Jüngere Disziplinierungsfälle aus Ost und West.
Aus Gesinnungsgründen haben kürzlich zwei Betroffene ihren Job
verloren, die Dunkelziffer dürfte weit höher sein
Wer glaubt, in der Bundesrepublik
gehörten Berufsverbote aus politischen Gründen der Vergangenheit an, irrt sich
gewaltig. Es gibt sie noch – oder wieder, in West wie in Ost. In jüngerer Zeit
sind gleich zwei gefällt worden, die Dunkelziffer dürfte weit höher sein: In
Baden-Württemberg traf es den 35jährigen Realschullehrer Michael Csaszkóczy,
dem von der baden-württembergischen Kultusministerin Annette Schavan (CDU) im
August 2004 die Einstellung in den staatlichen Schuldienst verweigert worden
ist – weil er sich angeblich „linksextremistisch“ betätige. In Sachsen entließ
der CDU-Wissenschaftsminister Matthias Rößler ebenfalls 2004 den damals
59-jährigen PDS-Spitzenkandidaten Peter Porsch als Germanistik-Professor an
der Universität Leipzig – wegen angeblicher IM-Tätigkeit zu DDR-Zeiten. Und mit
den Antiterror-Gesetzen von 2002 sind Sicherheitsüberprüfungen auf Mitarbeiter
in sogenannten lebens- und verteidigungswichtige Einrichtungen und Betriebe
ausgedehnt worden; solche Überprüfungen können zu Berufsverboten führen, falls
die Betroffenen zu „Sicherheitsrisiken“ erklärt werden. Und es stellt sich die
Frage, ob nicht noch weitere Bereiche, weitere Betroffene hinzu kommen – etwa
im Zusammenhang mit dem Kopftuchverbot für Lehrerinnen?
Das Berufsverbot gegen Michael Csaszkóczy
begründet die Kultusministerin damit, dass sich der angehende Lehrer politisch
in der „Antifaschistischen Initiative Heidelberg“ betätige. Diese legal
arbeitende Initiative engagiert sich gegen fremdenfeindliche und neonazistische
Bestrebungen aller Art. Eigentlich eine anerkannt löbliche Angelegenheit, rufen
doch auch Politiker zuweilen einen „Aufstand der Anständigen“ aus. Doch besagte
Initiative, die tatkräftig ernst mit ihrem Anliegen macht, zählt offenbar nicht
zu den amtlich beglaubigten „Anständigen“: Sie sei „linksextremistisch“ und
halte Militanz etwa gegen Nazis für ein legitimes Mittel, so der
baden-württembergische Verfassungsschutz (VS), der Csaszkóczy schon seit mehr
als einem Jahrzehnt hinterher schnüffelt.
Ausgerechnet diese zweifelhaften
Bewertungen eines Geheimdienstes nähren die Zweifel der Kultusministerin an der
Verfassungstreue des Bewerbers. Wer Mitglied einer „extremistischen
Vereinigung“ sei, könne nicht Lehrer an einer öffentlichen Schule werden, ließ
sie nach einem „vertieften Einstellungsgespräch“ mit Csaszkóczy verlauten.
Schließlich habe sich der Betroffene nicht von der Antifa-Initiative und ihren Zielen
distanziert, obwohl das Ministerium gerade dies von ihm verlangt hatte.
Außerdem sei Csaszkóczy auch noch Mitglied in der „Vereinigung der Verfolgten
des Nazi-Regimes“ (VVN/BdA) und in der „Roten Hilfe“, beide Beobachtungsobjekte
des VS. Dies belege einmal mehr, wie stark er in das „verfassungsfeindliche
Spektrum verstrickt“ sei.
Mit ihrer Entscheidung hält die
Ministerin einen engagierten Antifaschisten aus Gesinnungsgründen und wegen
seines öffentlichen Engagements gegen Faschismus und Krieg vom Schuldienst fern
– obwohl ihm persönlich keinerlei Fehlverhalten vorgeworfen werden kann, obwohl
er sich in seiner Ausbildung als fähiger Lehrer erwies, der allseits gelobt
wird. Der Fall hat bundesweit für Wirbel gesorgt: Viele Organisationen, die GEW
und auch viele Schülerinnen und Schüler hatten sich für den bestens
qualifizierten und motivierenden Lehramtsanwärter eingesetzt – nach dem Motto:
„Solche Lehrer braucht das Land.“ Csaszkóczy hat gegen das Berufsverbot Klage
vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe eingereicht, weil er darin einen Verstoß
gegen die Grundrechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Berufsfreiheit sieht.
