uhr
- Einlass ab 10.00 Uhr -

Haus der Kulturen der Welt
(Kongresshalle), John-Foster-Dulles-Allee 10, Berlin-Tiergarten (Bus 100)

Eröffnung:

Dr. Rolf Gössner
Präsident der Internationalen Liga
für Menschenrechte

Es wirken mit:
Schülerinnen und Schüler der Carl–v.–Ossietzky–Gesamtschule Kreuzberg

Laudatio: Eberhard Radczuweit

Musikalische Umrahmung

Kostenbeitrag 5,- €, (erm. 3,- €)
Karten an der Tageskasse


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Das absolute Verbot
von Folter darf nicht fallen

Im Rundbrief („Liga-intern“) 1/2003 haben wir über die Absicht der Liga berichtet, zusammen mit der Humanistischen Union, der Gustav-Heinemann-Initiative und dem Komitee für Grundrechte und Demokratie gegen die drohende Relativierung des Verbots von Folter initiativ zu werden. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass sich dieses Problem erledigt hätte. Im Gegenteil. In der Neukommentierung des einflussreichen Kom­mentars zum Grundgesetz von Maunz/Dürig zu Art.1 wird erstmals, und zum ersten Mal überhaupt in einem Kommentar zum Grundgesetz, die Zulässigkeit von Folter unter bestimmten Bedingungen bejaht. Wenn sich das durchsetzte, wäre das bisher zentrale juristische Argument, die Absolutheit des Folterverbotes (siehe den Beitrag „Wieder Folter in Deutschland?“ im letzten Rundbrief), in der Praxis nicht mehr anerkannt. Dazu darf es nicht kommen.

Dem noch immer im Stadium der Ermittlungen befindlichen Verfahren gegen den Polizeivize­präsidenten von Frankfurt a.M. Wolfgang Daschner wegen Aussagenerpressung kommt eine besondere Bedeutung zu. Es kann zu einem Pilotverfahren für die partielle Zulassung von Folter werden, aber auch das absolute Verbot von Folter bekräftigen. Gemeinsam mit den uns nahestehenden Bürgerrechtsorganisationen haben wir deshalb Schreiben an das Europäische Komitee für die Verhinderung von Folter und entwürdigender Behandlung oder Bestragung und das Komitee gegen Folter bei der UNO gerichtet und diese in einer Presserklärung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Wir haben angeregt, dass sich die Komitees den Strafanzeigen gegen Daschner anschließen  und die Bundesministerin für Justiz öffentlich auffordern, sich jenen Tendenzen energisch entgegenzustellen. Nachfolgend das Schrei­ben an das UNO-Komitee.

 

Seite 3: Schreiben an die Antifolterkommitees:

Gustav Heinemann-Initiative (Bad Nauheim)

Humanistische Union (Berlin)

Internationale Liga f. Menschenrechte  (Berlin)

Komitee für Demokratie + Grundrechte (Köln)

Folterdebatte
Bürgerrechtsorganisationen
wenden sich an Europarat
und Vereinte Nationen

 

Presseerklärung

Die nicht abreißende öffentliche Debatte über eine  Zulassung der Folter in der Bundesrepublik Deutschland hat uns bewogen, uns an die beim Europarat bzw. bei den Vereinten Nationen angesiedelten Komitees gegen Folter mit der Bitte zu wenden, sich mit der Angelegenheit zu befassen und ihre völkerrechtlich legitimierte Autorität gegen eine Wiedereinführung von Folter geltend zu machen. Wir haben angeregt, dass sich die  Komitees den Strafanzeigen gegen den Vizepräsidenten der Polizei in Frankfurt a.M., Wolfgang Daschner, wegen Aussageerpressung anschließen.

An die Präsidentin des Europäischen Komitees für die Verhinderung von Folter und Inhumaner oder entwürdigender Behandlung oder Bestrafung (ECPT) sowie an das Komitee gegen Folter bei den Vereinten Nationen (CAT)

Nachfolgend dokumentieren wir das Schreiben an die Präsidentin des ECPT.

 

Miss Sylvia Casale,

President of the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (ECPT)

                                                                                                          Berlin, den 6.August 2003

Dear Miss Casale,

wir wenden uns an Sie wegen einiger Ereignisse und Debatten in der Bundesrepublik Deutschland, die uns mit großer Sorge erfüllen. Wir beziehen uns dabei auf einen Fall praktizierter Androhung von Foltermaßnahmen und die daraufhin einsetzende breite und weiterhin anhaltende öffentliche Diskussion um eine Legitimierung und Legalisierung von Folter.

Ausgelöst wurde die Diskussion durch Wolfgang Daschner, Vizepräsident der Frankfurter Polizei. Daschner hat im Oktober letzten Jahres die Anweisung gegeben, Markus Gäfgen, den mutmaßlichen Mörder eines elfjährigen Entführungsopfers, mit massiver körperlicher Gewalt zu drohen, um eine Aussage über den Verbleib des Jungen zu erzwingen. Ein Arzt sollte zu diesem Zweck hinzugezogen werden. So ist es einem minutiösen Aktenvermerk Daschners zu entnehmen. Der Prozeß  gegen Gäfgen ist in erster Instanz abgeschlossen. In der mündlichen Urteilsbegründung hat der Vorsitzende der Strafkammer des Landgerichts Frankfurt a. M. hervorgehoben, dass dem Rechtsstaat schwer geschadet worden sei, wenn die Vorwürfe gegen die Polizei zutreffen (Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 29.7. 2003). Trotz der klaren Rechtslage gibt es in Sachen Folterandrohung durch Daschner aber noch kein strafrechtliches Ergebnis. Daschner steht ungeachtet des schweren Vorwurfs – es geht immerhin um ein Verbrechen – weiterhin an der Spitze der Frankfurter Polizei.

   Ausgehend von der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen (VN) von 1948 und der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten von 1950 ist das absolute, keine Ausnahmen kennende Verbot der Folter durch die Anti-Folterkonvention der VN von 1984 und die der Mitgliedsstaaten des Europarates von 1987 zu einem festen Bestandteil des geschriebenen und vertraglichen Völkerrechts geworden. Es ist zu erwarten, dass dieses Verbot wiederum bestätigt wird, wenn der Ministerrat der Europäischen Union (EU) den von der Europäischen Kommission vorgelegten Entwurf einer Richtlinie annimmt, die den offenbar auch aus Ländern der EU betriebenen schwunghaften Handel mit Folterinstrumenten einschränken soll.

   Von der Bundesrepublik lässt sich sagen, dass sie sich bislang sowohl in ihrer Gesetzgebung als auch faktisch zur völkerrechtlichen Ächtung der Folter bekennt. Eine Aufweichung des Verbots der Folter war bislang in der öffentlichen Diskussion fast ein Tabuthema – das hat sich auch im Zusammenhang mit den Isolationshaftbedingungen für einige des “Terrorismus” verdächtige Gefangene in den 70er und 80er Jahren gezeigt. Motto: “Was nicht sein darf, auch nicht sein kann.” Seit den Frankfurter Ereignissen ist dieses Tabu gebrochen, wird offen über die Anwendung von Folter debattiert – eine öffentliche Debatte, die mehr und mehr den Charakter einer Kampagne annimmt.

   Wolfgang Daschner, der Vizepräsident der Polizei in Frankfurt a.M., steht zu der von ihm begangenen Aussageerpressung. Er wird dabei von dem Polizeipräsidenten von Frankfurt ge­deckt, der das Verhalten seines Stellvertreters “in vollem Umfang” billigt. Beim hessischen Mini­sterpräsidenten Roland Koch findet Daschner Verständnis. Und die Hälfte oder je nach Umfrage auch zwei Drittel der Bevölkerung halten Folter in bestimmten Fällen für legitim, ein besonders alarmierender Umstand. Wenn die Behauptung des Journalisten Heribert Prantl (Süddeutsche Zeitung vom 10.3.2003) zutrifft, denken auch Richter der obersten Gerichtshöfe in Karlsruhe über eine Aufweichung des Folterverbotes nach. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (Ausgabe vom 11.4. 2003) räumt dem  Rechtsphilosophen Prof. Winfried Brugger, der schon seit Jahren für eine Relativierung des Folterverbots eintritt, eine ganze Seite ein. Weitere Artikel in dieser Zeitung, in denen eine Aufweichung diskutiert wurde, folgten. In  den  Medien  findet sich allgemein eine breite Erörte­rung der Thematik. Auch wenn der Tenor der Artikel und Sendungen in den meisten Fällen ablehnend sein dürfte, eine wie immer be­schränkte Zulassung der Folter ist zu einem Gegenstand geworden, der der öffentlichen Erörterung würdig ist.

