Flughafenverbot für Abschiebungsgegnerin rechtmäßig
Der V. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass die Betreiberin des Flughafens
Frankfurt a.M. keine Demonstrationen oder ähnliche Aktionen dulden muss,
wenn diese konkret geeignet sind, eine Störung des Flughafenbetriebs
herbeizuführen.
I. Die Klägerin begab sich
im März 2003 zusammen mit fünf weiteren Personen zum Flughafen Frankfurt a.M.,
und zwar an den Abfertigungsschalter, der für einen am selben Tag stattfindenden
Flug nach Athen zuständig war. Dort fragte sie nach der im Rahmen dieses Fluges
vorgesehenen Abschiebung eines Ausländers. Hierbei wurden Flugblätter verteilt,
welche unter der Überschrift „Flug: LH 3492 nach Athen…“ den Namen des
Ausländers sowie Angaben zu seinem Schicksal und zu seiner Befürchtung
enthielten, im Wege einer Kettenabschiebung an die Türkei ausgeliefert zu
werden. Der Klägerin ging es dabei insbesondere um die Weitergabe der
Information, dass bei dem Flug eine Abschiebung gegen den Willen des
Betroffenen durchgeführt werden sollte.
Die beklagte
Flughafenbetreiberin, eine Aktiengesellschaft im Mehrheitsbesitz der
öffentlichen Hand, sprach darauf hin ein Flughafenverbot gegenüber der Klägerin
aus. Das Verbot bezieht sich (nur) auf die unberechtigte Nutzung des
Flughafens, insbesondere mit der Beklagten nicht abgestimmte Demonstrationen im
Terminal.
Die Klägerin hat die
Aufhebung des Hausverbots verlangt. In den Vorinstanzen, die die Klage abgewiesen
haben, hat sie sich auf ihre Grundrechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit
berufen und die Auffassung vertreten, die Beklagte habe es hinzunehmen, dass
von ihrem Betriebsgelände aus durchgeführte Abschiebungen von Flüchtlingen
kritisch hinterfragt würden. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen
Revision hat die Klägerin ihren Klageantrag weiter verfolgt.
II. Der V. Zivilsenat
des Bundesgerichtshofs hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Die
beklagte Flughafenbetreiberin sei aufgrund ihres Hausrechts berechtigt gewesen,
gegenüber der Klägerin ein Hausverbot auszusprechen. Durch die Öffnung des
Flughafens auch für Besucher gewähre sie – unter Verzicht auf die Ausübung
ihres Hausrechts im Einzelfall – zwar allen Personen den Zutritt zum Flughafen,
die sich im Rahmen des üblichen Verhaltens bewegten und den Betriebsablauf
nicht störten. Damit sei das Flughafengelände aber nicht für beliebige Zwecke,
insbesondere nicht für das Verteilen von Flugblättern und für Demonstrationen,
geöffnet worden.
Die Flughafenbetreiberin sei
auch nicht mit Rücksicht auf die Grundrechte der Klägerin auf Versammlungs- und
Meinungsfreiheit verpflichtet, Aktionen wie diejenige vom März 2003 zu dulden.
Der Bundesgerichtshof hat dabei offen gelassen, ob die Beklagte einer
Privatperson gleichsteht oder ob sie – weil sie im Bereich des Luftverkehrs
öffentliche Aufgaben wahrnimmt bzw. sich im Mehrheitsbesitz der öffentlichen
Hand befindet - unmittelbar an die Grundrechte gebunden ist. Jedenfalls müsse
die Beklagte auch unter Berücksichtigung der Grundrechte der Klägerin keine
Versammlungen oder Aktionen hinnehmen, die geeignet sind, die Abwicklung des
Flugverkehrs zu stören. Hierauf sei das Verhalten der Klägerin aber gerichtet
gewesen. Ihr sei es darauf angekommen, einen Solidarisierungseffekt unter den
Passagieren zu erzielen, der im Vorfeld des Fluges zu Nachfragen oder Protesten
und damit mindestens zu einer Verzögerung des Abflugs führen würde. Das belege
auch eine weitere Aktion vom Juni 2004. Hierbei hatte die Klägerin Flugblätter
(„Zeigen Sie Zivilcourage – Was Sie als Fluggast tun können“) mit dem Hinweis
verteilt, Passagiere könnten sich weigern, ihre Handys im Flugzeug
auszuschalten und so den Start der Maschine und damit die Abschiebung
verhindern oder verzögern. Da ein Hausverbot keinen Strafcharakter habe,
sondern in erster Linie bezwecke, künftige Verletzungen des Hausrechts zu verhindern,
habe dieser Vorfall bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Hausverbots
berücksichtigt werden können.
Urteil v. 20. Januar 2006 - V ZR 134/05 (AG
Frankfurt 31 C 27799/04 - 23 ./. LG Frankfurt – 2/1 S 9/05)
Karlsruhe, den 20. Januar 2006
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