Inzwischen ist hat er auch in Hessen
Berufsverbot erhalten, obwohl er eine schriftliche Einstellungszusage für eine
Lehrerstelle hatte, die seiner Qualifikation entsprach. Als er diese antreten
wollte, ist er Minuten vor der ersten Lehrerkonferenz mit dem Verbot
konfrontiert und heimgeschickt worden.
Man fühlt sich
zurückversetzt in vergessen geglaubte Zeiten der 70er und 80er Jahre des vorigen
Jahrhunderts – in eine Zeit also, als der VS auf Grundlage des
„Radikalenerlasses“ Millionen von Stelleninhabern und Bewerbern für den
Öffentlichen Dienst systematisch überprüfte. Aus dieser Praxis der Regelanfrage
resultierten nicht allein etwa 11.000 Berufsverbotsverfahren und 1.500
Berufsverbotsmaßnahmen, sondern diese Praxis vergiftete auch das politisch-kulturelle
Klima der damaligen Bundesrepublik: Zusammen mit der damaligen Terrorismushysterie
und Sympathisantenhetze führten die Berufsverbote zu einem Klima der Einschüchterung
und Angst, zu Zensur und Selbstzensur. Betroffen war die gesamte Linke, ob Kommunisten,
Sozialisten oder Radikaldemokraten, die eine Beschäftigung im öffentlichen
Dienst suchten oder aber dort bereits tätig waren – ob als Lehrer,
Wissenschaftler, Postboten, Lokführer, Bahnschaffner, Kindergärtnerinnen oder
als Friedhofsgärtner.
Bereits 1972 hatte die
extensive justitielle Kommunistenverfolgung der 50er und 60er Jahre eine
Fortsetzung mit anderen Mitteln erfahren. Inzwischen war eine sozialliberale
Regierung an die Macht gelangt, die sich und den Staat offenbar gegen den von
studentenbewegten 68ern angekündigten »Marsch durch die Institutionen« zu
schützen suchte. Es war die Geburtsstunde des „Radikalenerlasses“ der
Ministerpräsidenten, der unter Führung des damaligen SPD-Bundeskanzlers Willy
Brandt zustande kam (später hat er diesen als Irrtum bezeichnet). Die Folge:
eine extensive Berufsverbotspolitik gegen kommunistische und andere linksorientierte
Stellenbewerber und Stelleninhaber im öffentlichen Dienst. In das Beamtenverhältnis
sollte nur berufen werden, wer die Gewähr dafür biete, das er „jederzeit für
die freiheitlich demokratische Grundordnung“ eintrete. „Berechtigte Zweifel“
hieran reichten aus; eines Nachweises, dass der Bewerber nicht verfassungstreu
sei, bedurfte es nicht. Um solche Zweifel systematisch im Einzelfall zu
ergründen, sind massenweise peinliche Gesinnungsüberprüfungen durchgeführt
worden.
Erst ab 1990 wurden zumindest in einigen
Bundesländern den Betroffenen - zumeist waren es Lehrer - wieder adäquate Stellen
im öffentlichen Dienst angeboten. Doch mit der (Wieder-)Einstellung war eine
Entschädigung nicht verbunden – also kein Schadensersatz in Höhe der
entgangenen Einnahmen und keine Rentenanpassung. Denn die herrschende Meinung
geht davon aus, dass die Berufsverbotsverfahren seinerzeit verfassungsgemäß
gewesen und mit rechtsstaatlichen Mitteln durchgeführt worden seien.
Verstoß
gegen Menschenrechte
Trotz dieser herrschenden Auffassung: Für diese
Berufsverbotspraxis ist die Bundesrepublik Deutschland schon einmal vom
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg verurteilt worden –
wegen Verstoßes gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und damit wegen
Verletzung von Menschenrechten. Zuvor hatten sämtliche bundesdeutschen Gerichte,
auch das Bundesverfassungsgericht, diese Praxis im Einzelfall als
grundrechtskonform abgesegnet.