  Wir als den Menschenrechten verpflichtete Organisationen wissen uns mit Ihnen darin einig, dass die Bundesrepublik Deutschland ihre bisherige Linie nicht verlassen und sich dem Lager derjenigen Länder, die de facto und oft auch de iure die Folter als staatliches Instrument nutzen, nicht anschließen darf. Wir hielten es unserer gemeinsamen Sache dienlich, wenn Sie kraft Ihrer besonderen Autorität schon jetzt, im Vorfeld möglicher juristischer Veränderungen, öffentlich in die Auseinandersetzungen bei uns eingreifen würden. Auf welchen Wegen dies geschehen könnte, wissen Sie besser als wir. Erlauben Sie uns dennoch den Vorschlag, dass sich der Ausschuss gegen Folter oder einzelne seiner Mitglieder der Strafanzeige gegen Wolfgang Daschner bei der Staatsanwaltschaft in Frankfurt a.M. anschließen möge, vielleicht sogar gemeinsam mit dem bei dem Anti-Folter-Auschuss der VN. Auch könnten wir uns vorstellen, dass eine öffentlich gemachte Aufforderung an die Bundesministerin für Justiz, Frau Dr. Brigitte Zypries, sich diesen Tendenzen energisch entgegenzustellen, nicht ohne Wirkung bleiben würde.

Ihrer Antwort und Ihren Aktivitäten sehen wir mit großem Interesse entgegen.

 

Mit vorzüglicher Hochachtung grüßen

gez. Werner Koep-Kerstin, Sprecher der Gustav-Heinemann-Initiative

gez. Till Müller-Heidelberg, Vorsitzender der Humanistische Union

gez. Rolf Gössner, Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte; Kilian Stein, Sprecher des Rechtsausschusses der Liga

gez. Volker Böge und Theo Christiansen, Geschäftsführender Vorstand des Komitees für Grundrechte und Demokratie

 

Von dem europäischen Komitee haben wir die Antwort erhalten, es mische sich nicht öffentlich ein, sei aber, in einem Dialog mit den deutschen Behörden, in dem es auf die schmerzlichen Konsequenzen hinweise, die jede Aushöhlung des absoluten Verbots von Folter nach sich ziehe. Das UNO-Komitee hat bisher nicht geantwortet.

 

The President                     Strasbourg, 8 10 2003

Dear Mr Stein,

Thank you for your letter of 12 August 2003, concerning the methods apparently authorised for use in the questioning of a suspect in the case of Jacob von Metzler. The European Committee for the prevention of torture and inhuman or degrading treatment or punishment (CPT) is following the debate taking place in Germany on this matter in a continuing basis.

Under the European Convention on Human Rights, the prohibition of torture or inhuman treatment and punishment is absolute. It is axiomatic that any undermining of this fundamental rule would have very harmful consequences. The German authorities are fully aware of this position.

I can assure you that the CPT is engaged in an ongoing dialogue with the German authorities on the above matters and is keeping itself abreast of the action taken vis –a´-vis police officers responsible for the questioning of the above mentioned subject.

 Yours sincerely Silvia Casale

Wir werden nicht locker lassen. Die HU und die Liga haben vereinbart, auf die Entscheidung der Staatsanwaltschaft in Frankfurt a.M. im Fall Daschner prompt mit einer Presseerklärung und, im Falle einer Verfahrenseinstellung, gleichfalls prompt mit einer öffentlichen Veranstaltung zu reagieren. K.St.

 

Zwei Beschlüsse des Liga-Vorstands

Der Vorstand hat dem Plan des Rechtsausschusses zugestimmt, Diskussionsveranstaltungen zu Fragen des gegenwärtigen Zustands der Demokratie in Deutschland und zu Möglichkeiten einer Weiterentwicklung der Demokratie durchzuführen. Der Hintergrund ist die offenbare Krise der parlamentarischen Demokratie und die Sorge, dass sich wieder offen autoritäre Formen der politischen Herrschaft etablieren könnten.

Außerdem hat der Vorstand beschlossen, dass sich die Liga mit den höchst problematischen Aussagen im Entwurf für eine Europäische Verfassung auseinandersetzt, die einer friedlichen Entwicklung der internationalen Beziehungen entgegenstehen könnten. Für diese Aufgabe haben zwei Ligamitglieder die Verantwortung übernommen.           K.St.

 

 

„Die Würde des Menschen
ist antastbar“

Das ist die Überschrift eines Artikels des ehemaligen Richters am Bundesverfassungsgerichts Böckernförde (FAZ vom 3.9.), in dem er auf eine drohende historische Zäsur in der Auslegung des Grundgesetzes hingeweist. Grund ist die Neukommentierung des Art.1 GG in dem einflussreichen Kommentar von Maunz/Dürig durch den Staatsrechtler Matthias Herdegen. Die Menschenwürde wird nach der in dem Kommentar vertretenen Meinung nicht wie bisher als ein

überpositives Prinzip verstanden, sondern als ein Rechtsgut unter anderen, das im Einzelfall mit diesen abzuwägen ist. Dass der Streit darum nicht abgehoben im Juristenhimmel ausgetragen wird, sondern praktische Bedeutung hat, zeigt schon die Einschätzung in der Neukommentierung, „im Einzelfall (kann es sich) ergeben, dass die Androhung oder Zufügung körperlichen Übels, die sonstige Überwindung willentlicher Steuerung oder die Ausforschung unwillkürlicher Vorgänge wegen auf Lebensrettung gerichteter Finalität nicht den Würdeanspruch verletzen.“ Folter durch staatliche Organe wäre unter bestimmten Umständen gerechtfertigt. Das ist etwas in Kommentierung und Rechtsprechung völlig Neues. Es wird aufmerksam zu beobachten sein, ob sich jene Neukommentierung des Grundgesetzes durchsetzt und welche Konsequenzen dies für verfassungsrechtliche Einzelfragen hat. Erfreulich wären die Konsequenzen meist wohl nicht.       K.St.

 

Presseerklärung zum bundesweiten Aktionstag gegen die Abschiebehaft(28.08.2003)

Die Menschenwürde
ist verletzbar

Aus Anlass des bundesweiten Aktionstages gegen die Abschiebehaft am 30. August 2003 stellen die Internationale Liga für Menschenrechte und der Flüchtlingsrat Berlin fest, dass die im Artikel 1 des Grundgesetzes postulierte Würde des Menschen für Flüchtlinge in unserem Land keine Wirkung entfaltet. Die Menschenwürde von Asylbewerbern, Kriegsflüchtlingen oder illegalisierten Menschen wird nach wie vor in unserem Land verletzt.

Die Abschiebehaft ist oft die letzte Station für Menschen ohne Papiere. Aus Sicht der Internationalen Liga für Menschenrechte und des Flüchtlingsrates Berlin stellt sie eine unverhältnismäßige Grundrechtseinschränkung dar. Die Betroffenen sitzen nicht wegen einer Straftat hinter Gittern, sondern lediglich zur “Sicherstellung der Abschiebung”. Beide Organisationen setzen sich daher langfristig für die Abschaffung der Abschiebehaft ein.

Die Inhaftierten geraten im Abschiebegewahrsam in eine psychisch stark belastende und oft auswegslose Lage. Die Hungerstreiks und die Zahl der Selbstverletzungen bzw. Suizidversuche im Berliner Abschiebegewahrsam Anfang diesen Jahres sind dafür ein erschreckender Beleg. Im Zusammenhang mit der Furcht vor der Abschiebung in eine ungewisse und als bedrohlich wahrgenommene Situation sind in den letzten 10 Jahren in Berlin acht Menschen zu Tode gekommen.

Die Internationale Liga für Menschenrechte und der Flüchtlingsrat Berlin erinnern an Cemal K. Altun, einen Asylbewerber aus der Türkei, der vor zwanzig Jahren dem großen psychischen Druck im Auslieferungsverfahren nicht mehr Stand halten konnte und sich mit einem Sprung aus dem Fenster des Verwaltungsgerichtes das Leben nahm. Sein Name steht für die 111 Menschen, die sich seit 1993 aus Angst vor drohender Abschiebung töteten oder bei dem Versuch starben, sich der Abschiebung zu entziehen.[1]

Seit der Grundgesetzänderung vor 10 Jahren, dem sogenannten Asylkompromiss, ist keine Wende in der Abschottungspolitik der Bundesregierung gegenüber den Menschen zu spüren, die aus unterschiedlichen Gründen bei uns Zuflucht suchen wollen. Im Gegenteil, mit den in Kraft gesetzten Anti-Terror-Paketen wurden die „Maschen im Grenzzaun“ noch enger geflochten.

Wer die menschenverachtenden Praktiken von Schleusern bekämpfen will, muss die Fluchtwege nach Europa offen halten, wer neue Maßstäbe bei der Integration von Migranten setzen will, darf nicht weiter eine ganze gesellschaftliche Gruppe diskriminierender Gesetzgebung aussetzen.

Im Gedenken an Cemal K. Altun erklären wir, dass wir von der Bundesregierung ernsthafte Schritte erwarten, die Bausteine eines staatlichen Rassismus gegenüber Flüchtlingen und Migranten aus dem Weg zu räumen. Der viel beschworene Paradigmenwechsel in der Einwanderungspolitik bleibt ansonsten unglaubwürdig. Ein erster Schritt wäre die Umsetzung der bereits in der ersten Koalitionsvereinbarung der rot-grünen Bundesregierung zugesagten Überprüfung der Praxis der Abschiebehaft im Lichte der Verhältnismäßigkeit.

So sollte bis zur Abschaffung der Abschiebehaft auf die Inhaftierung von besonders schutzbedürftigen Personen - wie Minderjährigen - verzichtet werden. In dieser Hinsicht sind die bisher auf Berliner Ebene erfolgten Veränderungen als unzureichend zu bezeichnen...

