Pressemitteilung 6. Juni 2013 (Sperrfrist: 11:00 Uhr)

Präsentation des Grundrechte-Reports 2013

Herausgeber: Frankfurter Polizeieinsatz bei Blockupy-Protesten verfassungsrechtlicher Skandal

Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte, fordert
Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte

 

Am heutigen Tage wird der Grundrechte-Report 2013 durch Prof. Dr. Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte, in Karlsruhe der Öffentlichkeit präsentiert. Der von acht namhaften Bürgerrechtsorganisationen herausgegebene Report zieht eine kritische Bilanz zum Umgang mit den Bürger- und Menschenrechten in Deutschland.

 

Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte, erklärte anlässlich 
der Präsentation
des Grundrechte-Reports: „Es ist geboten, die Identifizierung der Polizeibeamten
und -beamtinnen im Einsatz sicherzustellen und Vorkehrungen für eine unabhängige Ermittlung in Fällen
von Polizeigewalt zu treffen, etwa durch unabhängige Beschwerdestellen, um eine wirksame
Strafverfolgung zu garantieren.“

 

Der Polizeieinsatz am 1. Juni 2013 bei der Blockupy-Demonstration in Frankfurt zeigt, wie wichtig ein 
solcher Schutz vor Polizeigewalt ist. Was der Grundrechte-Report hinsichtlich der Blockupy-Proteste
für das Jahr 2012 dokumentiert, hat sich in verschärfter Weise am letzten Wochenende durch einen
drakonischen Polizeieinsatz wiederholt. Die Herausgeber des Grundrechte-Reports sehen dies als
verfassungsrechtlichen Skandal an. Elke Steven vom Grundrechtekomitee stellt für die Herausgeber
fest: „Wir sind entsetzt, in welch unvorstellbarer Weise Grundrechte ausgehebelt und Gerichtsurteile
mit Füßen getreten wurden.“ Die Demonstration war früh durch die Einkesselung der ersten Blöcke
verhindert worden. Teils brutale Polizeigriffe, Schlagstock- und Pfeffersprayeinsätze führten zu
Hunderten Verletzten auf Seiten der Demonstrierenden. Das Demonstrationsrecht – für eine Demokratie
schlechthin konstituierend – wird ebenfalls verletzt, wenn es durch Platzverweise, Videoüberwachung,
Verbote und Auflagen ausgehöhlt wird.
 
Der Zustand der Verfassungswirklichkeit zeigt sich gerade am Umgang mit den Schwächsten
in der Gesellschaft. So wurden im Jahr 2012 Asylsuchende aus Serbien und Mazedonien im Asylverfahren
massenhaft abgelehnt und umgehend die Abschiebung in ihre Herkunftsländer vorbereitet.
“Mit einem rechtsstaatlichen Verfahren hat dies nichts mehr zu tun“, sagte Marei Pelzer, PRO ASYL,
im Namen der Herausgeber. Manifeste Eingriffe in die Grundrechte finden aber auch da statt, wo
durch Nacht-und-Nebel-Abschiebungen Familien getrennt werden, wie etwa der im Report geschilderte
Fall der syrischen Familie Naso beleuchtet. Opfer von staatlicher Diskriminierung werden sowohl Deutsche
als auch Nicht-Deutsche, wenn die Polizei meint, in Zügen, auf Bahnhöfen oder im „grenznahen Raum“
Menschen allein aufgrund ihrer Hautfarbe kontrollieren zu dürfen (Racial Profiling). Pelzer fordert,
diese rassistische Diskriminierung
endlich zu beenden.
 
Der Grundrechte-Report befasst sich angesichts des Versagens der Verfassungsschutz- und 
Sicherheitsämter bei den Morden des sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrunds“ in
einem weiteren Schwerpunkt mit dem Thema Geheimdienste. Der Verfassungsschutz habe sich
grundlegend diskreditiert und werfe fundamentale Fragen nach seiner demokratischen Legitimierbarkeit
auf, stellten die Herausgeber fest.
 

Der jährliche Report zur Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland zieht auch in seinem 17. Erscheinungsjahr mit 42 Beiträgen kritisch Bilanz zum Zustand der Grundrechte. Der im Fischer Taschenbuch Verlag verlegte, 1997 erstmals erschienene Grundrechte-Report
versteht sich als "alternativer Verfassungsschutzbericht". Acht Bürger- und Menschenrechtsorganisationen dokumentieren darin jährlich den Umgang staatlicher Stellen mit dem Grundgesetz.

 

Hintergründe zum Fall Naso finden Sie im Grundrechte-Report 2013 sowie über die Rückkehr von Vater und Sohn der Familie am 1.6.2013 hier: Aus syrischen Kerkern zurück nach Hause

 

Grundrechte-Report 2013 – Zur Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland; Herausgeber: T. Müller-Heidelberg, E. Steven, M. Pelzer, M. Heiming, H. Fechner, R. Gössner, U. Engelfried und F. Behrens; Preis € 10,99; 240 Seiten; ISBN 978-3-596-19648-7; Fischer Taschenbuch Verlag; Juni 2013.

 

Rezensionsexemplare ausschließlich zu Pressezwecken können über den Fischer Taschenbuch Verlag bestellt werden (heidi.borhau@fischerverlage.de). Für Rückfragen oder Interviewwünsche wenden Sie sich bitte an Sven Lüders unter Telefon 01520 183 1627 bzw. E-Mail info@humanistische-union.de oder Elke Steven unter Telefon 0177 762 1303 bzw. E-Mail info@grundrechtekomitee.de.