Pressemitteilung

 

„Internationale Liga für Menschenrechte“ fordert Ende der Verbotspolitik im Kopftuchstreit

Liga-Präsident Dr. Rolf Gössner:
“Der Gesetzentwurf der Bremer CDU trägt die Verfassungswidrigkeit auf der Stirn – er ist mit dem Kopftuch-Urteil des Bundesverfassungsgerichts unvereinbar“

 

Die Bremer CDU will mit ihrem Gesetzesvorstoß Kopftücher von Lehrerinnen in der Schule als „religiöse Symbole“ verbieten lassen – gleichzeitig aber „in der christlich geprägten abendländischen Kulturtradition“ verwurzelte Symbole von diesem Verbot ausdrücklich ausnehmen.

Dazu stellt der Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte, Rolf Gössner, fest: „Wer Kopftuch-Verbote per Gesetz verordnet, christliche Symbole wie Kruzifixe an öffentlichen Schulen aber von dem Verbot ausnimmt, macht sich verfassungsrechtlich angreifbar. Denn legt man das Kopftuch-Urteil des Bundesverfassungsgerichts zugrunde, dann müssen alle Religionen gleich behandelt werden, keine darf durch den Staat bevorzugt oder benachteiligt werden.“

Die Formulierung im Gesetzentwurf, dass auch religiöse und weltanschauliche Symbole dann von dem Verbot ausgenommen werden sollen, wenn diese „zurückhaltend“ sind, genügt nicht dem verfassungsrechtlich geforderten Bestimmtheitsgebot. Schließlich handelt es sich bei „zurückhaltend“ um eine Wertung, die an ein und derselben Schule zu vollkommen widersprüchlichen Konsequenzen führen kann.

Kopftücher sind zur Projektionsfläche für Ängste vor Überfremdung geworden; sie wecken bei manchen Politikern und Parteien offenbar Ausgrenzungs- und Verbotsreflexe. Rolf Gössner hält Verbote und Ausgrenzung rechtspolitisch für den falschen Weg, „zumal, wenn sich ein solches Verbot zum Berufsverbot für Einzelne entwickeln kann.“ Im übrigen mindere das Kopftuch keineswegs die Qualifikation der Trägerin – es sei denn, Missionierungsversuche oder antiemanzipatorische Inhalte stünden auf ihrem Stundenplan.

Die öffentliche Debatte um das Kopftuch hat längst groteske Züge angenommen, das Kopftuch ist zum symbolischen Kristallisationspunkt einer kulturell-religiösen Auseinandersetzung geraten. Jenseits dieses Kopftuchstreits müsste viel mehr für eine bürger­rechts­verträgliche Integration von Muslimen gestritten werden sowie dafür, dass der Generalverdacht von ihnen genommen wird, dem sie sich seit dem 11. September 2001 und seit Inkrafttreten der „Anti-Terror“-Gesetze verstärkt ausgesetzt sehen.

Hs/rg.

28.01.2004