Bundesweiter Aktionstag gegen
Abschiebehaft, Berlin 2003

Am 30. August erinnerten die Internationale Liga für Menschenrechte und der Flüchtlingsrat Berlin vor dem Denkmal in der Hardenbergstraße an Cemal K. Altun. Es sprachen: RA Dr. Rolf Gössner, Präsident der Internat. Liga für Menschenrechte und Heiko Kauffmann von PRO ASYL.

Die Internationale Liga für Menschenrechte und der Flüchtlingsrat Berlin unterstützte die weiteren Veranstaltungen zum bundesweiten Aktionstag gegen Abschiebehaft, die in Berlin u.a. von Seiten der Antirassistischen Initiative und der Initiative gegen Abschiebehaft organisiert wurden...

 

Gemeinsam mit Asyl in der Kirche Berlin e.V. und PRO ASYL haben Internationale Liga für Menschenrechte und Flüchtlingsrat Berlin zu einer Veranstaltung am 31. August 2003 in die Heilig-Kreuz-Kirche geladen. Thema:

„Zuflucht gesucht – den Tod gefunden –
Fragen an die deutsche Flüchtlingspolitik zum 20. Todestag von Cemal K. Altun“.

Zum Tag der Menschenrechte wird eine Dokumentation der Texte dieser Veranstaltung und der Kundgebung am Cemal-Altun-Mahnmal erscheinen
(Bezug über die Liga, s. Impressum).

 

Rolf Gössner

Fanal ohne Wirkung?

Die Verzweiflungstaten vieler Flüchtlinge
müssen endlich asylpolitische
Konsequenzen haben

 

Im folgenden dokumentieren wir die Rede von Rolf Gössner, die er als Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte während der Gedenkveranstaltung zum 20. Todestages von Cemal Altun am 30. August 2003 am Mahnmal in der Berliner Hardenbergstraße gehalten hat.

Der Name Cemal Altun hat sich ins kollektive Gedächtnis der kritischen Öffentlichkeit eingebrannt. Seine Verzweiflungstat hat die Bundesrepublik erschüttert. Er war der erste politische Flüchtling, der sich das Leben nahm, weil er die Auslieferung an einen Folterstaat befürchten musste. Am 30. August vor zwanzig Jahren sprang der damals 23jährige Asylbewerber aus einem Fenster im 6. Stock des Verwaltungsgerichts in Berlin, wo gerade über seine Anerkennung als Asylberechtigter verhandelt wurde. Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hatte Beschwerde gegen seine bereits erfolgte Anerkennung eingelegt.

Cemal Altun war Angehöriger der demokratischen Opposition in der Türkei – ein Land, das er 1981 hatte verlassen müssen, weil er von den Schergen der damaligen Militärjunta verfolgt worden war. Er floh in die Bundesrepublik Deutschland, um sich in Sicherheit zu bringen. Die damalige CDU/FDP-Bundesregierung verweigerte ihm den Schutz, wollte ihn rasch loswerden und kooperierte zu diesem Zweck mit seinen Häschern. Altun floh auf den Boden der „freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ und landete in einer vermeintlichen Freiheit, die ihn rasch hinter Gitter brachte. Seine letzte Flucht endete tödlich. Sein Sturz in die Tiefe war kein Freitod – denn er sah keinen anderen Ausweg aus seiner bedrückenden Situation, in der er sich während der 13monatigen Auslieferungshaft befand. Er stürzte sich in den Tod aus Verzweiflung, aus Angst vor Abschiebung und drohender Folter in der Türkei. Und diese Verzweiflung, diese Angst waren fleißig geschürt worden, geschürt von verantwortlichen Regierungspolitikern, wie dem damaligen CSU-Bundesinnen­minister Friedrich Zimmermann und dem FDP-Justizminister Hans Engelhard. Gnadenlos beharrten sie auf Altuns Auslieferung an die Türkei – obwohl dieser im Juni 1983 vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge als Asylberechtigter anerkannt worden war. Schon „im Interesse der Fortführung einer nach wie vor guten Zusammenarbeit mit der Türkei auf polizeilichem Gebiet“ müsse Altun „unverzüglich“ ausgeliefert werden, so schrieb Zimmermann am 21.7.1983 an den Justizminister, der sich ebenfalls für den sofortigen Vollzug ausgesprochen hatte. Das gebiete schon der „Gleichbehandlungsgrundsatz“, so der Minister, schließlich habe die Bundesregierung seit der Machtübernahme durch das türkische Militär bereits in 28 Fällen die Auslieferung an die Türkei vollzogen. Warum sollte es Altun also anders ergehen?

Die Internationale Liga für Menschenrechte hatte angesichts dieser Gefahr schon frühzeitig auf das Schicksal Cemal Altuns aufmerksam gemacht. Zusammen mit anderen politischen Kräften im In- und Ausland, zusammen auch mit Altuns Anwalt Wolfgang Wieland hat sie mit Beschwerden, mit Eingaben an die verantwortlichen Regierungen sowie mit Demonstrationen vor dem Abschiebeknast Kemal Altuns Freilassung gefordert und gegen die drohende Auslieferung protestiert. Zwar konnte die Auslieferung noch verhindert werden; doch für Cemal Altun änderte sich nichts an der menschenrechtswidrigen Lage in Auslieferungshaft, nichts an der manifesten Auslieferungsdrohung, nichts an seiner Angst und Verzweiflung. Sein Todessturz markierte nicht nur das grausame Ende eines mehr als einjährigen Dramas, sondern gleichzeitig auch den Schlussstrich unter alle Solidaritätsbemühungen um seine Freiheit und sein Leben. So stark diese Bemühungen auch waren, sie scheiterten letztlich an einer bürokratischen, einer gnadenlosen Realpolitik. Folgerichtig machte die Liga die Bundesregierung und die zuständigen Berliner Behörden mitverantwortlich für Altuns Tod.

Konsequenterweise setzte sich die Liga dann dafür ein, dass Cemal Altun und sein Schicksal nicht vergessen werden. Besonders die frühere Liga-Präsidentin, Alisa Fuss, machte sich jahrelang für ein Mahnmal stark, das schließlich mit Unterstützung des Bezirksamts Charlottenburg, der SPD-Bezirksbürgermeisterin Monika Wissel und einer Vielzahl von Spendern realisiert werden konnte. Seit Juni 1996 erinnert dieses Denkmal aus Granitstein an die Tragödie. Gestaltet hat es der Künstler Akbar Behkalam. Seine Skulptur zeigt einen kopfüber herabstürzenden Menschen mit ausgestreckten Armen – ein Symbol für alle Asylsuchenden, die hierzulande Schaden an Leib und Leben befürchten oder erleiden müssen.

Cemal Altuns Tod hat zweifelsohne ein Fanal gesetzt – doch hat dieses Fanal auch zu einem Umdenken in der Asylpolitik geführt oder gar eine Humanisierung bewirkt? Nein – so lautet die klare und bedrückende Antwort. Auch die Schicksale vieler anderer Migranten blieben folgenlos. Allein seit 1993 haben sich weit über hundert Menschen aus Angst vor drohender Abschiebung getötet oder sind bei dem Versuch gestorben, sich der Abschiebung zu entziehen. Jahr für Jahr verlieren Menschen an den Grenzen, in Abschiebehaft oder bei der gewaltsamen Abschiebung ihr Leben.

Die „Maschen im Grenzzaun“ um Europa und die Bundesrepublik sind mittlerweile enger geflochten worden. Die Abschiebegründe wurden erweitert. Die Situation im Abschiebegewahrsam hat sich nicht verbessert. Migranten gehören schon lange zu der am intensivsten überwachten Bevölkerungsgruppe. Seit 2002 werden sie mit den neuen „Anti-Terror“-Gesetzen unter Generalverdacht gestellt und einem noch rigideren Überwachungs- und Abschiebesystem unterworfen. Migranten sind die eigentlichen Verlierer des staatlichen „Anti-Terror-Kampfes“. Die neuen Sicherheitsregelungen schaffen allerdings kaum mehr Sicherheit, sondern sind dazu geeignet, Migranten zu stigmatisieren, ihren Aufenthalt in Deutschland noch weiter zu erschweren und fremdenfeindliche Ressentiments zu schüren. Ohne den geringsten Nachweis, dass von ihnen etwa mehr Terror ausgehe als von Deutschen, werden sie zu einem gesteigerten Sicherheitsrisiko erklärt und einer entwürdigenden Sonderbehandlung unterzogen, die für viele existentielle Folgen haben kann – bis hin zu politischer Verfolgung, Folter und Mord durch die Herkunftsländer, aus denen sie zuvor geflohen waren.