Der Europäische Gerichtshofs hatte im
September 1995 im Berufsverbotsfall der Studienrätin Dorothea V. aus Oldenburg
entschieden, dass
· die gegen sie 1986 ausgesprochene
Entlassung aus dem öffentlichen Dienst wegen ihrer Mitgliedschaft in der DKP
gegen Art. 10 und 11 (Meinungsfreiheit und Vereinigungsfreiheit) der
„Europäischen Menschenrechtskonvention“ verstoße.
· Da die DKP nicht verboten worden sei,
seien Vogts Aktivitäten für und in der DKP „völlig rechtmäßig“ gewesen.
· Verletzungen ihrer Berufspflichten - etwa
eine unzulässige Indoktrinierung ihrer Schüler oder „verfassungswidrige Handlungen“
- habe es offenkundig nicht gegeben.
Mit diesem Urteil war – allerdings nur in
diesem Einzelfall - der Weg frei für eine angemessene Entschädigung. Die
Betroffene und das Land Niedersachsen haben sich über die Summe
außergerichtlich geeinigt. Dorothea V. ist bereits 1990 wieder in den
niedersächsischen Schuldienst aufgenommen worden.
Es ist dies
das erste Mal, dass ein Berufsverbote-Opfer den steinigen und langwierigen Gang
durch sämtliche Instanzen gegangen ist und nach Ausschöpfung des nationalen
Rechtswegs, der ihre Menschenrechte nicht garantierte, den europäischen
Rechtsweg beschritten hat. Und es ist das erste Mal, dass sich die
Bundesrepublik in der jahrzehntelangen Auseinandersetzung um Berufsverbote vor
dem Europäischen Gerichtshof verantworten musste und dabei bescheinigt bekam,
dass es sich in diesem Fall um Menschenrechtsverletzungen handelte.
Mit diesem Urteil von 1995 hoffte man, dass die
verhängnisvolle Berufsverbotspolitik nun endlich auf dem „Müllhaufen der
Geschichte“ (Egon Bahr) landen würde. Doch eine nachhaltige Entsorgung ohne
Wiederkehr war damit wohl nicht verbunden.
Berufsverbote-Ost
Denn schon Anfang der 90er Jahre
zeichnete sich nach dem Anschluss der DDR an die Bundesrepublik wieder die
Gefahr einer neuen Berufsverbotswelle ab. Auf Grundlage des Einigungsvertrags
und des Stasi-Unterlagen-Gesetzes wurden Stellenbewerber aus der ehemaligen DDR
praktisch einer Regelanfrage unterzogen. Es ging um die Feststellung von
Stasi-Kontakten, SED-Mitgliedschaften und bloßer „Staatsnähe“. So hatte etwa
die bayerische Staatsregierung, wie auch andere Landesregierungen, seinerzeit
angeordnet, dass jeder Bewerber für den öffentlichen Dienst einen „Fragebogen
zur Prüfung der Verfassungstreue“ ausfüllen muss. Darin mussten die Aspiranten
angeben, ob sie „extremistische Organisationen“ unterstützen (etwa die
„Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ oder die PDS – nicht aber „die
Republikaner“ oder DVU), ob sie Mitglied einer DDR-Massenorganisation waren
(z.B. „Freie Deutsche Jugend“ oder „Verband der Kleingärtner, Siedler und
Kleintierzüchter“), ob sie für die Stasi spioniert hatten oder als inoffizielle
Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (nicht des VS oder anderer
westlicher Geheimdienste) geführt worden waren. Tatsächlich sind nach der
„Wende“ über eine Million Menschen aufgrund ihrer ehemaligen beruflichen
Stellung oder politischen Betätigung überprüft und weit mehr als 10.000 Sonderkündigungen
im öffentlichen Dienst ausgesprochen worden. In erster Linie hat es Lehrer getroffen,
aber auch Ärzte, Juristen, Wissenschaftler und Künstler.
