Internationale Sektion der Fédération
Internationale des Ligues de Droits de l’Homme akkreditiert mit B.Status bei UNO,
Europarat und UNESCO |
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für Menschenrechte im Geiste von Carl von Ossietzky Internationale
Liga f. Menschenrechte Greifswalder
Str. 4 10405 Berlin |
Flüchtlingsrat
Berlin e.V.
buero@fluechtlingsrat-berlin.de, www.fluechtlingsrat-berlin.de
Die Menschenwürde ist
verletzbar
Aus Anlass
des bundesweiten Aktionstages gegen die Abschiebehaft am 30. August 2003
stellen die Internationale Liga für Menschenrechte und der Flüchtlingsrat
Berlin fest, dass die im Artikel 1 des Grundgesetzes postulierte Würde des
Menschen für Flüchtlinge in unserem Land keine Wirkung entfaltet. Die Menschenwürde
von Asylbewerbern, Kriegsflüchtlingen oder illegalisierten Menschen wird nach
wie vor in unserem Land verletzt.
Die Abschiebehaft
ist oft die letzte Station für Menschen ohne Papiere. Aus Sicht der Internationalen
Liga für Menschenrechte und des Flüchtlingsrates Berlin stellt sie eine unverhältnismäßige
Grundrechtseinschränkung dar. Die Betroffenen sitzen nicht wegen einer
Straftat hinter Gittern, sondern lediglich zur “Sicherstellung der
Abschiebung”. Beide Organisationen setzen sich daher langfristig für die
Abschaffung der Abschiebehaft ein.
Die
Inhaftierten geraten im Abschiebegewahrsam in eine psychisch stark belastende
und oft auswegslose Lage. Die Hungerstreiks und die Zahl der Selbstverletzungen
bzw. Suizidversuche im Berliner Abschiebegewahrsam Anfang diesen Jahres sind
dafür ein erschreckender Beleg. Im Zusammenhang mit der Furcht vor der
Abschiebung in eine ungewisse und als bedrohlich wahrgenommene Situation sind
in den letzten 10 Jahren in Berlin acht Menschen zu Tode gekommen.
Die
Internationale Liga für Menschenrechte und der Flüchtlingsrat Berlin erinnern
an Cemal K. Altun, einen Asylbewerber aus der Türkei, der vor zwanzig
Jahren dem großen psychischen Druck im Auslieferungsverfahren nicht mehr Stand
halten konnte und sich mit einem Sprung aus dem Fenster des Verwaltungsgerichtes
das Leben nahm.
Sein Name
steht für die 111 Menschen, die sich seit 1993 aus Angst vor der drohenden Abschiebung
töteten oder bei dem Versuch starben, sich der Abschiebung zu entziehen.[1]
Seit der Grundgesetzänderung
vor 10 Jahren, dem sogenannten Asylkompromiss, ist keine Wende in der
Abschottungspolitik der Bundesregierung gegenüber den Menschen zu spüren, die
aus unterschiedlichen Gründen bei uns Zuflucht suchen wollen. Im Gegenteil, mit
den in Kraft gesetzten Anti-Terror-Paketen wurden die
„Maschen im Grenzzaun“
noch enger geflochten.
Wer die
menschenverachtenden Praktiken von Schleusern bekämpfen will, muss die
Fluchtwege nach Europa offen halten, wer neue Maßstäbe bei der Integration von
Migranten setzen will, darf nicht weiter eine ganze gesellschaftliche Gruppe
einer diskriminierenden Gesetzgebung aussetzen.
Im Gedenken
an Cemal K. Altun erklären wir, dass wir von der Bundesregierung ernsthafte
Schritte erwarten, die Bausteine eines staatlichen Rassismus gegenüber
Flüchtlingen und Migranten aus dem Weg zu räumen. Der viel beschworene
Paradigmenwechsel in der Einwanderungspolitik bleibt ansonsten unglaubwürdig.
Ein erster Schritt wäre die Umsetzung der bereits in der ersten
Koalitionsvereinbarung der rot-grünen Bundesregierung zugesagten Überprüfung
der Praxis der Abschiebehaft im Lichte der Verhältnismäßigkeit.
So sollte
bis zur Abschaffung der Abschiebehaft auf die Inhaftierung von besonders
schutzbedürftigen Personen - wie Minderjährigen - verzichtet werden. In dieser
Hinsicht sind die bisher auf Berliner Ebene erfolgten Veränderungen als
unzureichend zu bezeichnen.
Am 30.
August um 11 Uhr werden die Internationale Liga für Menschenrechte und der
Flüchtlingsrat Berlin vor dem Denkmal in der Hardenbergstraße an
Cemal K. Altun erinnern. Es sprechen:
RA
Dr. Rolf Gössner,
Präsident der
Internationalen Liga für Menschenrechte
und
Heiko Kauffmann,
PRO ASYL
Die
Internationale Liga für Menschenrechte und der Flüchtlingsrat Berlin
unterstützen die weiteren am bundesweiten Aktionstag gegen die Abschiebehaft
stattfindenden Veranstaltungen, die in Berlin u.a. von Seiten der
Antirassistischen Initiative und der Initiative gegen Abschiebehaft organisiert
werden. (12.00 – 13.00 Uhr Straßentheater/Aktionen zwischen Zoo und Breitscheidplatz,
13.30 Kundgebung auf dem Breitscheidplatz, 20.30 Uhr Filme gegen Abschiebung
vor dem Gewahrsam in Berlin-Grünau).
Gemeinsam mit Asyl in der Kirche Berlin e.V. und PRO
ASYL laden die Internationale Liga für Menschenrechte und der Flüchtlingsrat
Berlin zu einer Veranstaltung am 31. August 2003 um 19.00 Uhr in die Heilig-Kreuz-Kirche
(Zossener Strasse 65, U-Bhf. Hallesches Tor) ein:
„Zuflucht gesucht – den Tod gefunden –
Fragen an die deutsche Flüchtlingspolitik zum 20. Todestag von Cemal K. Altun“.
Flüchtlingsrat
Berlin Internationale
Liga für Menschenrechte
Berlin, 29.
August 2003