Dieses Mahnmal ist auch den Opfern dieser Politik gewidmet. Es wurde errichtet nahe dem ehemaligen Verwaltungsgericht an der Hardenbergstraße, das über das Schicksal von Asylbewerbern zu entscheiden hatte und das Cemal Altun posthum als Asylberechtigten anerkannte. Solche Mahnmale müssten längst an ganz anderen Orten angebracht werden, dort nämlich, wo die Leitlinien der Ausländer- und Asylpolitik entschieden wurden und werden: so etwa in Bonn am ehemaligen Bundestag, wo 1993, also vor zehn Jahren, von einer großen Koalition aus CDU-FDP und SPD die Demontage des Asylgrundrechts beschlossen wurde; an Innenministerien, Ausländerämtern und Abschiebeknästen, wo die restriktive Ausländer- und Asylpolitik umgesetzt, wo nicht eben selten die Menschenwürde der Betroffenen eklatant verletzt wird.

Lassen Sie uns zusammen mit der Internationalen Liga für Menschenrechte, zusammen mit „Pro Asyl“ und dem Flüchtlingsrat Berlin an die Öffentlichkeit und die politischen Entscheidungs­träger appellieren: Wir müssen den staatlichen Umgang mit traumatisierten und gefährdeten Menschen gründlich überdenken und verändern. Abschiebungen in Folterstaaten und Kriegsgebiete darf es nicht länger geben. Übermäßig lange Abschiebehaft, unzumutbare Haftbedingungen, die Inhaftierung von besonders schutzbedürftigen Personen wie Minderjährigen und die gewaltsame Trennung von Familien sind ein Skandal; die praktizierte Abschiebehaft ist prinzipiell ein Verstoß gegen Menschenrechte und gehört abgeschafft. Das Asylrecht ist ein Menschenrecht – wir müssen es immer wieder von neuem erkämpfen.

 

Können wir aus
der Geschichte lernen?

Veranstaltung von Ossietzky und Internationaler Liga für Menschenrechte

 

Kurt Tucholsky schrieb 1926: „Noch nie haben Menschen aus der Geschichte gelernt, und sie werden es auch nie tun.“ Trotz dieser schroffen Warnung eines klugen Mannes haben sich am 3, Oktober (Carl von Ossietzkys Geburtstag) im Berliner Haus der Demokratie und Menschenrechte die Pädagogin Eleonore Kujawa von der Internationalen Liga für Menschenrechte, der Historiker Kurt Pätzold und der Publizist Gerhard Schoenberner wieder mit dieser Frage befasst: „Können wir aus der Geschichte lernen?“ An der von Eckart Spoo, Mitherausgeber und Redakteur der Zweiwochenschrift für Politik/ Kultur/Wirtschaft „Ossietzky“ eingeleiteten Veranstaltung wirkten Schüler der Carl-von-Ossietz­ky-Oberschule Berlin-Kreuzberg mit, die sich mit der Aktualität Ossietzkys und seiner Bedeutung für sie persönlich beschäftigten.

Die Texte der Beiträge liegen inzwischen als Ossietzky-Sonderdruck vor. Das Heft (20 Seiten) kann zum Preis von 1,50 € zzgl. Portokosten bestellt werden beim Ossietzky-Abo-Service, Vordere Schöneworth 21, 30167 Hannover,
Tel. 0511/ 702526, Fax 0511/ 704483,
email:
ossietzky@interdruck.net

 

Mahnmal
für Sinti und Roma!

Auch in diesem Jahr rief der Ausschuss „Sinti und Roma“ zusammen mit dem Landesverband Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg e.V. zur symbolischen Errichtung eines Mahnmals für die während des Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas auf. Die Kundgebung „Steine des Anstoßes“ fand am 14.09.03 auf der Rasenfläche vor dem Reichstag statt. Mit diesem Aufruf unterstützt der Ausschuss seit Jahren den Appell des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma zur Errichtung eines Mahnmals am dafür vorgesehenen Ort.

Nach der Einigung zwischen Bund und Berlin sah es im Frühjahr zunächst danach aus, als stünde dem Baubeginn des Mahnmals nichts mehr im Weg. Der Entwurf des Künstlers Daniel Karavan liegt bereits seit zwei Jahren vor. Die neue Kulturstaatsministerin im Kanzleramt begann jedoch die bereits getroffenen Vereinbarungen über die Textinschrift des Mahnmals dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma gegenüber in Frage zu stellen. Der Zentralrat setzt sich für die Verwendung eines Zitats von Altbundespräsident Roman Herzog ein. Unter Bezugnahme auf den sog. Auschwitz-Erlass, mit dem die Deportation der Sinti und Roma in Vernichtungslager beschlossen worden war, hatte Herzog erklärt: “Der Völkermord an den Sinti und Roma ist aus dem gleichen Motiv des Rassenwahns, mit dem gleichen Vorsatz und dem gleichen Willen zur planmäßigen und endgültigen Vernichtung durchgeführt worden wie der an den Juden“.

Inhaltliche Unterstützung fand die Veranstaltung durch die Worte von Dr. Andreas Nachama, Vorsitzender der Stiftung „Topographie des Terrors“, Petra Pau (PDS, MdB), Dr. Peter Widmann (Zentrum für Antisemitismusforschung), Petra Rosenberg (Sprecherin des Ausschusses „Sinti und Roma“, Vorsitzende des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg e.V.), Laurent Faasch-Ibrahim (Vize-Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte) sowie einem Grußwort von Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen, Parl. Geschäftsführer). Moderiert wurde die Veranstaltung von Katrin Oeser (Mitglied des Ausschusses  „Sinti und Roma“). Ihre Solidarität und Unterstützung bekundeten außerdem Sybill Klotz (Bündnis 90/ Die Grünen, Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus), Jörn Jenssen (Bezirksbürgermeister Tiergarten a.D.) sowie ca. 100 weitere Teilnehmer/innen durch ihre Anwesenheit.

Andreas Nachama stellte die politische Verantwortung für die Errichtung des Mahnmals deutlich heraus, denn „dieses Mahnmal, wie auch das Mahnmal für die ermordeten Juden Europas, ist Aufgabe der Gesellschaft, ja des Staates“. Er erklärte, „dass die Einweihung des Denkmals für die Millionen ermordeten Juden Europas von der Öffentlichkeit hier in Deutschland, in Europa und in der Welt nicht angenommen werden wird, wenn nicht zumindest dieses Denkmal für die 500.000 ermordeten Sinti und Roma ernsthafte Formen angenommen hat.“

Petra Rosenberg, kritisierte, „dass nun – entgegen den bisherigen Vereinbarungen - die Zustimmung aller Opfergruppen zur Widmung und zum Widmungstext des Denkmals zur Bedingung für dessen Errichtung“ gemacht werden solle. Die verbindliche Zusage für das Mahnmal dürfe jedoch nicht nachträglich wieder zurück genommen werden. Bei dem von der Staatsministerin verwendeten Begriff „Zigeuner“ handelt es sich um genau jenen Begriff, mit dem die National­sozialisten „alle Angehörigen der Minderheit als ethnische, außereuropäische, unerwünschte und zu eliminierende Gruppe definiert“ hätten. Sinti und Roma seien „jedoch ebenso wenig eine homogene Gruppe wie die Opfergruppe der Juden“, sagte Petra Rosenberg.

Die symbolische Errichtung des Mahnmals bildete den Abschluss der Kundgebung.

Katrin Oeser (Liga-Ausschuss „Sinti und Roma“

 

 

Einladung zur Gründungsversammlung

Europäische Juden
für einen gerechten Frieden (EJJP)

 

Berlin, 9. November 2003

Der 9. November 2003 ist der 65. Jahrestag der Pogromnacht in Deutschland. Für viele Juden und Jüdinnen auf der ganzen Welt und insbesondere für die in Deutschland lebenden ein Tag der Trauer, der Erinnerung und der Mahnung gegen Antisemitismus und gegen jede Form von Rassismus, Ausgrenzung und Vertreibung von Menschen durch Menschen.

Wir, Frauen und Männer jüdischer Herkunft, unter uns Überlebende des Holocaust sowie Nachfahren von Opfern der Pogromnacht und von Ermordeten des Naziregimes versammeln uns aus Anlass des heutigen Tages zur Gründung der Sektion der „European Jews for a Just Peace“ (Europäische Juden für einen gerechten Frieden) in Berlin.

Unter der Bezeichnung „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ wollen wir vor allem in der Bundesrepublik Deutschland, in der Europäischen Union und auf internationaler Ebene darauf hinwirken, dass die Regierung Israels im Interesse der israelischen und palästinensischen Bevölkerung von der Politik der Besatzung, der militärischen Stärke, der Ausgrenzung und Gewalt ablässt. Stattdessen muss die israelische Regierung endlich substantiell zur Gründung eines souveränen Staates Palästina und zur friedlichen Nachbarschaft beider Völker beitragen – in Verwirklichung des internationalen Rechts, der unzähligen Beschlüsse der Vereinten Nationen und multilateralen Vereinbarungen.

Unter der Bezeichnung „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ wollen wir allen, die vorgeben, im Interesse aller Juden der Welt zu handeln, wenn sie Apartheid-Mauern errichten und Palästina in ein Banthustan verwandeln, gemeinsam mit anderen jüdischen Organisationen in Europa, USA, Kanada, Israel usw. unmissverständlich entgegenrufen:

NICHT IN UNSEREM NAMEN!

Auf diese Weise gedenken wir der jüdischen Opfer der Pogromnacht in diesem Jahr.