Vierzehn Jahre nach der Vereinigung sind
die Stasi-Unterlagen auch dem Germanistikprofessor und PDS-Politiker Peter
Porsch zum Verhängnis geworden. Just drei Wochen vor der Sächsischen
Landtagswahl 2004 – die PDS war in den Umfragen zweitstärkste Partei in Sachsen
- wurden belastende Dossiers über den PDS-Spitzenkandidaten an die Presse lanciert.
Die Birthler-Behörde, von der das Material stammt, hatte ihm zuvor weder
Akteneinsicht noch die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben. In der
entscheidenden Phase des Wahlkampfs hat man ihm öffentlich zum Vorwurf gemacht,
1984 als „IM Christoph“ der Stasi Bericht erstattet zu haben – etwa über einen
privaten Literatur-Zirkel, dem auch seine spätere Frau angehört hatte. Porsch
bestreitet diesen Vorwurf. Er könne sich allenfalls vorstellen, ohne sein
Wissen „abgeschöpft“ worden zu sein. Trotz dieser ungeklärten Situation ist er
– ohne vorherige Anhörung – vom Wissenschaftsminister fristlos als Professor an
der Universität Leipzig entlassen worden.
Eine fristlose Kündigung ist nach dem
Einigungsvertrag möglich, wenn der Mitarbeiter gegen „Grundsätze der
Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit“ verstoßen hat oder wenn er für die
frühere Staatssicherheit der DDR tätig war und die Weiterbeschäftigung
„unzumutbar“ ist. Auf dieser Rechtsgrundlage kam es in der Vergangenheit immer
wieder zu einer rigiden Handhabung, bei der nicht der konkrete Einzelfall
geprüft, sondern eher schematisch entschieden wurde. Zwar stand dieses Sonderkündigungsrecht
des Einigungsvertrages schon einmal auf dem gerichtlichen Prüfstand, ist aber
nicht als verfassungswidrig eingestuft worden. Denn mit diesen Regelungen
werde, so das Bundesverfassungsgericht, dem Umstand Rechnung getragen, „daß
durch eine solche Tätigkeit (für die Stasi; R.G.) die Integrität des
Betroffenen sowie seine innere Bereitschaft, Bürgerrechte zu respektieren und
sich rechtsstaatlichen Regeln zu unterwerfen, nachhaltig infrage gestellt wird.
Die systematische Ausforschung der eigenen Bevölkerung mit
nachrichtendienstlichen Mitteln war ein besonders abstoßendes
Herrschaftsinstrument“. Doch im Fall Porsch war keinesfalls bewiesen, dass
der Verdächtigte an systematischer Ausforschung beteiligt war – deshalb hätte
sich eine Entlassung schon aus Gründen der Unschuldsvermutung verbieten müssen.
Das Land Sachsen hat inzwischen mit Porsch vor dem Arbeitsgericht Dresden einen
Vergleich abgeschlossen, der eine Rückkehr Porschs in den öffentlichen Dienst
ausschließt.
Michael Csaszkóczy und Peter Porsch - zwei Menschen, zwei
Berufsverbotsfälle, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Porsch, der am
Ende seiner Laufbahn entlassen wurde und dessen Ruf als Wissenschaftler und
Politiker auf dem Spiel steht, weil ihm Stasi-Vorwürfe aus grauer DDR-Vorzeit
gemacht werden. Csaszkóczy, ein junger Antifaschist jenseits des Parteienspektrums,
der am Anfang seiner Berufslaufbahn steht – ein qualifizierter und politisch
unbequemer Lehrer, dessen Auskommen und Lebensperspektive auf dem Spiel stehen.
