13. März 2006
Bürgerrechtsorganisationen:
„Mit dem Berufsverbotsurteil
des Verwaltungsgerichts Karlsruhe wird ein falsches Signal gesetzt.“
Prozessbeobachter
Rolf Gössner: „Das Gericht hat es versäumt, ein Wiederaufleben der berüchtigten
Berufsverbotspraxis früherer Jahrzehnte zu verhindern“
Mit großer Enttäuschung haben die
Bürgerrechtsorganisationen, die am letzten Freitag das Berufsverbotsverfahren
vor dem Verwaltungsgericht Karlruhe beobachtet haben, das heute ergangene Urteil
aufgenommen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Heidelberger
Realschullehrers Michael Csaszkóczy abgewiesen und das gegen ihn seit 2004
verhängte Berufsverbot bestätigt.
Liga-Präsident Dr. Rolf Gössner, der auch im Auftrag
des Komitees für Grundrechte und Demokratie und des Republikanischen
Anwältinnen- und Anwaltsvereins den Prozess beobachtet hat, zu dem Urteil: „Das
Gericht hat es versäumt, der berüchtigten Berufsverbotspraxis früherer
Jahrzehnte einen Riegel vorzuschieben und hat stattdessen im Ergebnis ein mehr
als zweifelhaftes Berufsverbot gerichtlich abgesegnet.“ Mit dieser
Entscheidung werde einem qualifizierten Bewerber für den Schuldienst wegen
seines antifaschistischen Engagements und seiner politischen Gesinnung der Weg
in den Schuldienst weiterhin versperrt.
Zwar sind die Urteilsgründe noch nicht bekannt. Doch
für Prozessbeobachter ist während der mündlichen Verhandlung deutlich geworden,
dass dem betroffenen Kläger persönlich keinerlei Fehlverhalten oder gar
verfassungsfeindliches Verhalten vorgeworfen wird – im Gegenteil: Ihm wurde vor
Gericht bescheinigt, Zivilcourage und Engagement gegen Rechtsextremismus zu
zeigen, persönlich friedliebend und für seinen Beruf bestens qualifiziert zu
sein. Allein seine Mitgliedschaft in der Antifaschistischen Initiative
Heidelberg wird ihm zum Vorwurf gemacht, weil diese vom Verfassungsschutz
beobachtet und als „linksextremistisch“ eingestuft wird – „im Zweifel also
gegen den Lehramtskandidaten, dessen weitere
Lebensperspektive und Berufskarriere mit diesem in der Bundesrepublik
einzigartigen Berufsverbot erheblich beschädigt
werden“, sagte Rolf Gössner.
Die
Bürgerrechtsorganisationen erinnern daran, dass die Bundesrepublik Deutschland
schon einmal für die Verhängung eines Berufsverbots vom Internationalen
Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg wegen Verstoßes gegen die
Menschenrechte verurteilt worden ist – nachdem die bundesdeutschen Gerichte
durch alle Instanzen hindurch jenes Berufsverbot für rechtens erklärt hatten. Insofern
halten wir es für sinnvoll, dass Michael Csaszkóczy mit Unterstützung der
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Rechtsmittel gegen das Urteil
einlegen wird – auch wenn der Weg durch die Instanzen mühsam, kostenträchtig
und lebenszeitraubend ist. gr/ste/hh