 

Pressemitteilung vom 10.11.2003

Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost – BR Deutschland

Am 9. November wurde in Berlin unter dem Namen „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ die Sektion der Föderation „EUROPEAN JEWS FOR A JUST PEACE“ („Europäische Juden für einen gerechten Frieden“) in den Räumen des Hauses der Demokratie und der Menschenrechte ins Leben gerufen.

Die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ handelt auf der Basis der Gründungserklärung der „EUROPEAN JEWS FOR A JUST PEACE“ (EJJP), die im September 2002 in Amsterdam von 18 jüdischen Organisationen aus 9 europäischen Ländern verabschiedet wurde.

Als assoziiertes Mitglied der Föderation will sie über die Notwendigkeit und Möglichkeit eines gerechten Friedens zwischen Palästina und Israel informieren.

Ihre wesentliche Aufgabe sieht sie darin, darauf hinzuwirken, dass die Bundesregierung ihr außenpolitisches und ökonomisches Gewicht in der Europäischen Union, in den Vereinten Nationen und nicht zuletzt auch in Nahost nachdrücklich und unmissverständlich im Interesse der Herstellung eines lebensfähigen, souveränen Staates Palästina auf integriertem Hoheitsgebiet und innerhalb sicherer Grenzen nutzt und aktiv zur Verwirklichung  eines dauerhaften und für beide Nationen lebensfähigen Friedens beiträgt... 

Nicht in unserem Namen!

Die Gründung der Sektion der EJJP in Berlin erfolgt in Übereinstimmung mit der sog. Amsterdamer Deklaration ausdrücklich in der Absicht, sichtbar zu machen, dass die gegenwärtige Politik der israelischen Regierung entgegen der Behauptung ihrer Vertreter und der wiederholten Beteuerung von Sprechern großer jüdischer Gemeinden, keineswegs von allen Menschen jüdischer Herkunft gestützt wird.

All jenen, die sich anmaßen für alle Juden einer Nation oder gar der Welt zu sprechen, rufen wir entgegen: NICHT IN UNSEREM NAMEN!

Im Einklang mit allen Organisationen der Föderation verurteilt die „Jüdische Stimme“ die seit 1967 andauernde israelische Besetzung von Westjordanland und Gazastreifen sowie von Ostjerusalem.

Gleichzeitig sieht die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ ihre vornehmliche Aufgabe darin, all jenen Organisationen und Individuen in der Bundesrepublik Deutschland Gehör zu verschaffen, die auf israelischer oder auf palästinensischer Seite für Frieden und Gerechtigkeit zwischen beiden Völkern eintreten. Dazu gehören die inzwischen eintausend  Wehrdienstverweigerer in Israel, dazu gehören die Menschenrechts- und Friedens-, sowie die humanitären Organisationen in Israel und Palästina, die trotz Abstrafungen und existenziellen Bedrohungen ihrem Gewissen folgen und  mit Zivilcourage für eine gute nachbarschaftliche Zukunft streiten.

Frieden und Gerechtigkeit in Palästina und in Israel sind möglich!

Nötig ist dazu:

1)      Ein rasches Ende der seit 36 Jahren währenden Besetzung des Westjordanlandes, des Gazastreifens und Ost-Jerusalems.

2)      Die Räumung aller israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten.

3)      Ein souveräner und lebensfähiger Staat Palästina auf integriertem Hoheitsgebiet.

4)      Die offizielle Anerkennung der Mitverantwortung Israels am palästinensischen Flüchtlingsproblem und die Garantie alle rechtlichen Verpflichtungen, die daraus folgen,  in bi- und multilateralen Übereinkommen zu regeln, die auf eine gerechte, faire und praktikable Lösung ausgerichtet sind.

5)      Die tatsächliche politische und gesellschaftliche Gleichstellung der palästinensischen Bürger Israels.

6)      Ein Friedensvertrag zwischen den Staaten Israel und Palästina, der das  Schutzinteresse der Bürger und Bürgerinnen beider Nationen berücksichtigt und zudem auf  Sicherheits-Abkommen beruht, die den spezifischen Sicherheitsbedürfnissen Israels und Palästinas Rechnung tragen.

7)      Die Anerkennung des Rechtes beider Staaten, des palästinensischen und des israelischen, auf Jerusalem als gemeinsame Hauptstadt.

Für Jüdische Stimme + EJJP:
Fanny-Michaela Reisin,
FannyM.Reisin@t-online.de

Jüdische Stimme Berlin
c/o Internationale Liga für Menschenrechte

Haus der Demokratie und Menschenrechte

Greifswalder Str. 4,  D-10405 Berlin

 

 

Bericht
des „Eine-Welt-Ausschusses“

Ein wichtiger Schwerpunkt des Ausschusses ist die Follow-up-Arbeit bzw. Implementierung des Durbaner Beschlusses der UN „Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängende Intoleranz“, die in Durban (Südafrika) vom 31. 8. - 8.9.2001 stattfand.

Unter dem Slogan „United to combat Racism. Equality. Justice and Dignity for All” beschloss die 52. Generalversammlung der Vereinten Nationen (Resolution 52/111), die dritte Rassismuskonferenz einzuberufen und folgende fünf Themenbereiche zu bearbeiten:

- Quellen, Ursachen, Formen und gegenwärtige Manifestation von Rassismus

- Opfer von Rassismus

- Maßnahmen zur Prävention

- Maßnahmen zur Wiedergutmachung und Kompensation

- sowie Strategien zur Verwirklichung von Gleichberechtigung.

Das Abschlussdokument der Weltkonferenz besteht aus zwei Teilen: 1. der „Erklärung“ und 2. dem „Aktionsprogramm“, wobei die Staaten­gemeinschaft beschloss, in ihren jeweiligen Ländern Aktionspläne zu erarbeiten „im Benehmen“ mit der Zivilgesellschaft bzw. nationalen Menschenrechtsinstitutionen und deren Ergebnis an das Sekretariat des Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR) weiterzuleiten.

Im Gegensatz zu den vorangegangen zwei UN-Konferenzen zum Thema Rassismus behandelt diese Konferenz nicht nur Rassismus in seiner Totalität, sondern betont die Wichtigkeit der Einbeziehung der Nicht-Regierungsorganisationen sowie die Hervorhebung von Opfergruppen, die von Rassismus betroffen sind, wie Menschen afrikanischer und asiatischer Abstammung, Sinti und Roma, Juden, indigene Völker, Flüchtlinge und Migrant und hebt die Notwendigkeit der politischen Partizipation dieser Gruppen hervor. Der Durbaner Beschluss behandelt neben rassistischer Diskriminierung auch die Diskriminierung von Frauen, Behinderten und älteren Menschen.

Durban Follow-up in Deutschland

Zur Erarbeitung des Nationalen Aktionsplans (NAP) für Deutschland hat sich eine Arbeitsgruppe gegründet, die im Forum gegen Rassismus angesiedelt ist; hier wird der NGO-Beitrag zum NAP vorbereitet. Für die Bundesregierung hat das Bundesministerium des Innern die Federführung übernommen. Der endgültige Nationale Aktionsplan soll aus den beiden NAP-Entwürfen entstehen. Der NGO-Beitrag wird von Yonas Endrias koordiniert, Sprecher des Eine-Welt-Ausschusses der Liga. An dem Koordinationskreis wirken auch die Sprecherin des Sinti und Roma-Ausschusses der Liga, Petra Rosenberg, sowie das Vorstandsmitglied Aliyeh Yegane, mit.

In dem Nationalen Aktionsplan werden Aktionsvorschläge zu folgenden Themen erarbeitet:

Außenpolitische Aufgaben, Berücksichtigung der Diskriminierung von Frauen, Bildung/Menschen­rechtserziehung, Diskriminierung am Arbeitsplatz/Zugang zum Arbeitsmarkt, Entwicklungszusammenarbeit, Flüchtlinge, Frauen-/ Menschenhandel, Genforschung, Gesundheit, Internet/ Medien, Kinder, Kolonialismus, Maßnahmen gegen Gewalt, Mehrdimensionale Diskriminierung, Menschen mit Behinderungen, Migranten, Minderheiten, Politisches System (Partizipation etc.), Gesetzgebung, Ratifikation einschlägiger Verträge etc., Reparationen/Kompensationen, Sensibilisierung und Verhinderung von diskriminierendem Verhalten bei Polizei, Vollzugspersonal etc., Sklaverei, Soziale Ausgrenzung.

Wir möchten hiermit Liga-Mitglieder bitten, Beiträge zu diesen Themen zum NAP einzureichen. Beiträge/Anfragen an folgende Adresse:

AG Durban Follow-up

Haus der Demokratie und Menschenrechte

Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin

e-mail: office@durban-follow-up.de

website: www.durban-follow-up.de

 

Anti-Diskriminierungsgesetz

Ein weiterer Schwerpunkt des Ausschusses ist die Umsetzung des Artikel 13 des EU-Vertrages, auf dessen Grundlage

  1. die „Richtlinie 2000/43/EG zur Anwendung des Gleichbehandlungsgesetzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft“ basiert sowie
  2. die „Richtlinie 2000/78/G zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“.