Aber auch andere müssen um ihre Jobs
fürchten, wenn an ihrer Verfassungstreue oder an ihrer Zuverlässigkeit Zweifel
bestehen. So können nach den "Antiterror"-Gesetzen von 2002 Tausende
von Beschäftigten in "lebens- oder verteidigungswichtigen
Einrichtungen" sogenannten Sicherheitsüberprüfungen unter Mitwirkung des
VS unterzogen werden - im öffentlichen Dienst, aber auch in
privatwirtschaftlichen Betrieben. Betroffen von diesem ausgeweiteten
personellen "Sabotageschutz" sind Einrichtungen und
sicherheitsempfindliche Stellen, so heißt es im Gesetz wörtlich, "die für
das Funktionieren des Gemeinwesens unverzichtbar sind und deren
Beeinträchtigung erhebliche Unruhe in großen Teilen der Bevölkerung entstehen
lassen würde". Gemeint sind Einrichtungen, die der Versorgung der
Bevölkerung dienen, wie Energie-Unternehmen, Krankenhäuser, pharmazeutische
Firmen, Chemie-Anlagen, Bahn, Post, Banken, Telekommunikationsunternehmen, die
Bundesagentur für Arbeit, aber auch Rundfunk- und Fernsehanstalten können
betroffen sein. Menschen, die sich um solche sicherheitsempfindlichen Stellen
bewerben oder sie bereits innehaben, werden also wesentlich mehr als bislang in
geheimdienstliche Überprüfungen einbezogen - und nicht nur sie, sondern, je
nach Sicherheitsstufe, womöglich auch ihre Lebenspartner und ihr soziales
Umfeld.
Schon die "Besorgnis" möglicher
Erpressbarkeit, also etwa Schulden, sexuelle Normabweichungen oder
"Zweifel an der Zuverlässigkeit oder am Bekenntnis zur freiheitlich
demokratischen Grundordnung", reichen aus, um zu einem personellen "Sicherheitsrisiko"
deklariert zu werden. Selbst "sicherheitserhebliche Erkenntnisse"
über den Lebenspartner machen die überprüfte Person zum Sicherheitsrisiko. Vor
allem die gesammelten Aussagen gesprächiger Referenz- oder Auskunftspersonen
über die Betroffenen erweisen sich nicht selten als wahre Fundgrube an
Informationen über Vereinstätigkeiten, Hobbys, Krankheiten, Kleidungsverhalten,
angebliche Verschwendungssucht und Wirkung auf das andere Geschlecht.
Die auf solchen "Erkenntnissen"
beruhenden Kündigungen oder Nichteinstellungen wegen Sicherheitsbedenken können
arbeitsrechtlich nur schwer angegriffen werden, denn die Quellen der
Erkenntnisse bleiben regelmäßig geheim, so dass anonymen Denunziationen Tür und
Tor geöffnet sind. Die hochsensiblen Daten dürfen zu allem Überfluss auch noch
für ganz andere Zwecke des VS verwendet und an andere Stellen weitergegeben
werden.
In aller Regel scheuen sich diejenigen,
die davon betroffen sind, ihre Fälle öffentlich zu machen. Sie haben
verständlicherweise Angst, ihre berufliche Existenz aufs Spiel zu setzen. Das
gilt auch für den Lagerleiter Johann H., der auf einem bayerischen Flughafen
beschäftigt war. Die Regierung hat ihm von heute auf morgen die
Zutrittsberechtigung für nicht allgemein zugängliche und
sicherheitsempfindliche Bereiche des Flughafens entzogen. Er musste seinen
Flughafenausweis zurückgeben und kann seinen Arbeitsplatz nicht mehr erreichen.
Begründung: Die Feststellung seiner persönlichen Zuverlässigkeit werde widerrufen,
weil er vor zwanzig Jahren für eine linksradikale Gruppierung Plakate geklebt
haben soll. Gut möglich, dass sich mit diesem Geist der
"Antiterror"-Gesetze eine neue Welle von Berufsverboten entwickelt.
Dr. Rolf Gössner, Rechtsanwalt und
Publizist, seit 2003 Präsident der "Internationalen Liga für Menschenrechte"
(www.ilmr.de). Mitherausgeber der
Zweiwochenschrift für Politik/Kultur/Wirtschaft "Ossietzky" (www.sopos.org/ossietzky) und des
„Grundrechte-Reports“ (www.grundrechte-report.de).
Mitglied in der Jury zur Vergabe des „BigBrotherAwards” (www.bigbrotherawards.de) und der
Carl-von-Ossietzky-Medaille. Autor zahlreicher Sachbücher zu Bürger- und
Menschenrechtsthemen, zuletzt: "Geheime Informanten: V-Leute des Verfassungsschutzes
- Kriminelle im Dienst des Staates", Knaur-Verlag München 2003. Internet: www.rolf-goessner.de.