Der Eine-Welt-Ausschuss liefert Beiträge, beteiligt sich in den verschiedenen Foren und wirbt aktiv für die sofortige Umsetzung eines Anti-Diskriminierungsgesetzes. Die Bundesregierung hat den letzten Termin zur Umsetzung der Richtlinie zum Gleichbehandlungsgesetz ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (19. Juli 2003) schon verstreichen lassen. Der Termin für die Umsetzung der zweiten Richtlinie, Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, (2. Dez. 2003) wird wahrscheinlich auch nicht eingehalten. Somit steht die Bundesrepublik hinter manchen Beitrittsländern, wie z.B. Rumänien, zurück, die die EU-Richt­linien schon in nationales Recht umgesetzt haben.

Im Oktober beteiligte sich der Ausschuss in dem vom Forum Menschenrechte organisierten Gespräch mit der Justizministerin, wo neben Inter­nationalen Abkommen, UN Kinderrechtskonvention und dem Internationen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte auch die Umsetzung der EU-Richtlinien ein Thema waren.

Ebenso nahm der Eine-Welt-Ausschuss an einem Gespräch mit dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages zum Thema Asyl, Zuwanderung und Integration, Strategien gegen Rassismus und Umsetzung der Welt-Rassismus-Konferenz teil.

Ausschussmitglieder trafen sich auch mit der European Commission against Racism and Intolerance (ECRI) zur Vorbereitung des nächsten Länderberichts zu Deutschland. Der Ausschuss beteiligt sich aktiv in der AG Rassismus und AG Innenpolitik des Forums Menschenrechte.

Neben den oben genannten Themen bereitet der Ausschuss in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen nächstes Jahr eine Gedenkveranstaltung zur hundersten Jährung des Völkermordes an den Hereros in Namibia durch deutsche Kolonialtruppen vor.

Der Ausschuss plant eine weitere Großveranstaltung zum Thema Berliner Afrikakonferenz von 1884, wo auf Einladung von Bismarck alle europäischen Mächte in Berlin zu einer Konferenz zusammentrafen, um Afrika wie ein Stück Kuchen unter sich aufzuteilen.

Durch den Eintritt einer Expertin zum Thema Frauenhandel, Judy Gummich, in den Eine-Welt-Ausschuss erweiterte der Ausschuss seine Arbeit auf diesen Bereich.

Der „Eine-Welt-Ausschuss“ der Liga

 

  

 

BigBrotherAwards 2003

 

Am 24. Oktober 2003 wurden in Bielefeld zum vierten Mal die Deutschen BigBrotherAwards, der "Negativ-Preis für Datenkraken", verliehen Die Preisträger verletzen nach Meinung der Jury erheblich die Privatsphäre der Bürger. Sie will mit den diesjährigen BigBrotherAwards wieder auf den missbräuchlichen Gebrauch von Technik und Informationen hinweisen. Der Jury gehören neben dem  Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten u. unbewegten Datenverkehrs e.V. (FoeBuD) u.a. der Chaos Computer Club, die Deutsche Vereinigung für Datenschutz, die Humanistische Union, an - in diesem Jahr beteiligt sich erstmalig auch die Internationale Liga für Menschenrechte. Vergeben wird der Preis in sieben Kategorien, unter anderem 'Politik', 'Verbraucherschutz', 'Arbeitswelt' und 'Kommunikation'.

Die Initiatoren des Preises sind dabei international vernetzt: Bereits in 14 europäischen Ländern sowie Japan, Australien und in den USA werden Big-BrotherAwards vergeben. Der Name der Preise ist George Orwells Buch '1984' entnommen, in dem er bereits Ende der vierziger Jahre seine Vision einer zukünftigen Gesellschaft entwarf, die unter totaler Überwachung steht.

Durch die BigBrotherAwards soll das abstrakte Thema Datenschutz durch konkrete Beispiele anschaulich und allgemein verständlich werden. In den vergangenen zwei Jahren ist dies den Initiatoren gelungen, die Preisverleihungen fanden ein großes mediales Echo.

Big-Brother-Awards erhielten in den letzten Jahren beispielsweise das LKW-Mautsystem, Microsoft, die Payback-Kundenkarte, das Scoringverfahren der Informa GmbH und die Videoüberwachung der Bahn.

Die Jury 2003

Rena Tangens/padeluun (FoeBud)

Dr. Thilo Weichert (Dt. Vereinigg f. Datenschutz)

RA Dr. Fredrik Roggan (Humanistische Union)

RA Dr. Rolf Gössner (Internat. Liga für Menschenrechte)

Frank Rosengart (ChaosComputerClub)
Lutz Donnerhacke
(Fitug = Förderverein Informatik und Gesellschaft e.V.)

Werner Hülsmann (FIfF, Forum InformatikerInnen f. Frieden u. gesellschaftl. Verantwortung)

 

 

 

Die BigBrotherAward-Preisträger 2003

(Kurztexte)

Preisträger(in): Deutsche Post AG/ Deutsche Post Shop GmbH
Kategorie: Arbeitswelt

Laudatorin: Rena Tangens

 

“Die Deutsche Post-Shop-GmbH erhält den Big Brother Award 2003 in der Kategorie Arbeitswelt für ihre Arbeitsverträge mit Post-Agentur-Nehmern in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen . Hierin sollen sich die Agentur-Nehmer pauschal verpflichten, im Krankheitsfall einen von der Deutschen Post-Shop-GmbH bestimmten Arzt von seiner Schweigepflicht zu entbinden.”

 

 

Preisträger: Innenminister von Bayern, Nieder­sachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen

Kategorie: Politik

Laudator: Dr. Rolf Gössner

 

“Der BigBrotherAward im Bereich Politik wird verliehen an die Regierungen/Innenminister der Bun­desländer

Bayern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thürin­gen,

weil sie im Windschatten der Terrorismusbekämpfung die Verschärfung ihrer Landespolizeigesetze betreiben und damit drastische Einschnitte in elementare Grund- und Freiheitsrechte einer Vielzahl unverdächtiger Personen einkalkulieren. Bedroht sind insbesondere das Brief- und Fernmeldegeheimnis, das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und damit das Recht auf freie Kommunikation ohne Angst vor Repressalien.

Harter Kern der Attacken auf die Intim- und Privatsphäre bildet die vorsorgliche Telekommunikationsüberwachung ohne Vorliegen eines Straftatverdachts – wobei teilweise sogar die Kommunikation mit Berufsgeheimnisträgern wie Anwälten, Ärzten und Journalisten überwacht werden soll. Diese Präventiv­befugnisse eröffnen der Polizei Handlungsmöglich­keiten im fast uferlosen Vorfeld des Verdachts, die den Verfassungs­grundsätzen der Unschuldsvermutung und der Verhältnismäßigkeit Hohn sprechen.“

 

(Laudatio-Langfassung in: Frankfurter Rundschau vom 25.10.2003, S. 7).

 

Preisträger(in):  GEZ - Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten

Kategorie: Lifetime

Laudator(in): Dr. Thilo Weichert

 

“Der Lifetime-Award 2003 geht an die

Gebühreneinzugszentrale - GEZ

für deren unermüdlichen Einsatz bei der bedingungs­losen Ermittlung von Schwarzseherinnen und Schwarzhörern.

Ohne Rücksicht auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Recht, in Ruhe gelassen zu werden, beschafft sich die GEZ seit Jahren regelmäßig und systematisch Daten von Meldebehörden, von öffentlichen Stellen, von Adresshändlern und äußerst fragwürdigen weiteren Quellen, um Menschen zu finden, die keine Rundfunkgebühren bezahlen, selbst wenn diese an der Nutzung von Hörfunk und Fernsehen kein Interesse haben. Die GEZ und die Gebührenbeauftragten der Rundfunkanstalten sam­meln dabei in einem Übermaß Daten, dringen unter Überrumpelung von Menschen in deren Wohnung ein und nötigen die Menschen unter Vor­spiegelung falscher Tatsachen zur Offenbarung von eigenen Daten.”

 

Preisträger: Innensenator Berlin, Dr. Ehrhart Körting
Kategorie
: Regional

Laudator: Dr. Fredrik Roggan

 

“Der Regional-Preis des diesjährigen BBA geht an den Innensenator von Berlin, Herrn Dr. Ehrhart Körting für seine mehr als fragwürdige Rechtfertigung des Einsatzes der so genannten „stillen SMS“ durch die Berliner Polizei. Er hatte eingeräumt, dass die Bedenken der Datenschützer gegen eine solche Praxis erheblich seien. Man müsse sich aber entscheiden, „ob man die Täter oder die Opfer schützen“ wolle (vgl. Drucksache 15/1834). Er setzt sich damit absichtsvoll über die geltende Rechtslage hinweg, die das Versenden solcher „stiller SMS“ zur Ortung von Tatverdächtigen eben nicht vorsieht.”

 

Preisträger(in): Regierung der Vereinigten Staaten, Embassy of the United States Berlin,

US-Botschafter Daniel R. Coats
Kategorie
: Behörden

Laudator: Werner Hülsmann

 

“Der Big Brother Award 2003 in der Kategorie Behörden/Staatliche Stellen geht an die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika für deren Nötigung europäischer und insbesondere auch deutscher Fluglinien, diversen US-Behörden den Zugriff auf die umfangreichen Buchungsdaten aller Passagiere zu gewähren, die in die USA einreisen oder durch die USA durchreisen wollen”

 

Preisträger(in):  t-online
Kategorie: Kommunikation

Laudator: Lutz Donnerhacke

 

“Die T-Online International AG erhält einen BigBrother- Award in der Kategorie Komunikation für das Speichern von IP-Nummern ihrer Flatrate-Kundinnen und -Kunden.

Eine Speicherung der IP-Nummer ist zum konkreten Nachweis der Entgeltpflicht nicht erforderlich und damit grundsätzlich nicht erlaubt.

Es kann auch nicht eingewendet werden, dass die IP-Nummer zu Beweiszwecken benötigt werden, auch wenn das Regierungspräsidium Darmstadt in seiner Funktion als Datenschutzaufsichtsbehörde damit meinte, unter anderem die Speicherung gerechtfertigt zu haben. Weiterhin erkann­te die Darmstädter Behörde in der Protokollierung "ein geeignetes Mittel", um die Systemsicherheit zu gewähr­leisten und Hackerangriffe analysieren zu können. Es kann aber nicht sein, dass der Datenschutz über den Umweg der Datensicherheit ausgehebelt wird. Es wäre die Aufgabe von T-Online gewesen, die Speicherung von vorn herein zu unterbinden, anstatt zu versuchen, sich diese illegitime Praxis vom RP Darmstadt legalisieren zu lassen.”

 

Preisträger(in):  future store Initiative, Metro AG
Kategorie: Verbraucherschutz

Laudator(in): Rena Tangens, FoeBuD e.V. und Frank Rosengart, Chaos Computer Club

 

“Den BigBrotherAward in der Kategorie Verbraucher­schutz erhält die Metro AG für das Pro­jekt "future store", mit dem die RFID-Technik in Deutschland propagiert werden soll. Der berührungs­los auszulesende Chip, der zukünftig den Barcode auf Waren ersetzen soll, birgt große Gefahren für die Privatsphäre der Verbraucher.”

 

Informationen unter: www.bigbrotherawards.de

Nominierungen für 2004 an:

BigBrotherAwards-Jury, c/o FoeBud e.V., Marktstr. 18, 33602 Bielefeld,
Tel. 0521 – 175254; Fax 0521 – 61172

bba@foebud.org

 

 

 

Pressemitteilung vom 29.09.03

Liga fordert Konsequenzen aus dem Scheitern des NPD-Verbotsverfahrens, umgehende Aufklärung der V-Mann-Affäre und Unterbindung des V-Leute-Unwesens

Liga-Präsident Dr. Rolf Gössner:

„Eine Generalrevision der Verfassungsschutzbehörden ist überfällig,
weil sie sich als Gefahr für Demokratie und Rechtsstaat erwiesen haben.“

„Aus dem Scheitern des NPD-Verbotsverfahrens und der größten V-Mann-Affäre in der bundesdeutschen Geschichte müssen endlich politische Konsequenzen gezogen werden – der Verfas­sungsschutz und sein V-Leute-System müssen auf den Prüfstand“, fordert der Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte, Rolf Gössner. In seiner neuesten Buchpublikation, die offiziell am 1. Oktober im Knaur-Verlag München als „Sachbuch des Monats“ erscheinen wird, liefert er brisantes Anschauungsmaterial, das für eine bürgerrechtliche Bewertung und Generalrevision des Verfassungsschutzes unerlässlich ist:

 

Rolf Gössner

>GEHEIME INFORMANTEN<

V-Leute des Verfassungsschutzes:
Kriminelle im Dienst des Staates

Anhand von bislang nicht ausgewerteten oder zugänglichen Quellen deckt Rolf Gössner in dieser Neuerscheinung die unheimliche Symbiose von Verfassungsfeinden und Verfassungsschützern auf: Er schildert in zahlreichen Fallstudien die skandalöse Verstrickung von V-Männern des Verfassungsschutzes in kriminelle und verfas­sungswidrige Organisationen, in Neonazi-Szenen und rassistische Aktivitäten. Brandstiftung, Totschlag, Mordaufrufe, Waffenhandel, Gründung einer terroristischen Vereinigung – das sind nur einige der Straftaten, die „Vertrauensmänner“ des Verfassungsschutzes im Schutz ihrer Tarnung begehen.

Gut getarnt waren die geheimen Informanten des Staates auch in der NPD: Etwa 30 der 200 NPD-Vorstandsmitglieder standen seit Jahren als V-Leute im Sold des Geheimdienstes (über hundert dürften es auf allen Parteiebenen sein). Erst im Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme Partei flog ihre Deckung auf, woraufhin der Prozess vor dem Bundesverfassungsgericht im März 2003 platzte. Bis heute sind daraus keine nennenswerten Konsequenzen gezogen worden.

Gössners Fazit: „Das NPD-Verbotsverfahren und sein Scheitern haben gezeigt, wie kontraproduktiv, ja schädlich der Verfassungsschutz bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus agiert. Über seine bezahlten V-Leute ist der Geheimdienst Teil des Neonazi-Problems geworden, nicht ansatzweise hat er zu dessen Lösung oder Bekämpfung beigetragen. Die geheimdienstlichen Aktivitäten gefährden, was sie eigentlich schützen sollten – Demokratie und Rechtsstaat.“

Die Internationale Liga für Menschenrechte, die sich seit ihrem Bestehen kritisch mit staatlichen Instanzen und ihren Aktivitäten auseinandersetzt, fordert deshalb nach dem NPD-Verbotsdesaster und auf Grundlage der Erkenntnisse aus Gössners „Geheime Informanten“:

·  eine restlose Aufklärung der V-Mann-Affäre im Zusammenhang mit dem NPD-Verbots­verfahren und seinem Scheitern sowie eine Aufarbeitung der Skandalgeschichte des Verfassungssschutzes;

·  eine unverzügliche Unterbindung des V-Leute-Unwesens und der skandalösen Verstrickung des Verfassungsschutzes in Neonazi-Szenen und rechtsextreme Parteien;

·  die Einrichtung einer unabhängigen Geheimdienstkommission, die Aufgaben und Befugnisse, Arbeitsmethoden und Strukturen der VS-Behörden auf den Prüfstand stellt, aber auch ihre Effizienz, die noch nie überprüft worden ist; aus diesem Befund sind geeignete Konsequenzen zu ziehen und umzusetzen – insoweit wird an die rot-grüne Koalitionsvereinbarung vom Herbst 2002 erinnert, in der eine solche Evaluation vereinbart wurde;

·  die Einsetzung eines unabhängigen Geheimdienstbeauftragten, der - ähnlich den Datenschutzbeauftragten - mit weitreichenden Prüfkompetenzen wie Akteneinsichts- und Vernehmungsrecht sowie mit einem arbeitsfähigen Team ausgestattet werden muss, um die notorisch mangelhafte Kontrolle der Geheimdienste wenigstens zu professionalisieren und zu intensivieren – wohl wissend, dass eine demokratische Vollkontrolle von Geheimdiensten, die dem Prinzip demokratischer Transparenz widersprechen, nicht zu erreichen sein wird;

·  die Reduzierung der insgesamt 19 bundesdeutschen Geheimdienste auf Bundesebene und in den Bundesländern;

·  den Aufbau einer offen arbeitenden, wissenschaftlichen Dokumentationsstelle zur Be­obachtung, Erforschung und Analyse des Rechtsextremismus - zumal der Verfassungsschutz als „Frühwarnsystem“, das er sein soll, offenkundig versagte und nicht in der Lage war, die Gefahren des Neonazismus und eskalierender rechter Gewalt angemessen zu prognostizieren, geschweige denn, unterbinden zu helfen.

 

Die "Internationale Liga  für Menschenrechte"

·        ist eine traditionsreiche unabhängige und gemeinnützige Nichtregierungsorganisation, die sich für Menschenrechte und Frieden einsetzt.

·        Die Liga ist Mitglied der Fédération Internationale des Ligues de Droits de l’Homme in Paris, akkreditiert bei UNO, Europarat und UNESCO.

·        Die Liga kämpft für die Einhaltung und Fortentwicklung der Bürger- und Menschenrechte – auf internationaler Ebene, in Europa und in der Bundesrepublik,

·        Die Liga verleiht seit über 40 Jahren die Carl-von-Ossietzky-Me­daille an Personen und Gruppen, die sich um Verteidigung, Durchsetzung und Fortentwicklung der Menschenrechte besonders verdient gemacht haben.

·        Die Liga wird durch Mitgliedsbeiträge und Spenden finanziert. Neue Mitglieder sind herzlich willkommen. Anträge auf Mitgliedschaft sowie Informationsanfragen können an die genannte Adresse gerichtet werden. Für Spenden sind wir dankbar (bitte an: Bank für Sozialwirtschaft, Konto 33 17 100; BLZ 100 205 00). Mitgliedsbeiträge/Spenden sind steuerlich absetzbar.

 

 

Internationale Liga für Menschenrechte verleiht

Carl-von-Ossietzky-Medaille 2003

an die Bürgerinitiative „Freie Heide“ und die Publizistin Dr. Gerit von Leitner

 

Wie jedes Jahr verleiht die Internationale Liga für Menschenrechte anlässlich des Tages der Menschenrechte die Carl-von-Ossietzky-Medaille an Personen und Gruppen, die sich um Verteidigung, Durchsetzung und Fortentwicklung der Menschenrechte und des Friedens besonders verdient gemacht haben.

In diesem Jahr wird die Carl-von-Ossietzky-Medaille an die Bürgerinitiative "Freie Heide" und an die Wissenschaftspublizistin Gerit von Leitner verliehen. Beide Preisträger werden für ihren auf unterschiedliche Weise geführten Kampf gegen Militarisierung, Krieg und Rüstungsinteressen ausgezeichnet, für ihren Kampf gegen eine Politik, die wieder auf Krieg als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln setzt:

·  Die Bürgerinitiative "Freie Heide" wehrt sich seit mehr als zehn Jahren gegen die weitere militärische Nutzung des "Bombodrom" – eines Areals bei Wittstock in Brandenburg, das der sowjetischen Roten Armee vierzig Jahre als Bombenabwurfgelände diente und das künftig für die deutsche Luftwaffe die gleiche Funktion erfüllen soll. Die Bürgerinitiative versteht sich als Teil der Friedensbewegung, die sich Tiefflügen, drohenden Bombenabwurfübungen und Kriegsvorbereitungen mit Engagement und Ausdauer entgegenstellt.

·  Die Historikerin und Publizistin Dr. phil. Gerit von Leitner klagt in ihren aufwändig recherchierten Film- und Hörfunkproduktionen sowie in Buchveröffentlichungen die individuelle Verantwortung der Naturwissenschaftler und Techniker ein, die Mittel zur Kriegsführung entwickeln und bereitstellen. Sie appelliert an ihre spezielle Verantwortung für den Frieden und sie stellt Schicksale von Frauen im Wissenschaftsbetrieb heraus, die sich dem Militarismus in der Gesellschaft energisch widersetzten.

 

 

Termine und Veranstaltungen

27.11.03, 19 h, Republikanische Vesper, „Endstation Guantanamo?“ mit RA Eberhard Schultz, amnesty international und der US-Botschaft, im Haus der Demokratie und Menschenrechte, Berlin, Greifswalder Str. 4.

Im übrigen findet
jeden letzten Donnerstag im Monat
eine von Ossietzky + Liga veranstaltete „Republikanische Vesper“
statt. Ort:
Haus der Demokratie u. Menschenrechte Berlin

06./07.2003, Kassel: Friedenspolitischer Ratschlag. Infos über http://www.friedensratschlag. de

14.12., 11 h, Berlin, Haus der Kulturen, Verleihung der Carl-von-Ossietzky-Medaille 2003

12.11. – 11.12. „Krieg ist kein Kinderspiel“. Ausstellung von 2.000 Kinderzeichnungen aus den Kriegen des vergangenen Jahrhunderts, im Robert-Havemann-Saal, Haus der Demokratie und Menschenrechte, Berlin, Greifswalder Str. 4.

Veranstaltungen mit Rolf Gössner:

18.11., 20 h Hannover, Pavillon, Lesung „Geheime Informanten“ – V-Leute des Verfassungsschutzes: Kriminelle im Dienst des Staates

20.11., 20 h, Bremen, Villa Ichon, „Geheime Informanten“

21.11., 19 h, Luxemburg, Europäische Sicherheitspolitik, Eisenbahner-Gewerkschaftsgebäude

05.12., 19 h 30, Nürnberg, Nachbarschaftshaus, „Geheime Informanten“

10.12., 19 h 30, Wilhelmshaven, DGB-Haus, „Geheime Informanten“

11.12., 18 h, Lüneburg, Fachhochschule, Auf dem Weg zum autoritären Sicherheitsstaat?

 

Literaturhinweise

Anlässlich der diesjährigen Ossietzky-Medaillen-Verleihung empfiehlt der Antifaschistische Ausschuss der Internationalen Liga für Menschenrechte zwei Bücher von

Gerit von Leitner

Der Fall Clara Immerwahr

Leben für eine humane Wissenschaft

Verlag C.H.Beck

Clara Immerwahr, selbst Chemikerin, war die Frau des Chemikers Fritz Haber, der im Ersten Weltkrieg die Giftgaseinsätze möglich machte und auch selbst leitete. Aus Protest gegen diese Unmenschlichkeit erschoss sich Clara Immerwahr mit der Dienstpistole ihres Mannes.

Wollen wir unsere Hände in Unschuld waschen?

Gertrud Woker (1878 - 1968) Chemikerin & Internationale Frauenliga 1915 - 1968

Weidler Buchverlag

Gertrud Woker war eine Schweizer Chemikerin, die in ihrem Fachgebiet Wichtiges leistete und durch ihr Wirken in der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit gegen den Missbrauch der Wissenschaften für die Kriegführung kämpfte. Die Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit ist auch heute noch weltweit Teil der Friedensbewegung.                       E.K.

Die Texte der Beiträge zur 3. Oktober-Veranstaltung „Können wir aus der Geschichte lernen?“ liegen inzwischen als Ossietzky-Sonder­druck vor. Das Heft (20 Seiten) kann zum Preis von 1,50 € zzgl. Portokosten bestellt werden beim

Ossietzky-Abo-Service, Vordere Schöneworth 21, 30167 Hannover, Tel. 0511/702526, Fax 0511/ 704483, email: ossietzky@interdruck.net

Unter derselben Adresse ist auch ein weiterer Ossietzky-Sonderdruck zu beziehen:

Die verbotene Weltbühne

Nach 70 Jahren hat der Verlag Ossietzky das Heft 11/1933 der Weltbühne vom 14. März 1933 herausgegeben, das damals wegen des Verbots der Nazis nicht erschienen ist. Dieser Sonderdruck kann für 5 € zzgl. Portokosten beim Ossietzky-Abo-Service bestellt werden.

 

Dietmar Harz, Palästina, Beck, München 2003.

Wahid Wahdat-Hagh, Die islamische Republik Iran – Die Herrschaft des politischen Islam als eine Spielart des Totalitarismus. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Ulrich Albrecht, 2003. ISBN 3-8258-6781-1.

Christa Wolf, Ein Tag im Jahr. Luchterhand

Eric Hobsbawn, Gefährliche Zeiten, Autobiographie.

 

Veröffentlichungen von Rolf Gössner:

Geheime InformantenV-Leute des Verfassungsschutzes: Kriminelle im Dienst des Staates. Knaur-Taschenbuch, München (320 S.; 12,90 €)

Migrant(inn)en unter Generalverdacht? Zu den Auswirkungen des staatlichen „Anti-Terror“-Kampfes, in: Zehn Jahre PKK-Verbot und kein Ende? Ein Anachronismus mit Folgen, hrg. von: HU, YEK-KOM, AZADI, Köln 2003.

Thüringer Staatsgewalt, OSSIETZKY 15/03.

Fürsorgepflicht oder organisierte Verantwortungslosigkeit? Strukturelle Probleme bei der justiziellen Aufarbeitung von Todesschüssen und Prügelszenen am Beispiel Thüringens, in: FRANKFURTER RUNDSCHAU v. 12.8.2003

Fanal ohne Wirkung? Zum 20. Todestag von Cemal Altun, in: OSSIETZKY 18/2003, 627 ff.

Nicht nur New Yorks Skyline hat sich verändert. Sicherheit made in Germany: Dr. Rolf Gössner über den 11.9. und die rot-grünen „Anti-Terror“-Aktivitäten, in: NEUES DEUTSCHLAND 11.09.2003; UNBEQUEM, Sept. 2003.

Die Polizei, dein Lauscher und Gucker. In der Präventionslogik mutiert der Mensch per se zum Sicherheitsrisiko / Rolf Gössners Laudatio zur Verleihung des BigBrotherAward, in: FRANK­FURTER RUNDSCHAU v. 25.10.2003, S. 7.

Im Namen der Sicherheit, in: BLÄTTER für deutsche und internationale Politik 11/2003.

Der ganz alltägliche Ausnahmezustand. Rolf Gössner über Bad Kleinen und die Folgen, in: NEUES DEUTSCHLAND 27.6.2003, S. 3.

Das NPD-Verbotsverfahren und die Folgen. Rolf Gössner über die Reformfähigkeit des Verfassungsschutzes (von Christiane Schulzki-Had­douti), aus: www.telepolis.de 06.10.2003.

 

Impressum

Liga-Report - Informationsbrief
der Internationalen Liga für Menschenrechte,

Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin,

Tel. 030 – 396 21 22; Fax 030 – 396 21 47;

Mail: vorstand@ilmr.org; Internet: www.ilmr.org

Redaktion 2/2003: Rolf Gössner, Kilian Stein. Mitarbeit: Yonas Endrias, Eleonore Kujawa, Katrin Oeser, Marianne Reiff-Hundt, Fanny-Michaela Reisin. ViSdP: Kilian Stein.

Spenden bitte an: Internationale Liga für Menschenrechte
Bank für Sozialwirtschaft, Konto 33 17 100; BLZ 100 205 00



[1] Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen 1993 – 2002, Hrsg.: Antirassistische Initiative e.V., Yorckstrasse 59, 10965 Berlin, Januar 2003